Aus Leserbriefen an die Redaktion
Fressnapf
Zu jW vom 25.11.: »Zügig zugelassen«
Typisch linkes Bürgertum. Kaum etwas politischen Wind im Rücken, schon geht es schnurstracks Richtung politischen »Fressnapf«. Wer oder was den »Fressnapf« füllt, ist erst mal egal. Hauptsache ist der Platz am »Fressnapf«. Streit und Intrigen, Machtgehabe und Hinterhältigkeit stehen schon in den Startlöchern. Warum? Weil das linke Bürgertum seit 175 Jahren immer das gleiche macht: Es kümmert sich nur um sich selbst und spielt ab und zu den barmherzigen und verständnisvollen Humanisten. Weil uns leider eine revolutionäre Arbeiterpartei fehlt, die praktisch und konkret eine erfolgreiche Politik für das Volk macht, tanzt das Bürgertum weiterhin auf meiner Arbeiternase herum.
Manfred Guerth, Hamburg
Zeugnis ablegen
Zu jW vom 19.11.: »Kriegsfans triumphieren«
Jetzt reicht es. Ich fordere: Jeder Verlautbarung der greisen Friedenstaube im Weißen Haus, die mein Wohlbefinden betrifft, ist ein Zeugnis beizufügen, das die Gesundheit des Verfassers bestätigt. Gleiches fordere ich für die Schar seiner heimischen Kakapo, mit oder ohne Jodeldiplom. Ansonsten können die mir nun aber wirklich, in freier Analogie zum Götz-Zitat, gerne mal den Marsch blasen.
J. Fröhlich, Kirchseeon
Hände voll zu tun
Zu jW vom 23./24.11.: »Aus Leserbriefen an die Redaktion«
Es wäre ja die Spitze der Perversion, wenn die Menschen nur leben könnten, wenn ihnen irgendwelche Oligarchen einen Job anbieten und dann auch zur Produktion einer in Deutschland wahrhaft überflüssigen Sache. Autohersteller haben wir ja in Deutschland schon mehr als genug. Genauso ist es mit den Tourismusgebieten auf der Erde und jenen Ignoranten aus dem reichen Norden, die meinen, ohne sie würden die Menschen dort alle verhungern. Demgegenüber gibt es dort und auch in den sogenannten reichen Ländern gigantische Personaldefizite in den Bereichen der Daseinsvorsorge, Bildung, Gesundheit, ÖPNV, technische Dienste, Sicherheit (ich meine nicht Militär!) usw. Um diesen Missstand zu beseitigen, muss aber das Wirtschaftssystem grundlegend verändert werden. Dann haben alle zu tun für das bedarfsgerechte Wohlergehen der Bevölkerung und werden dabei auch auskömmlich für ihren Lebensunterhalt bezahlt werden.
Wolfgang Schlenzig, Berlin-Mariendorf
Insolvenzverwalter
Zu jW vom 27.11.: »Rotlicht: Insolvenz«
In der jW vom 27. November 2024 erschien ein Text zum Thema Insolvenz. Dazu einige Ergänzungen. Für Unternehmungen sind zwei Voraussetzungen notwendig, um insolvent zu werden. Erste Bedingung für Insolvenz ist die strukturelle Überschuldung. Das bedeutet, dass der Schuldendienst des Unternehmens aus dem normalen, üblichen Geschäftsbetrieb nicht mehr möglich ist. Hier sind zwei Wege der »Heilung« möglich: Die Gesellschafter schießen mehr Eigenkapital nach, um so die strukturelle Überschuldung zu beheben. In der gegenwärtigen Situation von VW wäre dies ein wichtiger Weg zur Sanierung. Von den Gesellschaftern ist ein Beitrag zur Überwindung der derzeitigen krisenhaften Situation zu leisten. Dies wäre sehr konform mit den behaupteten Prinzipien der Marktwirtschaft. Aber niemand fordert dergleichen. Dabei sind die Gesellschafter von VW keine armen Schlucker, die auf Bürgergeld angewiesen sind. Ein anderer Weg besteht im Verzicht von Forderungen an das Unternehmen, ein sogenannter Schuldenschnitt. Die zweite Voraussetzung für eine Insolvenz ist die Unfähigkeit, die laufenden Zahlungen zu leisten. Ein schönes Beispiel hierfür ist der Immobilienspekulant René Benko. Solange er immer wieder neuen Kredit erhielt, konnte er weiter wirtschaften. Das Geschäftsmodell funktionierte, solange der Kredit funktionierte.
Wenn die USA ein Unternehmen wären, würden sie dauernd am Rande der Insolvenz sein. Die Regierungen der USA haben die Staatsverschuldung in eine Höhe gesteigert, dass ein Schuldendienst real nicht mehr möglich ist. Und es gibt immer wieder die aktuelle Zahlungsunfähigkeit, wo dann in heftigen Verhandlungen zwischen Kongress und Senat eine weitere Erhöhung der Schuldengrenze beschlossen wird. Um die aktuelle Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden, wird eine Erhöhung der strukturellen Überschuldung in Kauf genommen. Donald Trump hat einen Investmentbanker als Finanzminister nominiert, der dieses Problem lösen soll. Lassen wir uns überraschen, was dieser Insolvenzverwalter zustande bringt.
Bernd Vogel, Leipzig
Freude ohne Textilien
Zu jW vom 26.11.: »›Mehr Raum für alle Geschlechter‹«
In Erinnerung und aus der Geschichte darf ich bemerken, dass vor einhundert Jahren bei Zusammenkünften an Seen in Arbeiterkreisen nackt gebadet und gesonnt worden ist. In der DDR gab es viele FFK-Strände und zunehmend war es überhaupt normal, an Seen auch textillos zu baden, wenn einem danach war. Kinder kannten ihre Eltern auch unbekleidet, und es bestanden keine diesbezüglichen Verklemmungen, die heute bewusst erzeugt werden. So erinnere ich mich, außerhalb des Strandbades am Weißensee – der Eintritt betrug dort üblicherweise 25 Pfennige – bei hohen Temperaturen Nacktbadende beiderlei Geschlechts erlebt zu haben. Als die Bezirksbürgermeisterin wegen einer Beschwerde mal den Kreisgerichtsdirektor befragte, war dessen saloppe Antwort: Wem es nicht passt, der soll doch nicht hingucken. Nach der Konterrevolution, wo doch die Freiheit so großmundig ertönte, aber Relegierungen seither allseits umfassend geschehen, sind analog Nacktbademöglichkeiten schrittweise immer mehr eingeschränkt worden und haben oft inzwischen die schlechtesten Zugangsmöglichkeiten zu Seen. In Velten am See besteht beispielsweise gar kein Badezugang für FKK. In Mühlenbeck wurde FFK auf ein Drittel des früheren Abschnitts reduziert – abgesehen von den Eintrittspreisen. Die Frage nach der Gleichberechtigung besteht im Grunde m. E. gar nicht in diesem Fall, sondern nach der Ware Mensch, die heuchelnd auf die sexuelle Schiene reduziert und zugleich überhöht wird für den Profit im Pornogeschäft. (…)
E. Rasmus, per E-Mail
Wenn die USA ein Unternehmen wären, würden sie dauernd am Rande der Insolvenz sein.
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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
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