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Aus: Ausgabe vom 03.12.2024, Seite 8 / Ansichten

Russisch Roulette

Scholz bringt Waffen nach Kiew
Von Arnold Schölzel
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Am Sonnabend warnte Olaf Scholz auf der SPD-»Wahlsiegkonferenz« davor, Friedrich Merz als Kanzler bedeute »Russisch Roulette« mit einer Atommacht. Demnach wird bald auf SPD-Wahlplakaten stehen: »Wer Merz wählt, wählt den Atomkrieg.« Am Montag war der Kanzler in Kiew, um den Eskalationsnikolaus zu spielen und das im Oktober angekündigte Waffen-»Paket« persönlich abzuliefern. Wahlkampfbilder mit einem beinamputierten Soldaten inklusive. Umfragenot kennt kein Gebot.

Die Scholzsche Doppelstrategie soll durch die Widersprüche der Lage, die sich im Ukraine-Krieg und um ihn herum gebildet hat, helfen. Wichtige Faktoren sind: Die USA, Großbritannien und Frankreich haben die von ihnen an Kiew gelieferten Raketen für den Beschuss russischer Ziele freigegeben. Vorwand war die angebliche Teilnahme von Soldaten aus Nordkorea am Krieg auf seiten Russlands. Dessen Reaktion war am 21. November der Abschuss der neuentwickelten Mittelstreckenrakete »Oreschnik«. Offenbar wurden dabei zum ersten Mal in einem Krieg die strategischen Atomraketenkräfte Russlands aktiv. Zur Lage gehört, dass die Kiewer Truppen an der Front in der Ostukraine auf dem Rückzug sind, ebenfalls im russischen Gebiet Kursk. Scholz weigert sich, den deutschen Marschflugkörper »Taurus« zu liefern. Geschlossenheit sieht anders aus. Über allem schließlich liegt der Schatten Donald Trumps, dessen Ukraine-Politik niemand kennt oder für vorhersagbar hält – wahrscheinlich er selbst nicht.

Das Gemenge, das sich herausgebildet hat, lässt sich als zäher Morast bezeichnen. Es enthält laut Wladimir Putin »Elemente globalen Charakters«. Die Scholzsche Doppelstrategie führt ziemlich schnurgerade weiter in diesen Sumpf – nicht schlitternd, sondern zielgerichtet. Wer Dutzende Rüstungsvorhaben bis Jahresende durch den Haushaltsausschuss peitscht – am Montag war Boris Pistorius zuversichtlich, dort am Mittwoch mehr als 4,5 Milliarden Euro für U-Boote bewilligt zu bekommen –-, der redet nicht mehr von »Verteidigungsfähigkeit« als Auftrag der Bundeswehr, sondern nur noch von »Kriegstüchtigkeit«. Dem ist Diplomatie nur Hindernis auf dem Weg dorthin. Der lässt einen nationalen »Bunkerplan« ausarbeiten, will die Bundeswehr mittels Wehrpflicht wieder auf 460.000 Soldaten bringen und sorgt für die Militarisierung der Gesellschaft. Wie Scholz.

Unabhängig von Trumps Politik und der Lieferverweigerung des »Taurus« – die Scholzsche Strategie hat nur ein Resultat: Russisch Roulette mit einer Atommacht. Egal, ob der Kanzler Merz heißt oder nicht.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Oliver S. aus Hundsbach (2. Dezember 2024 um 22:42 Uhr)
    Auf den »unbearbeiteten« Bildern z. B. auf diversen Telegramm-Kanälen sind die komplett amputierten Beine der ukrainischen Soldaten zu sehen. Jedoch nicht im ZDF, ARD oder bei Reuters. Da würde sich bei zu vielen der Magen umdrehen und sie vielleicht dazu bringen darüber nachzudenken, dass man, verursacht durch die von ganz oben verordnete Zeitenwende und Kriegstüchtigkeit, demnächst die eigenen Kinder im Krankenhaus besuchen, oder deren Beerdigung organisieren muss. Mit 650 Millionen in der Backskiste seines »Optimist« setzt Europas erster Steuermann den Kurs an der Seite der USS Titanic unbeirrt fort.

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