Sperrzone im Südlibanon
Von Knut MellenthinZwei Tage nach Inkrafttreten der Waffenruhe an der israelisch-libanesischen Grenze wurden am Freitag bis zum Nachmittag keine neuen militärischen Zwischenfälle gemeldet. Noch am Donnerstag hatten israelische Soldaten mehrfach auf Fahrzeuge von Geflüchteten und Vertriebenen geschossen, die in ihre Dörfer in der bisherigen Kampfzone zurückzukehren versuchten. Die israelische Militärführung hatte am Mittwoch zunächst alle »Bewegungen« in einer bis zu 30 Kilometer breiten Zone zwischen der Grenze und dem Fluss Litani verboten. Am Freitag morgen wurde diese Maßnahme auf ein Sperrgebiet reduziert, in dem mehr als 60 Dörfer und Orte liegen.
Die israelischen Streitkräfte (englisch abgekürzt IDF) forderten die von dort geflüchteten und vertriebenen Bewohner in arabischer Sprache auf, bis auf weiteres nicht in ihre Häuser und Wohnungen zurückzukehren. Wer sich im Sperrgebiet bewege, bringe sich in Lebensgefahr. Am Donnerstag hatte der Chef des Nordkommandos der IDF, Generalmajor Ori Gordin, gedroht, dass das Militär die Waffenruhe »aggressiv durchsetzen« werde. In einem von den IDF verbreiteten Video erklärte er: »Wir haben die Hisbollah um viele Jahre zurückgeworfen und diese bedeutende Errungenschaft, der der Hisbollah zugefügte Schaden, erlaubt uns eine völlig andere Freiheit, Entscheidungen zu treffen und diese Kampagne voranzutreiben.«
Die maßgeblich von den USA unter Beteiligung Frankreichs vermittelten Vereinbarungen sehen eine 60tägige Waffenruhe vor. In dieser Zeit müssen sich einerseits die Soldaten der IDF und andererseits die Kämpfer der Hisbollah aus dem Südlibanon zurückziehen. Letztere sollen durch 5.000 Mann der regulären libanesischen Armee ersetzt werden. Diese soll die Hisbollah »und andere bewaffnete Gruppen« auf libanesischem Territorium »daran hindern, irgendwelche Operationen gegen Israel durchzuführen«, während Israel sich verpflichtet hat, in dieser Zeit auf »offensive Militäroperationen gegen libanesische Ziele« zu verzichten. Längerfristig soll die Hisbollah gemäß der im August 2006 verabschiedeten, aber danach nicht durchgesetzten Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrats ihre Waffen abgeben.
Premierminister Benjamin Netanjahu drohte am Donnerstag in seinem ersten Interview nach Inkrafttreten der Waffenruhe im Privatsender Kanal 14, dass Israel im Fall von »massiven Verletzungen der Vereinbarungen« mit einem »intensiven Krieg« reagieren werde, der über die »chirurgischen Operationen« hinausgehen werde, die die IDF in den letzten Monaten durchgeführt hätten. Zugleich äußerte Netanjahu sich aber auch optimistisch, dass der Vereinbarung mit der Hisbollah und der libanesischen Regierung demnächst ein Gefangenenaustausch mit der palästinensischen Hamas folgen könne. Er glaube, dass die Bedingungen dafür sich durch die Waffenruhe an der Grenze zum Libanon sehr zum Besseren verändert hätten. Er sei »jederzeit« zu einem zeitweiligen Waffenstillstand mit der Hamas bereit, werde aber keine Beendigung des Krieges akzeptieren, die von der palästinensischen Seite gefordert wird. Israel unternehme »viele, viele Dinge«, um eine Vereinbarung zu erreichen, deutete Netanjahu in dem Interview an, ohne aber konkret zu werden.
Starke Beachtung fand in Israel ein Artikel der New York Times vom Donnerstag, in dem ohne Fakten behauptet wurde, »einige Führer der Hamas« zögen ein Waffenstillstandsabkommen in Betracht, bei dem die IDF zunächst weiter den Philadelphi-Korridor an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten besetzt halten.
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