Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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Aus: Ausgabe vom 02.12.2024, Seite 6 / Ausland
Guatemala

Guatemalas Ultrarechte gibt nicht auf

Sozialdemokraten ringen um Parteilegalisierung, beschlossener Haushalt unter Beschuss
Von Thorben Austen, Quetzaltenango
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Die Justiz legt Präsident Arévalo (2. v. r.) immer wieder Steine in den Weg (Guatemala-Stadt, 13.10.2024)

Einige hundert Menschen sind am Sonnabend dem Aufruf ultrarechter Organisationen wie Guatemala Inmortal gefolgt und haben gegen die Regierung von Präsident Bernardo Arévalo demonstriert. Der Protest vor dem Präsidentenpalast richtete sich gegen die Parlamentsentscheidung, eine Legalisierung der sozialdemokratischen Partei Semilla in die Wege zu leiten. In den Aufrufen waren zudem der vergangene Woche beschlossene Haushalt, eine Reform der Polizei und eine Diätenerhöhung der Abgeordneten angeprangert worden. Demonstranten, unter denen sich laut Beobachtern vielfach ehemalige Armeeangehörige befanden, forderten die Festnahme von Arévalo und Semilla-Abgeordneten, Redner kündigten an, die Proteste fortzusetzen.

Der am vergangenen Dienstag erfolgte Parlamentsbeschluss gegen die Kriminalisierung von Semilla wurde auch juristisch angegriffen. Am Donnerstag ordnete der Richter der Siebten Strafkammer, Fredy Orellana, die Suspendierung der Partei durch das Bürgerregister des Obersten Wahlgerichtes an. Das Bürgerregister folgte der Entscheidung am Freitag. Damit sei die Partei »für immer suspendiert«, behauptete Guatemala Inmortal. Semilla will aber weiter juristisch dagegen vorgehen. »Die Entscheidung kann nicht wirksam werden, weil ein Richter eine politische Partei nicht auflösen kann«, erklärte ihr Fraktionschef Samuel Pérez.

Der gleichzeitig beschlossene Haushalt ist mit umgerechnet über 18 Milliarden Euro der höchste der vergangenen zwei Jahrzehnte und sieht unter anderem Erhöhungen im Gesundheits- und Bildungsbereich vor. Präsident Arévalo sprach von einem »verantwortungsvollen und soliden Haushalt«. Umstritten sind aber die für die regionalen Verwaltungsräte (Cocodes) veranschlagten Erhöhungen und Sonderbeiträge. Den Cocodes wird teilweise Korruption und Intransparenz vorgeworfen. Auch sollen die Auslandsschulden zur Finanzierung des Haushaltes auf 25 Milliarden Quetzales (etwa drei Milliarden Euro) verdoppelt werden.

Für Empörung sorgte die Erhöhung der Diäten. Die Abgeordneten sollen mit dem Erhalt von »Repräsentationskosten« im kommenden Jahr nach Medienberichten bis zu 46.700 Quetzales (5.734 Euro) verdienen, etwa das Fünfzehnfache des gesetzlichen Mindestlohnes. Allerdings stimmten vor allem die Abgeordneten der Parteien Valor, Vamos und UNE für die Erhöhung, die zum »Pakt der Korrupten« gezählt werden. Von den im juristischen Tauziehen weiter als »unabhängig« geführten Abgeordneten von Semilla gab es nur eine Stimme dafür. Ultrarechte Gruppen und ihnen nahestehende Medien hatten behauptet, Abgeordnete »unter Leitung von Arévalo« wären für die Gehaltserhöhung verantwortlich.

Auch die Reform der Nationalpolizei (PNC) stieß auf ein geteiltes Echo. Sie war vor allem auf Initiative von Kongresspräsident Nery Ramos, selbst ehemaliger Direktor der PNC, durchgesetzt worden. Die Reform sieht unter anderem einen jährlichen Bonus von 6.000 Quetzales (737 Euro) und ein in Etappen steigendes Einkommen für Polizeibeamte vor. Kritiker sehen die Finanzierung des Gesetzes als nicht geklärt, schrieb Prensa Libre. Die neuen Regelungen zum Schusswaffeneinsatz kritisierte wiederum die Prensa Comunitaria. So heißt es nun in Artikel 60 Absatz 1, dass bei Schusswaffeneinsatz durch Polizisten grundsätzlich vermutet werden soll, »dass eine gesetzlich angeordnete oder erlaubte Handlung vorgenommen wurde«. Für den Abgeordneten Orlando Blanco von der Partei VOS, die in Opposition zu Semilla steht, aber auch nicht dem Pakt der Korrupten angehört, eine »Lizenz zum Töten«. Blanco erklärte gegenüber Prensa Comunitaria, dass die Polizei »dank dieses Artikels freier gegen Kriminelle vorgehen kann, aber auch Angriffen auf normale Bürger Tür und Tor geöffnet werden«.

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