Kein Haus vom Nikolaus
Von Ralf WurzbacherMieten runter, Umfragewerte hoch. Die um den Wiedereinzug in den Bundestag bangende Linke will im Wahlkampf mit dem Thema Wohnen punkten. Angesichts eines Marktes im Zeichen von Platzmangel und Wucherpreisen fordert die Partei einen sofortigen »Mietenstopp für sechs Jahre«, um so weitere Erhöhungen auszuschließen. Der Zeitraum solle dafür genutzt werden, einen bundesweiten Mietendeckel auf den Weg zu bringen, heißt es in einem am Montag durch den neuen Kovorsitzenden Jan van Aken vorgestellten Positionspapier. Ziel sei es, die anhaltende Kostenexplosion nicht nur zu bremsen, sondern zu beenden und rückgängig zu machen.
Hintergrund des Vorstoßes ist ein mögliches Aus der sogenannten Mietpreisbremse. Nach dem Bruch der Ampel erscheint eine ursprünglich bis 2028 geplante Verlängerung kaum mehr durchsetzbar. Damit liefe die Regelung bis Ende kommenden Jahres aus, je nach Bundesland mal früher, mal später. Diese sieht bis dato für angespannte Wohnungsmärkte vor, dass die Miete bei Neuverträgen im Grundsatz nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Die Linkspartei brandmarkt allerdings ein weitgehend »wirkungsloses« Instrument, das »unverschämte Praktiken« befördere, wie van Aken und die wohnungspolitische Sprecherin der Linke-Bundestagsgruppe, Caren Lay, in ihrem mit »Die große Abrechnung« betitelten Konzept kritisieren. Ein Drittel der Wohnungen in den Metropolen werde inzwischen möbliert angeboten, weil das Instrument in diesem Fall nicht greift. Es bestehen außerdem allerhand weitere Schlupflöcher, die es den Eigentümern leicht machen, die Vorgaben zu umgehen.
Lay hatte jüngst per Anfrage bei der Bundesregierung in Erfahrung gebracht, dass die Mieten in 21 untersuchten Großstädten binnen neun Jahren um durchschnittlich 44 Prozent zugelegt hatten, die Löhne dagegen lediglich um rund 28 Prozent. Olaf Scholz (SPD) werfen Lay und van Aken vor, »in der Wohnungspolitik komplett versagt« zu haben. Die Mieten stünden »auf einem historischen Höchststand, die Zahl der Sozialwohnungen hingegen auf einem historischen Tiefststand«, konstatieren sie. Der Bundeskanzler ducke sich bei der Frage weg, monieren beide mit Blick auf die Absage eines eigentlich für den 6. Dezember anberaumten Wohngipfels. Zu diesem wollte Scholz ursprünglich 30 Vertreter aus Politik, Bau- und Wohnungswirtschaft, von Mieterverbänden, Gewerkschaften und Förderbanken nach Hamburg einladen. Wegen des Scheiterns der Koalition wurde das Treffen kurzfristig abgeblasen. Nun soll es alternativ eine »Spitzenrunde« unter Leitung von Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) am Donnerstag in Berlin geben.
Neben einer tatsächlich tauglichen Preisschranke verlangt Die Linke eine »Investitionsoffensive für den sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau« im Umfang von 20 Milliarden Euro jährlich. »Soviel wird momentan für Wohngeld ausgegeben«, heißt es in ihrem Papier. Es sei aber »auf lange Sicht nachhaltiger, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen«. Ihre Ziele beziffern Lay und van Aken unter anderem mit dem Bau von 100.000 gemeinnützigen Wohnungen pro Jahr. Die Bundesregierung war einst mit dem Versprechen von 400.000 neuen Wohnungen jährlich angetreten, riss die Latte aber drei Jahre in Folge deutlich. Mit nur 157.200 Baugenehmigungen in den ersten neun Monaten wurde ein neuer Tiefpunkt erreicht. Im gleichen Zeitraum 2023 waren es 38.500 – und damit etwa 20 Prozent – mehr. Der allgemeine Wohnungsnotstand ist ein Segen für Immobilienhaie. Ende der Vorwoche wurde bekannt, dass die Branchenriesen Vonovia und LEG fürs nächste Jahr Preisaufschläge von über vier Prozent fordern wollen.
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