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Aus: Ausgabe vom 29.11.2024, Seite 6 / Ausland
Sri Lanka

Gedenken erlaubt

Sri Lanka: Tamilen können erstmals an Gefallene erinnern. Repressionen bleiben
Von Henning von Stoltzenberg
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Tamilischer Gedenkschrein am Mittwoch in Markham, Kanada

Am Mittwoch sind in den tamilischen Gebieten im Norden und Osten der Insel Sri Lanka Hunderttausende Menschen zusammengekommen, um der gefallenen Kämpfer der sozialistischen Liberation Tiger of Tamil Eelam (LTTE) im rund dreißigjährigen Bürgerkrieg mit der srilankischen Zentralregierung zu gedenken. Der 27. November ist für die eelamtamilische Bevölkerung auf der Insel und im Exil einer der wichtigsten Gedenktage, der von ihnen als Maveenar Naal (Tag der Helden) bezeichnet wird.

Der frisch gewählte Präsident Anura Kumara Dissanayake, der sich und sein Wahlbündnis New Peoples Power (NPP) als marxistisch bezeichnet, hatte im Vorfeld öffentlich in Aussicht gestellt, dass die Feierlichkeiten in diesem Jahr nicht wie seit Ende des Krieges im Jahr 2009 offiziell verboten sein würden. Dennoch gab es zahlreiche Auflagen und Einschränkungen, um den Veranstaltungen ihren politischen Charakter zu nehmen.

So waren sämtliche tamilische Fahnen während des Gedenkens untersagt. Zu den verbotenen Utensilien gehörte auch die tamilische Nationalblume Gloriosa Lily, die für die Bevölkerung eine politische Bedeutung hat. Verboten war zudem die Formulierung, dass die Gefallenen für die Freiheit des tamilischen Volkes gestorben seien. Um die Auflagen durchzusetzen, wurden sämtliche Organisatoren der Feiern bei den lokalen Polizeibehörden vorgeladen und unter Druck gesetzt. Eine Zuwiderhandlung würde für sie Gefängnisstrafen bedeuten, so die Drohung.

Agilan Waradarajah, Sprecher des Volksrates der Eelamtamilen in Deutschland, wertete dieses Vorgehen im Gespräch mit jW als Teil einer Doppelstrategie. Während Präsident Dissanayake für Aussöhnung und weniger Repression eintrete, würden die Behörden repressiv gegen politisch aktive Tamilen in der Weise vorgehen. Als Grund vermutet Waradarajah die anstehenden landesweiten Kommunalwahlen.

Ebenso sei es möglich, dass die Regierung vermutet hatte, die Großveranstaltungen würden angesichts der anhaltenden Überschwemmungen abgesagt. Dieses Szenario trat dann jedoch nicht ein. Im östlichen Distrikt Batticaloa fuhren die Menschen mit Booten zu den Orten, wo die getöteten Freiheitskämpfer begraben liegen. In der nördlich gelegenen Stadt Mullaitivu verschaffte sich die lokale tamilische Bevölkerung Zutritt zu einem Militärcamp, um dort mit Kerzen und Blumen zu gedenken.

Das Militärcamp war nach dem Massaker vom Mai 2009 demonstrativ auf der Gedenkstätte errichtet worden, um das Maaveerar Thuyilum Illam, den Ruheplatz der Freiheitskämpfer, zu zerstören. An anderen Gedenkorten des Genozids wurden beispielsweise Hotels für den Tourismus gebaut, um die Erinnerungskultur der tamilischen Bevölkerung zu brechen.

Auch in der Diaspora begingen die tamilischen Communitys die jährlichen Gedenkfeierlichkeiten. Größere Versammlungen fanden in mehreren europäischen Ländern sowie in Australien, Neuseeland, England, den USA, Südafrika, Malaysia und dem indischen Bundesstaat Tamil Nadu statt, die von dem internationalen Tamil Coordination Committee organisiert werden.

In Dortmund kamen rund 2.500 Menschen zur Maaveerar Naal zusammen. Am Veranstaltungsort wurden Bilder mit den Namen der getöteten LTTE-Kämpfer aufgehängt, damit Angehörige Blumen niederlegen und Kerzen anzünden konnten. Dazu wurde die letzte bekannte Rede des LTTE-Vorsitzenden Velupillai Prabhakaran in Kilinochchi aus dem Jahr 2008 abgespielt.

Prabhakaran ging darin auf die damalige politische Situation ein, in der die tamilische Bevölkerung während diplomatischer Gespräche hintergangen wurde und trotz Feuerpause viele Attentate seitens der Regierungstruppen stattgefunden hatten. Der Vorsitzende der Organisation bedankte sich für die Unterstützung aus der Diaspora und rief damals dazu auf, den politischen Kampf weiterzuführen.

Waradarajah zeigte sich im nachhinein zufrieden mit dem Verlauf der Veranstaltung. Besonders erfreulich sei, dass überwiegend junge Menschen mit tamilischem Hintergrund angereist seien, um zu gedenken und sich Geschichte anzueignen, um den politischen Kampf für Gerechtigkeit und Selbstbestimmung für das tamilische Volk fortzuführen.

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