Keine Alternative
Von Meinhard CreydtSeit einigen Jahren sind »Commons« ein beliebtes Thema bei Leuten, die nach Alternativen zu einer auf Privateigentum beruhenden Produktionsweise suchen. Lässt sich ausgehend von Commons als Elementarform ein tragfähiger gesamtgesellschaftlicher Entwurf des menschlichen Zusammenlebens und Wirtschaftens formulieren, ein »Commonismus«?
Commons sind eine bestimmte Art Güter, Ressourcen genauer, die autonom organisiert und nach den Bedürfnissen der Gemeinschaft hergestellt werden. Aufs Wesentliche gebracht, ist diese Herstellungsweise dadurch gekennzeichnet, dass es erstens eine Ressource gibt, zweitens eine bestimmte Gruppe von Menschen diese Ressource nutzt und diese »Commoners« drittens aushandeln, wie das geschehen soll. Commons unterscheiden sich also vom Privateigentum an der Ressource durch ein gemeinsames Eigentum. Sie erfordern im Unterschied zur Vereinzelung der Individuen, dass diese miteinander in Kontakt treten, um eine gemeinsame Ressource gemeinsam zu gestalten, zu verwalten und zu nutzen. Beispiele wie Wikipedia oder die Zusammenarbeit in freier Software zeigen: Bei Commons muss es sich nicht zwingend um kleine lokale Gemeinschaften handeln. Der Zusammenschluss von Individuen zur Verfolgung gemeinsamer Interessen ist unter den Bedingungen des Privateigentums alles andere als selbstverständlich. Viele bauen (als Trittbrettfahrer) darauf, vom Verbrauch der Kollektivgüter nicht ausgeschlossen zu werden. Es sind jeweils die anderen, von denen ein Beitrag für das Kollektivgut (z. B. ein Beitrag für die oder die Mitarbeit in der Gemeinschaft) erwartet wird. Wenn sich alle an dieses Kalkül halten würden, käme kein Kollektivgut zustande.
Commons können funktionieren, wenn die Beteiligten sich an die von Elinor Ostrom benannten Prinzipien halten: »1. Klar definierte Grenzen und ein wirksamer Ausschluss von externen Nichtberechtigten. 2. Regeln bezüglich der Aneignung und der Bereitstellung der Allmende-Ressourcen müssen den lokalen Bedingungen angepasst sein. 3. Die Nutzer können an Vereinbarungen zur Änderung der Regeln teilnehmen, so dass eine bessere Anpassung an sich ändernde Bedingungen ermöglicht wird. 4. Überwachung der Einhaltung der Regeln. 5. Abgestufte Sanktionsmöglichkeiten bei Regelverstößen. 6. Mechanismen zur Konfliktlösung. 7. Die Selbstbestimmung der Gemeinde wird durch übergeordnete Regierungsstellen anerkannt.«¹
Ideal und Wirklichkeit
Ostrom zieht Almweiden in der Schweiz als Beispiel für erfolgreiches Commoning (das gemeinsame Aushandeln, Verwalten und Gestalten von Commons also) heran. Selbst Befürworter von Commons kommen nicht herum zu bemerken, dass die Commoners dieser Almweiden »sich auch heute noch rigide gegen ›Außenseiter‹ und ›Außenstehende‹ abschließen«.² Aber auch innerhalb der Gemeinde entsteht eine soziale Differenzierung: Wo ein Common organisiert wird, kann sich ein Unterschied herausbilden zwischen Individuen, die sich zu Bevollmächtigten der Regeldurchsetzung machen, und Personen, die zugunsten der Verminderung ihres eigene Aufwands die Regeln eher pro forma einhalten und die Anforderungen nach Möglichkeit untertreffen.
Die Brisanz beider Differenzierungsprozesse zeigt sich an einem historischen Beispiel, der »Berggemeinde«. So nannte man eine Produktionsgenossenschaft von Bergwerksarbeitern im deutschen Mittelalter. In einer ersten Phase ihres Daseins wurde »die Genossenschaft zur Betriebsinhaberin und verteilte den Gewinn unter tunlichster Einhaltung des Prinzips der Gleichheit«. In der zweiten Phase setzte allerdings »eine Differenzierung in der Arbeiterschaft selber ein: Die infolge der steigenden Nachfrage Zuziehenden wurden nicht mehr in die Gemeinschaft aufgenommen, sie waren ›Ungenossen‹, Lohnarbeiter; und der damit angehobene Zersetzungsprozess schritt fort, bis rein kapitalistische Interessenten in den Personenkreis der Berggemeinde eindrangen und die Genossenschaft schließlich zu einem Organ der kapitalistischen Ordnung wurde, das die Arbeiter anstellte«.³
Commons-Anhängern ist es ein großes Anliegen, zwei Prinzipien des Verkehrs der die Commons nutzenden und sie organisierenden Teilnehmer untereinander darzustellen. Diese Interaktionen verliefen »unter Ebenbürtigen – jenseits von Hierarchien und ohne den Zwang zur (Lohn-)Arbeit«.⁴ Innerhalb der das jeweilige Common organisierenden Gemeinschaft seien Solidarität und freie Vereinbarung die regulativen Prinzipien. Das heiße, »dass die eigenen Ziele und Wünsche niemals gegen die anderen, sondern nur durch sie und gemeinsam mit ihnen erreicht bzw. erfüllt werden können. Eine solche Solidarität, die in neue Erzählungen eingebettet ist und neue Horizonte für gemeinsames Handeln eröffnet, kann die Grundlage für neuartige kulturelle, wirtschaftliche und politische Formen abgeben«.⁵
Bei Commons-Freunden ist die Tendenz stark ausgeprägt, Commons mit Solidarität, Reziprozität und freier Vereinbarung gleichzusetzen. Manche sehen es auf ein commonistisches Ideal ab und sehen damit von der Realität vieler Commons ab. Wenn Kibbuzim Lohnarbeiter einstellen, dann sind sie für die Commons-Idealisten oder »Commonisten« keine Commons mehr. Wenn sich in Commons Hierarchien ausbilden, ebenso. Die Versicherung, Commons enthielten im Kleinen das, was der Commonismus im Großen darstelle, drückt einen Wunsch und Appell aus, aber sagt nichts darüber, ob es sehr wahrscheinlich ist, dass Commons diesem Ideal entsprechen.
Die gemeinschaftliche Aushandlung der Nutzung einer gemeinsamen Ressource und die konsensuelle Aushandlung kann hinauslaufen auf die Monopolisierung der Ressource gegen andere, auf den Ausschluss anderer von ihr, auf den kollektiven Besitzegoismus (»unser Commons gehört nur uns«) und auf straffe interne Hierarchien. All das findet sich schon im selbstverwalteten Betrieb innerhalb der kapitalistischen Marktwirtschaft. Will dessen Belegschaft nicht ökonomisch untergehen, muss sie den Standpunkt des Betriebskapitals einnehmen, das sich nur durch Erfolg in der Konkurrenz mit anderen Kapitalen um die bessere Verwertung erhalten kann. Dieses Erfordernis haben diejenigen, die »ihren« Betrieb in der Marktwirtschaft selbst verwalten, im Zweifelsfall auch gegen ihre Interessen an höherem Lohn oder an besseren Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Die sich selbst verwaltende Belegschaft kann »Chefs« nur abschaffen, indem sie selbst deren Funktion übernimmt. Auch in selbstverwalteten Betrieben werden, »sobald der Markt zum ökonomischen ›Zuchtmeister‹ oder ›Regulator‹ wird«, »vertikale Klassenbeziehungen neu entstehen«. »Ebenso wie die Marktimperative die unmittelbaren Produzenten in der Frühzeit des Kapitalismus expropriiert (enteignet – Verf.) haben, könnten sie im ›Marktsozialismus‹ eine gleichartige Wirkung haben.«⁶
Verschiedene Gemeinschaften
Die eine Commons-Gemeinschaft verfügt über lokal gute Bedingungen (z. B. gute Böden), die andere nicht. Der eine kollektiv geführte Betrieb ist auf Ressourcen angewiesen, die auch andere Betriebe derselben Branche benötigen. Existiert kein Überfluss an Ressourcen, fragt sich, wie man Konflikte moderieren kann. Dieses Problem ergibt sich auch auf einer anderen Ebene: Der eine gesellschaftliche Bereich (Gesundheits-, Schulwesen, technische Forschung und Entwicklung), der günstigenfalls von seinen Beschäftigten und Betroffenen als Commons organisiert und gestaltet werden kann, rivalisiert mit anderen Bereichen um die Zuteilung knapper materieller und finanzieller Mittel.
Friederike Habermann plädiert für »eine dezentral-vernetzt produzierende Gesellschaftsform«.⁷ Zunächst ließe sich verwundert feststellen: Was will sie nur, die gegenwärtige Gesellschaft ist doch schon »dezentral-vernetzt produzierend« und keine Zentralverwaltungswirtschaft. Zudem fragt sich, warum die Zusammenstellung von »vernetzt« und »dezentral« eine Lösung darstellen soll und nicht ein Problem. »Vernetzt« und »dezentral« verhalten sich ja nicht notwendigerweise verträglich zueinander. Gern heißt es, »die Betroffenen« sollten selbst über ihre Angelegenheiten entscheiden. Wer aber sind »die Betroffenen«? Schon das Beispiel von »Stuttgart 21« zeigt, wie schwierig es ist zu entscheiden, wer von einem Projekt »betroffen« ist: Die Stuttgarter, die von den Veränderungen tangierten Bahnpassagiere oder die Steuerzahler, die für die Kosten aufkommen? Wie soll das Verfahren aussehen, in dem diese ganz verschiedenen Gruppen der Bevölkerung über das Bahnhofsprojekt entscheiden? Wie entscheiden die vielen kleinen Gemeinden gemeinsam über die gesamtgesellschaftlich erforderlichen größeren Produktionsanlagen und über die gesamtgesellschaftlichen Infrastrukturen? Kann eine Gemeinde über den in ihr ansässigen Teil eines Betriebs mit mehreren, räumlich voneinander entfernten Abteilungen bestimmen und im Konfliktfall dessen Gesamtproduktion blockieren?
Commons beziehen sich immer auf ein bestimmtes und beschränktes Thema. Sie unterscheiden sich von autarken Kommunen, die alles produzieren, was sie benötigen. Commons existieren in einer arbeitsteiligen Welt. Je komplexer die Verflechtungen im Gemeinwesen ausfallen, desto weniger sind sie überschaubar und direkt kontrollierbar. Zur Utopie einer Gesellschaft kleiner, weitgehend autonomer Einheiten hieß es schon zu Hochzeiten der westdeutschen Alternativbewegung mit Recht: Die »wünschenswerte interkollektive Diffusion von Neuerungen unterbleibt, es gibt keine Koordinationsinstanz, um die Wirtschaftspläne unterschiedlicher Kollektive konsistent zu regulieren. Fehlsteuerungen, die mehrere Kollektive betreffen, werden nicht automatisch korrigiert. Was für das eine Kollektiv wünschenswert ist, kann für die anderen negative Folgen haben – der typische Fall externer Effekte«.⁸ Die von Commons-Anhängern gelobten Prinzipien der Vereinbarung und Solidarität mögen innerhalb begrenzter Gemeinschaften funktionieren. Diese Prinzipien geben keine Auskunft, wie unter den Bedingungen einer komplexen gesamtgesellschaftlichen Vernetzung die Wirtschaftsaktivitäten unterschiedlicher Kollektive konsistent aufeinander abgestimmt werden können.
Eine Lösung für dieses Abstimmungsproblem offerieren diejenigen, die Commons mit elektronischer Datenverarbeitung verbinden. Die »Freundinnen der klassenlosen Gesellschaft«⁹ meinen: »So wie sich Menschen heute auf elektronischem Wege zu ›Events‹ verabreden, könnten beispielsweise Landkommunen bekanntgeben, wann Erntehilfe willkommen wäre, und jeder könnte verfolgen, ob er noch gebraucht wird oder nicht.« Ein Vordenker des »Commonismus« schreibt: »Eine von jemand begonnene Arbeit hinterlässt Zeichen (gr. Stigmata), die andere dazu anregen, sie fortzusetzen. Ein wichtiger Teil der Kommunikation besteht darin, anderen solche Zeichen zu hinterlassen, etwa durch To-do-Listen und Bug-Reports in Softwareprojekten und durch ›rote Links‹ (auf fehlende Artikel) in der Wikipedia«.¹⁰
Bei Wikipedia arbeiten Menschen punktuell und sporadisch an einzelnen Artikeln mit und gehen dann wieder ihrer Wege. Wird ein Artikel nicht geschrieben, hat das wenig Auswirkungen. Hoch flexible Kontakte bei loser und spontaner Verknüpfung bilden kein Modell, das sich auf die Prozesse in der industriellen Produktion, in der Energieversorgung oder in Infrastruktureinrichtungen übertragen lässt. Hier sind die verschiedenen Arbeiten eng miteinander gekoppelt. Viele Prozesse benötigen eine bestimmte Vorlaufzeit und Planung. Anders als bei Wikipedia existiert in der Wirtschaft einer Gesellschaft ein starker Abstimmungsbedarf. Ist die Koordination nicht gewährleistet, wird die Versorgung unsicher. Es fehlt dann an Produkten sowie Dienstleistungen, und die Arbeitskräfte sind nicht dort, wo sie benötigt werden.
Nehmen wir als Beispiel die Entscheidung der kubanischen Revolutionsregierung 1959, das Gesundheitswesen auszubauen. Diese Entscheidung »hatte Voraussetzungen im Bildungsbereich, im Bausektor, in der medizinischen Forschung, in der Rohstoffgewinnung – und auch überall da, wo bestimmte Ressourcen aufgrund der Entscheidung nicht (mehr) einsetzbar waren. Der Zusammenhang von Ziel und Voraussetzung ist in der Realität zu vermittelt, als dass die Bedürftigen (im kubanischen Beispiel: Kranke) und diejenigen, die Abhilfe schaffen können, über To-do-Listen miteinander kommunizieren könnten. Ein Baukollektiv kann selbst weder beurteilen, ob es genug Ärzte gibt, noch, ob es eher an Krankenhäusern oder eher an Arzneifabriken mangelt. Letzteres ist aber ein Problem, wenn beide Anforderungen gleichzeitig auf To-do-Listen im Netz stehen. Die Informationen liegen lokal nicht vor beziehungsweise müssen von Spezialisten interpretiert und priorisiert werden. Und das ist kein politisch neutraler ›technischer‹ Prozess, sondern ein Vorgang, der Macht generiert, Macht, mit der in der befreiten Gesellschaft bewusst umgegangen werden müsste«.¹¹
In vielen »alternativen« Vorstellungen verschwinden die eigene Gliederung der Ökonomie und ihre Aufbauerfordernisse, Proportionen und Interdependenzen. Solche Alternativdenker sprechen naiv ihre Ahnungslosigkeit in Sachen ökonomische Problematik aus, machen aus dieser Not eine Tugend und stellen sich die von ihnen angestrebte Zukunftswirtschaft ganz einfach vor: Die einen geben ihre Bestellung ab, und die anderen liefern. Das Modell der bilateralen, aber eben nicht multilateralen Koordination liegt auch der Vorstellung zugrunde, man müsse nur offene Aufgaben in der Öffentlichkeit signalisieren, und dann sei alles damit geregelt, dass Arbeitende diese übernehmen oder eben nicht.
Kein Begriff von Gesellschaft
Commons wurden in alternativen Kreisen zu einer Zeit populär, als reformistische Hoffnungen auf den Staat schwächelten. Es war die Zeit nach dem Jahr 2000. John Holloways Parole »Die Welt verändern, ohne die Macht zu übernehmen« fand Anklang. Die legitime Distanz zum Staat verschwisterte sich mit der Schnapsidee, makroökonomische Konzepte als unnötig zu erachten. Foucault hatte bereits vorher dafür geworben, die Idee einer Gesamtgesellschaft aufzugeben.¹² An die Stelle von Konzepten, die eine Alternative zu gesamtgesellschaftlichen Institutionen, Systemen und Strukturen durchdenken, trat eine Wiederauflage der aus der Alternativbewegung bekannten Freiraumideologie.
Commons gelten den Anhängern des Commonismus als befreite Gebiete. Es gelte, sie zu vervielfachen und zusammenwachsen zu lassen. Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier, dann steht der Commonismus vor der Tür. Wer so denkt, stellt sich die Gesellschaft als eine Ansammlung von Gemeinschaften vor oder als ein Aggregat von Einzelteilen. Im Gegensatz dazu steht der Begriff der Emergenz. Das jeweilige Ganze – auch die Gesellschaft – ist etwas anderes als die Summe seiner Teile. Es ist vielmehr durch übergreifende Formen sowie Strukturen charakterisiert und durch deren Selbstreproduktion. Die entsprechenden Rückkopplungseffekte und die Selbstregulation enthalten Merkmale, die in den einzelnen Bestandteilen und Bereichen der Gesellschaft nicht auftauchen. Wer meint, auf der Ebene der Einzelteile – der Commons oder Genossenschaften – sei bereits im Vollbild präsent, was die Gesellschaft als Ganzes strukturieren soll, verwechselt die Gesellschaft mit der Gemeinschaft. Was auf der Ebene gemeinschaftlicher Verständigung und Solidarität günstigenfalls gelingt, ist keine Antwort auf die Frage nach der nationalen oder internationalen Koordination wirtschaftlicher Prozesse und nach der demokratischen Gestaltung der gesamtgesellschaftlichen Produktions- und Reproduktionsprozesse. Gesellschaften haben Erfordernisse und Leistungen, die sich nicht von Gemeinschaften erfüllen und nicht in ihrem Horizont denken lassen.
Commons mögen ihren Nutzen haben und ihren Zweck erfüllen. Wer in ihnen eine Alternative (»Commonismus«) zum kapitalistischen Wirtschaftssystem sieht, überschätzt sie maßlos.
Anmerkungen
1 Norbert Berthold: Bilder einer solidarischen Welt. Reader zur Ausstellung, Lüneburg 2021, S. 29
2 Andreas Exner, Brigitte Kratzwald: Solidarische Ökonomie & Commons, Wien 2012, S. 33
3 Martin Buber: Der utopische Sozialismus, Köln 1967 (zuerst 1950 u. d. T. »Pfade in Utopia«), S. 73f.
4 Friederike Habermann: Commonsbasierte Zukunft. Wie ein altes Konzept eine bessere Welt ermöglicht. In: Aus Politik und Zeitgeschichte Nr. 35–37 (2015), S. 47
5 Felix Stalder: Digitale Solidarität, Berlin 2014
6 Ellen M. Wood: Die Politik des Kapitalismus. In: dies., John B. Foster: Transformation des Kapitalismus. Supplement der Zeitschrift Sozialismus 12/99. Hamburg 1999, S. 14f.
7 Habermann (wie Anm. 4), S. 51
8 Eckhard Bergmann, Dietmar Krischausky: Wirtschaftsreform – die verlorene Utopie? In: Karl-Ernst Lohmann (Hg.): Sozialismus passé? Argument-Sonderband. Nr. 135. Berlin 1985, S. 115
9 Freundinnen der klassenlosen Gesellschaft: Umrisse der Weltcommune, S. 14 (https://kosmoprolet.org/de/umrisse-der-weltcommune).
10 Christian Siefke: Ist Commonismus Kommunismus? In: Prokla, Nr. 155 (2009), S. 254
11 Rüdiger Mats: Termiten aller Länder, vereinigt euch! In: Konkret 1/2017 (https://ruediger-mats.jimdofree.com/texte/termiten-aller-l%C3%A4nder-vereinigt-euch/)
12 Vgl. Meinhard Creydt: Der Foucault-Ismus. Analyse und Kritik, Kassel 2024
Meinhard Creydt schrieb an dieser Stelle zuletzt am 27. Juni 2024 über Menschenwürde.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Matthias N. aus Freiburg i.Br. (2. Dezember 2024 um 19:13 Uhr)Beim Lesen von Meinhard Creydts Texten hatte ich öfter Aha-Erlebnisse, diesmal fand ich den Artikel einfach nur ärgerlich, weil er seinen Gegenstand, commonistische Gesellschaftsentwürfe, nicht ernst nimmt. Denn zum Ernstnehmen gehört alleine schon, den aktuellen Stand der Debatte zum Bezugspunkt zu nehmen. Unter anderem waren es Bücher von Friederike Habermann 2016 und 2018 sowie »Kapitalismus aufheben« von Stefan Meretz und Simon Sutterlütti aus 2018, die die Diskussion um eine Verbindung von Commons auf Gesellschaftsebene anschoben. Gerade im Anschluss an das letztgenannte Buch hat sich eine Diskussion ergeben, in der vieles von Creydt Angesprochene angegangen wird. Von all dem taucht nichts im Artikel auf. Mit dem Gegensatz »Autonomie in Commons« vs. Plan konstruiert Creydt einen Popanz. Dass Vergesellschaftung erforderlich ist, ist im commonist*ischen Ansatz selbstverständlich. Es geht vielmehr darum, wie gesellschaftliche Bedürfnisse befriedigt werden können, wenn Menschen in Commons (und allgemein) nicht zu bestimmten Handlungen gezwungen werden können. Die Frage ist also: Wie geht Planung ohne Zwang und monetäre Anreize? Zu Beginn der Suche, wie Commons zur »Keimform« einer solidarischen, bedürfnisorientierten gesellschaftlichen Logik werden können, geisterte noch herum, dass es reicht, sich entziehen zu können, z. B. das Kollektiv zu wechseln, ohne die eigene Existenz zu gefährden. Kritik vor allem von Feminist*innen machte klar, dass dann insbesondere Care-Arbeiten an denen hängen bleiben, die sich verantwortlich sehen, und dass die Exit-Option z. B. Pflegebedürftiger schlicht nicht vorhanden ist, dass also andere Lösungen her müssen. Diese Kritik wurde und wird meiner Wahrnehmung nach ziemlich offen aufgenommen. Im von Creydt verrissenen Ansatz steckt also viel mehr Potential und viel mehr Materialismus, als dessen Artikel, aufgrund leider sehr selektiver Auswahl des verwendeten Materials.
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (30. November 2024 um 10:58 Uhr)Ein Beispiel aus Erfahrung: Der Sozialismus in der DDR zeigte in der Praxis deutlich die begrenzte ökonomische Skalierbarkeit eines sozialistischen Systems. Diese Einschränkung machte es in einer arbeitsteiligen und komplex vernetzten Gesellschaft unmöglich, wirtschaftliche und gesellschaftliche Prozesse effektiv zu koordinieren. Die Folge war eine Mangelwirtschaft, die darauf zurückzuführen war, dass makroökonomische Fragen und die übergreifende Koordination von Ressourcen und Infrastruktur vernachlässigt wurden. Die Illusion einer wirtschaftlichen Autarkie in Kooperation mit den sozialistischen Bruderstaaten erwies sich als Fehlentwicklung. Als die Systemverantwortlichen diese Schwäche erkannten, war es bereits zu spät, um im Wettbewerb mit dem Kapitalismus zu bestehen. Letztlich wurde deutlich, dass ein sozialistisches System nicht unabhängig vom kapitalistischen Umfeld agieren kann und dessen Strukturen übernehmen muss, um wirtschaftlich überlebensfähig zu sein. In Ungarn entwickelte sich daraufhin der sogenannte »Gulaschkommunismus«, der eine Vorstufe der heutigen wirtschaftlichen Modelle in China und Vietnam darstellte.