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Aus: Ausgabe vom 27.11.2024, Seite 2 / Ausland
Massenproteste in Peru

»Viele Genossen wurden ermordet«

Peru: Gemeinsame Massenproteste von Kleinbauern und Transportarbeitern. Ein Gespräch mit Flavio Flores
Interview: Thorben Austen
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Streikaktion der peruanischen Transportarbeiter vor dem Kongress (Lima, 23.10.2024)

Seit Wochen gibt es in Peru große Protestaktionen von Arbeitern. Was fordern die Demonstranten?

Im Mittelpunkt steht die schlechte Sicherheitslage vor allem für Arbeiter im Transportwesen. Täglich geschehen Morde, Entführungen und Erpressungen. Seit dem Sturz unseres Präsidenten Pedro Castillo und der Machtübernahme von Dina Boluarte, einer »Präsidentin«, die nie gewählt wurde, gibt es keine Ruhe und keinen Frieden mehr. Die staatlichen Institutionen und die Polizei werden von der aktuellen Regierung kontrolliert. Die anhaltende hohe Migration nach Peru – ohne Kontrolle an den Grenzen – verschärft die Situation weiter.

Woher kommen diese Migranten und warum stellt das ein Problem dar?

Wir haben eine große Anzahl an Brüdern aus Venezuela und eine kleinere Gruppe auch aus Kolumbien in Peru. Wir müssen leider feststellen, dass die kriminellen Gruppen in Peru teilweise Einwanderer aus Venezuela rekrutieren. Verstehen Sie mich nicht falsch, wir haben kein Problem mit Migration, wenn Brüder aus Venezuela oder Kolumbien zu uns kommen, aber einige kommen mit kriminellen Absichten, sind Mitglieder krimineller Gruppen.

Unterstützt Ihre Organisation, die Rondas Campesinas, die Proteste?

Ja, wir beteiligen uns an den Protesten in den Hauptstädten der Provinzen und schicken auch Delegationen in die Hauptstadt Lima. Wir sind uns im klaren darüber, dass wir, wenn wir uns jetzt als Volk als Ganzes nicht organisieren, keine Sicherheit erreichen werden. Im Moment besteht große Einigkeit zwischen den Organisationen der Transportarbeiter, anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen und den Rondas Campesinas.

Die Rondas Campesinas werden im Dezember ihren nationalen Kongress abhalten. Was sind die Themen?

Vom 5. bis zum 7. Dezember werden 1.000 Delegierte, die rund zwei Millionen Mitglieder repräsentieren, zu unserem Kongress in Lima zusammenkommen. Themen sind zum einen eine Analyse der nationalen und internationalen Politik und ein Erfahrungsaustausch vor dem Hintergrund der aktuellen Probleme im Kampf gegen die Kriminalität, des weiteren eine Diskussion über Möglichkeiten und Grenzen unserer Zusammenarbeit mit der Regierung und zum Schluss die Wahlen unserer neuen nationalen Leitung.

Wie ist Ihr Verhältnis zur aktuellen Regierung?

Das Verhältnis ist natürlich angespannt, es gibt auch Stimmen innerhalb der Rondas, die sich dafür aussprechen, jeglichen Kontakt abzubrechen, weil sie argumentieren, dass die Regierung nicht mit uns reden will und uns kriminalisiert. Dennoch spricht sich die Mehrheit weiterhin dafür aus, im Dialog zu bleiben. Wir werden daher auch einige ausgewählte Abgeordnete des Parlaments und Minister von Ressorts, die uns direkt betreffen, wie das Justizministerium, das Agrarministerium und das Ministerium für Energie und Bergbau, zu unserem Kongress einladen. Uns ist auch wichtig, dass es eine große internationale Beteiligung gibt, als aktueller Präsident der Kommission des Kongresses lade ich internationale Organisationen herzlich ein, in diesen Tagen nach Lima zu kommen. Nur gemeinsam werden wir das Monstrum des internationalen Imperialismus und Kapitalismus besiegen.

Es heißt, es gibt Bestrebungen, aus den Rondas Campesinas heraus eine Partei zu gründen?

Wir arbeiten an der Gründung einer Partei als politisches Instrument der Rondas und befreundeter sozialer Bewegungen, werden Anfang nächsten Jahres die nötigen Dokumente einreichen und wollen an den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im April 2026 teilnehmen. Die Rondas existieren seit 1976 als Selbstorganisation der kleinbäuerlichen indigenen Bevölkerung in Peru. In dieser Zeit hatten wir einige Erfolge, konnten Gesetze durchsetzen, erlitten aber auch viel Repression. Viele Genossen wurden ermordet oder sitzen in Haft, allein während der Proteste zur Verteidigung von Pedro Castillo als gewähltem Präsidenten wurden 80 Genossen ermordet. Wir lassen uns leiten von dem Satz »Solo el Pueblo salva el Pueblo« (Nur das Volk rettet das Volk, jW). Die Rondas werden als autonome, soziale Bewegung aber fortbestehen, unberührt von der Parteigründung.

Flavio Flores ist Präsident der Kommission des VII. Kongresses der Rondas Campesinas (CUNARC Peru)

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