Das Konzept heißt Demontage
Von Susanne KnütterNicht einmal die einfachsten Fragen konnten die Vorstände von Thyssen-Krupp Steel beantworten. Wo soll outgesourct werden? Was sollen die Kolleginnen und Kollegen im Vertrieb den Kunden auf deren Fragen sagen? Wer ist von der Zehn-Prozent-Gehaltskürzung besonders betroffen? Die oberen Etagen oder die Kollegen am Hochofen? Am Mittwoch trafen sich die Vorstände von Thyssen-Krupp Steel mit Betriebsräten aller Werke und Tochtergesellschaften, um ihre Pläne für das größte Stahlunternehmen in Deutschland noch einmal in größerer Runde vorzustellen. 30 bis 40 Wortmeldungen habe es daraufhin gegeben, sagte Mike Schürg vom IG-Metall-Bezirk Nordrhein-Westfalen im Gespräch mit jW. Neues sei nicht dabei herausgekommen. Was in Zukunft nicht mehr zum Kerngeschäft gehören soll – das sei nach wie vor nicht klar.
Am Montag hatte Thyssen-Krupp Steel verkündet, die Zahl der Arbeitsplätze innerhalb von sechs Jahren um 11.000 schrumpfen zu wollen. Von jetzt 27.000 Stellen sollen dann noch 16.000 übrig bleiben. Die defizitäre Firma möchte wieder profitabel werden, hieß es. 5.000 Stellen sollen bis Ende 2030 in Produktion und Verwaltung wegfallen, 6.000 weitere Stellen sollen durch Ausgliederungen auf externe Dienstleister oder Geschäftsverkäufe ausgelagert werden. Der Standort in Kreuztal (NRW) mit derzeit noch 500 Beschäftigten soll geschlossen werden, an den anderen Standorten soll die Zahl der Arbeitsplätze reduziert werden. Duisburg, wo rund 13.000 Stellen sind, wird besonders hart getroffen werden. Von den Anteilen am Gemeinschaftsunternehmen Hüttenwerke Krupp-Mannesmann (HKM) wolle man sich trennen. Sollte der Verkauf nicht möglich sein, sollen Schließungsszenarien besprochen werden.
Mit der Reduktion von Stahlkapazitäten von derzeit 11,5 Millionen Tonnen pro Jahr auf nur noch 8,7 bis neun Millionen Tonnen reagiere das Unternehmen auf die Nachfrageschwäche. Dahinter dürfte einerseits eine günstigere internationale Konkurrenz und andererseits drastisch gestiegene Energiepreise infolge des Wirtschaftskriegs gegen Russland stehen. Wenn die Energiekosten so hoch bleiben wie jetzt, werde Deutschland kein Industriestandort bleiben, sagte Landesarbeitsminister Karl-Josef Laumann am Dienstag gegenüber dem Phoenix.
Dass umstrukturiert werden muss, sei von den Betriebsräten niemals verneint worden, hieß es auf seiten der Mitbestimmung am Mittwoch gegenüber jW. Mit personellen Veränderungen habe man gerechnet. Aber die müssten sozialverträglich sein. Auch der Verkauf der Anteile an HKM leuchte ein. Aber das, was der Vorstand vorgestellt hat, sei die Reduzierung von 40 Prozent der Belegschaft. Das werde nicht zugelassen. Sowohl die Betriebsräte als auch die IG Metall hätten gegenüber dem Vorstand klargemacht, dass sie betriebsbedingte Kündigungen ablehnen. Die IG Metall wolle erst mit Thyssen-Krupp verhandeln, wenn es ein Zukunftskonzept gebe und die Schließungen vom Tisch seien. Derweil will sie weitere Protestnoten organisieren. So sei etwa die Betriebsversammlung am von der Schließung betroffenen Standort Kreuztal am Dienstag nur unterbrochen worden. Sie könne jederzeit fortgesetzt werden.
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