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Aus: Ausgabe vom 04.12.2024, Seite 1 / Ausland
Südkorea

Kriegsrecht in Südkorea verhängt

Präsident erklärt stärkste Partei zur staatsfeindlichen Organisation. Soldaten im Parlament
Von Martin Weiser, Seoul
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Parlamentsgebäude in Seoul abgeriegelt: Soldaten hindern Abgeordnete am Dienstag abend am Eintritt

Der südkoreanische Präsident Yoon Suk Yeol hat Dienstag um 22.30 Uhr (Ortszeit) das Kriegsrecht erklärt. In seiner Begründung bezeichnete er die Demokratische Partei, die die Mehrheit im Parlament stellt, als staatsfeindliche Organisation und zitierte unter anderem deren zwanzig Amtsenthebungsbeschlüsse gegen von ihm eingesetzte Personen vom Verteidigungsminister bis zur Rundfunkkontrollbehörde. Es wurde berichtet, der Verteidigungsminister habe dem Präsidenten diesen Schritt empfohlen. Alle Parteien, selbst die des Präsidenten, zeigten sich erschüttert.

Die Verfassung sieht vor, dass das Parlament das Kriegsrecht mit einfacher Mehrheit wieder aufheben kann. Doch Yoon ließ sofort nach seiner Erklärung alle Eingänge zum Parlamentsgelände von der Polizei blockieren. Trotzdem befanden sich wohl mehr als die benötigten 150 Abgeordneten im Gebäude. Bewaffnete Soldaten sind durch ein Fenster ins Parlamentsgebäude eingedrungen, wo anscheinend versucht wurde, einen Parlamentsbeschluss zur Aufhebung des Kriegsrechts zu verhindern. Während das Parlament tagte, berichteten Fernsehsender live, dass weitere Dutzende Soldaten mit gezogener Waffe versuchen, eine Tür im Gebäude zu durchbrechen, die von innen verbarrikadiert war.

Was genau Yoon zu seinem Schritt bewegt hat, wurde durch seine Erklärung nicht klar. Der Präsident behauptete, die Demokratische Partei habe durch Haushaltsbeschneidungen und Amtsenthebungsverfahren das Land an den Rand des Kollapses gebracht. Aber die Aufzählung angeblich staatsfeindlicher Handlungen, die Yoon an der Grenze eines Aufrufs zur Rebellion sieht, erscheint nicht überzeugend. Harte Haushaltskürzungen für die Polizei werden genauso erwähnt wie die Absage an eine Gehaltserhöhung für Soldaten. Angebliche Einschüchterung der Justiz durch Amtsenthebungen und die Enthebung seiner Minister sieht Yoon als Staatszersetzung an. Gegen Ende seiner Ansprache drohte Yoon gar, er werde die »pronordkoreanischen« und staatsfeindlichen Elemente eliminieren.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (4. Dezember 2024 um 10:17 Uhr)
    Kriegsrecht für eine Nacht. Präsident Yoon Suk Yeol hat am frühen Mittwochmorgen (Ortszeit) angekündigt, das wenige Stunden zuvor von ihm verhängte Kriegsrecht wieder aufzuheben. Laut der nationalen Nachrichtenagentur Yonhap teilte Yoon mit, dass sich das Militär zurückgezogen habe und das Kabinett bald tagen werde. Er beugt sich damit dem Parlament, das sich gegen das Kriegsrecht ausgesprochen hatte. In einer Abstimmung am späten Dienstagabend sprachen sich alle 190 anwesenden Parlamentsabgeordneten gegen das Kriegsrecht aus. Gemäss Verfassung ist der Präsident an das Ergebnis der Abstimmung gebunden. Der Parlamentspräsident rief das Militär daraufhin auf, in die Kasernen zurückzukehren. Der südkoreanische Präsident Yoon steht seit Monaten innenpolitisch unter Druck. Zuletzt hat ein mutmaßlicher Korruptionsskandal rund um seine Ehefrau seine Beliebtheitswerte weiter gedrückt. Außerdem warf Yoon dem von der mehrheitlich von der Opposition beherrschtes Parlament vor, durch Anträge zur Amtsenthebung von Ministern und weiteren hochrangigen Amtsträgern die Regierungsgeschäfte unterlaufen zu haben. Seit dem Antritt der Regierung im Mai 2022 habe die Nationalversammlung 22 Amtsenthebungsanträge gestellt. Das sei weltweit ohne Beispiel.

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