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Aus: Ausgabe vom 27.11.2024, Seite 7 / Ausland
Ecuador

Journalisten im Visier

Ecuador: Gewalt bedroht auch Pressefreiheit
Von Volker Hermsdorf
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Evakuierung von Mitarbeitern des TV-Senders TC (Guayaquil, 9.1.2024)

Gut zwei Monate vor den für den 9. Februar 2025 angesetzten Präsidentschaftswahlen eskaliert die Gewalt in Ecuador. Beim jüngsten Vorfall erschossen Auftragskiller am Sonnabend (Ortszeit) den Nachrichtenchef des digitalen Radiosenders Cariñosa. Leonardo Rivas und eine Begleiterin waren auf der Straße nach Daule unterwegs, als von einem anderen Fahrzeug zahlreiche Schüsse auf sie abgegeben wurden, berichtete die Onlinezeitung Primicias. Die Andenstiftung für die Beobachtung und das Studium der Medien (Fundamedios) verurteilte die Tat und wies am Sonntag darauf hin, dass die zunehmende Gewalt die Meinungs- und Pressefreiheit bedroht.

Die Stiftung hatte laut der Zeitung zwischen Januar 2024 und Mitte November bereits 151 Angriffe auf Medienschaffende verzeichnet. Darüber hinaus hätten 13 Journalisten das Land zwischen 2023 und 2024 verlassen – nach Bedrohungen ihres Lebens und dessen ihrer Angehörigen. Mitte des Monats hatte »Fundamedios« in Washington bei einer Anhörung der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (IACHR) angeprangert, dass »die Eskalation der Gewalt im Zusammenhang mit dem Drogenhandel und der organisierten Kriminalität diejenigen, die für die Menschenrechte und die Pressefreiheit in Ecuador kämpfen, in große Gefahr bringt«. Zu den bekanntesten Fällen gehören der Mord an drei Mitarbeitern der Zeitung El Comercio und der bewaffnete Überfall auf den Fernsehsender »TC Televisión« während einer Livesendung.

Obwohl der rechte Staatschef Daniel Noboa danach einen »internen bewaffneten Konflikt« ausrief, seit Anfang des Jahres bereits achtmal den Ausnahmezustand verhängte und das Land mit Dekreten regiert, die die Rechte aller Bürger einschränken, wurden zwischen Dezember 2023 und Oktober 2024 pro Tag 18 Menschen getötet. Mit 679 Morden war der Oktober 2024 laut Primicias der Monat, in dem die meisten Gewalttaten des Jahres geschahen. Die Zustimmungsrate für Noboa, der den Kampf gegen die Gewalt 2023 in den Mittelpunkt seines Wahlkampfes gestellt hatte, sank von 81 Prozent im März auf 45,9 Prozent im Oktober.

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