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Aus: Ausgabe vom 28.11.2024, Seite 16 / Sport
Biathlon

Die Athleten sind sauer

Biathlon: Neue Regel für die Startreihenfolge sorgt für Kontroversen
Von Uschi Diesl
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»Am Ende spielt es wieder keine Rolle, was wir Athleten denken« – Lisa Vittozzi

Noch nie waren der Ärger über eine Regeländerung und die Angst vor ungleichem Wettbewerb bei Biathletinnen und Biathleten so groß wie vor dem Start der neuen Saison. »Am Ende spielt es wieder keine Rolle, was wir Athleten denken«, sagte die italienische Gesamtweltcupsiegerin Lisa Vittozzi. Frankreichs zweimaliger Olympiasieger Quentin Fillon Maillet urteilte bei Eurosport: »Wir werden Bedingungen haben, die nicht fair sein werden, außer in Ausnahmefällen.«

Die Stars der Szene fürchten vor dem Auftakt des Winters am Wochenende im finnischen Kontiolahti durch eine Reform der Startgruppenregelung sportliche Nachteile. Der Weltverband IBU erhofft sich durch die Maßnahme hingegen mehr Spannung, vor allem für Millionen Fernsehzuschauer. Die Idee: Wenn die Topathleten erst später im Wettbewerb starten, bleiben die TV-Fans länger beim Rennen dabei, um ihre Lieblinge zu sehen. Mehr TV-Zeit bringt wohl bessere Vermarktungsmöglichkeiten – und vielleicht mehr Geld.

Bislang wählten die Top 15 im Gesamtweltcup meist die erste Startgruppe aus, um dort die besten Bedingungen auf der frisch präparierten Strecke zu haben. Das dürfen sie nun nicht mehr, sondern starten erst auf den Positionen 45 bis 75, in der dritten Gruppe. Damit wird quasi künstlich Spannung erzeugt, gerade bei schlechter werdenden Streckenverhältnissen könnten die Besten der Gesamtwertung einen Nachteil haben. Bislang waren die Rennen schon oft schnell entschieden, weil gegen Ende mehrheitlich nur noch die Schwächsten antraten.

Durchgesetzt wurde die Reform von der Internationalen Biathlonunion (IBU) gegen die Bedenken zahlreicher Sportlerinnen und Sportler. Entsprechend drastisch waren die Wortmeldungen in den vergangenen Monaten. Frankreichs Teamchef Stéphane Bouthiaux sagte dem Nordic Magazine: »Wir sind komplett gegen dieses neue Startgruppensystem, das total unlogisch ist.« Es wirke so, »als ob sie entschieden hätten, die Besten mit einem Ballast zu belegen, um das Level aller Athleten auszugleichen«.

Was sagt die IBU zu den Vorwürfen? Zunächst sei das neue System im November und Dezember vier Wettkampfwochen lang als Test deklariert, sagte Mediendirektor Christian Winkler der dpa. In der kommenden Woche finden ab Dienstag die ersten Einzelwettbewerbe statt. Die Angst vor unfairem Wettbewerb sei unbegründet, denn es wurden auch Ausnahmen beschlossen. Bei außergewöhnlichen Wettersituationen, die zu extremen Streckenbedingungen führen, werde durch die Entscheidung der Wettkampfjury ein alternatives System angewendet, sagte Winkler. Dann könnten die Top 15 der aktuellen Gesamtwertung wie in der Vergangenheit zu Beginn des Wettbewerbs starten.

Ende Dezember soll bewertet werden, ob sich das neue System bewährt hat. Wenn das nicht klappt, »dann wird man miteinander sprechen und eine andere Lösung finden«, sagte Winkler im Podcast »Extrarunde« über einen möglichen Ausweg. Der Versuch sei »ja keine Willkür, sondern wir haben etwas identifiziert, wo wir auch in Richtung Zukunft und Gewohnheiten einer jüngeren Generation einfach interessanter werden wollen«.

Topbiathlet Johannes Thingnes Bø aus Norwegen glaubt nicht, dass der Plan in den Kerndisziplinen Sprint und Einzel aufgeht. »Es wird das Gegenteil passieren. Wenn die Menschen zum Biathlon schalten und keinen der Besten sehen, werden sie wieder umschalten, und wir verlieren Zuschauer«, sagte der fünfmalige Olympiasieger dem Sender TV2.

Nicht nur ihn ärgert, dass diese Bedenken nicht gehört wurden. Auch der Deutsche Johannes Kühn, Mitglied im Athletenkomitee, berichtete: »Wir haben ziemlich lang und ziemlich oft Meetings mit der IBU gehabt. Am Ende haben wir aber eigentlich gar nichts bewirkt. Wir haben einen Haufen Zeit verschwendet.« Es sei »sehr schade«, dass die IBU zu keinem Kompromiss bereit gewesen sei. »Wir haben viele gute Vorschläge gemacht«, sagte Kühn.

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