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Aus: Ausgabe vom 04.12.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Kapital und Krise

Reparaturbetrieb KTM

Österreich: Insolventer Motorradhersteller im »Sanierungsverfahren«. Gewerkschaft an »rundem Tisch«
Von Oliver Rast
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Motocrossvehikel: Volle Bestände, gestapelt bis unter die Decke der Lagerhalle

Das Statement fiel knapp aus; knapp, aber mit wichtiger Botschaft: Der insolvente Motorradhersteller KTM aus dem oberösterreichischen Mattighofen nahe Braunau im Innviertel kann weitermachen. Das hätten die »ersten durchgeführten Erhebungen« ergeben, ließ der Sanierungsverwalter der KTM AG, Peter Vogl, am Montag verlautbaren. Weiteres werde es nach der ersten Gläubigerversammlung geben. Wann findet die statt? Wohl am 20. Dezember, wussten die OÖ Nachrichten am Montag abend. Mehr noch, »die Abstimmung über den Sanierungsplan ist für den 25. Februar angesetzt.«

Das Traditionsunternehmen KTM AG nebst zweier Tochtergesellschaften (KTM Components und KTM Forschung & Entwicklung) steht vor dem betriebswirtschaftlichen Kollaps. Der Dachkonzern von KTM-Boss Stefan Pierer, die Pierer Mobility AG, hatte Ende November die »Einleitung eines gerichtlichen Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung« beantragt. Zudem sei eine Finanzspritze im dreistelligen Millionenbereich erforderlich, um den Betrieb zu retten. Dringend.

Kurzum, Schulden drücken, Lager quellen über. Die Verbindlichkeiten belaufen sich nach Angaben des sogenannten Gläubigerschutzverbands Creditreform vom vergangenen Freitag auf rund 1,8 Milliarden Euro. Ferner stapelten sich zirka 100.000 Zweiräder in den Depots im Wert von fast 1,4 Milliarden Euro, berichtete das Nachrichtenmagazin Profil jüngst online. Auffallend ist die »Schuldenexplosion«. Im Vorjahr seien es nicht ganz 300 Millionen Euro Miese gewesen. Bemerkenswert, Anfang September habe Pierer noch »Jubelnachrichten« samt »Ready to Race«-Floskeln verbreitet, so der Standard am Sonnabend.

Der KTM-Crash passt zur landesweiten Situation. »Wir stehen erst am Anfang der Entwicklung«, wurde Creditreform-Chef Gerhard Weinhofer am Freitag auf der Homepage des ORF zitiert. Und: Der Bankrott der Luxusimmobiliengesellschaft der Signa-Gruppe von Pleitier René Benko habe »viel zugedeckt«, also den Blick auf mittelständische Firmenkrisen verstellt. Dabei gab es in den ersten drei Quartalen bereits rund 5.000 Unternehmensinsolvenzen, knapp ein Viertel mehr als 2023. Österreich steuere auf ein neues Rekordjahr zu, ahnt Weinhofer.

Wie reagieren verantwortliche Regierende auf die Insolvenz bei KTM? Zunehmend alarmiert. »Es geht darum, einen Dominoeffekt in der Region zu verhindern«, meinte Oberösterreichs Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (ÖVP) am Montag auf einer Pressekonferenz. Zumal zahlreiche Zulieferer betroffen seien. Übersetzt: Hunderte, vielleicht Tausende Arbeiter. Bereits in diesem Jahr hatte die Führungsetage bei KTM und Töchtern etwa 700 Stellen gestrichen, weitere 300 sollen bis Anfang 2025 folgen. Und nicht nur der weihnachtliche Betriebsurlaub wird um eine Woche verlängert, mit Beginn des neuen Jahres stehen die Bänder still – Produktionsstopp.

Am Montag organisierte die Arbeiterkammer Oberösterreich (AKOÖ) Betriebsversammlungen am KTM-Stammsitz Mattighofen und am Standort Munderfing. Zwecks Antragsstellung für den staatlichen Insolvenzentgeltfonds. November- plus Weihnachtsgeld würden hierüber geregelt, sprich gezahlt. Gut für Boss Pierer. Kommt er aus der Nummer billig raus? Das ist offen. Die Stimmen werden lauter, dass der Multimilliardär in die Privatschatulle greifen muss. Etwa die Worte von Andreas Stangl: »Selbstverständlich ist er (Pierer, Anm.) als Eigentümer gefragt, das Geld aufzubringen«, sagte der AKOÖ-Präsident am Montag abend im ORF.

Was plant die Pro-Ge, die Produktionsgewerkschaft? Protest? Offensichtlich nicht. Was dann? Die Teilnahme an einem »runden Tisch« am Donnerstag, sagte Gewerkschaftssprecher Mathias Beer am Dienstag gegenüber jW. Mit wem? Landesvertretern, »Sozialpartnern«, Arbeitsmarktservice (AMS) (Pendant zur deutschen Arbeitsagentur, Anm.). Worum soll es gehen? »Um Unterstützungen«, so Beer weiter. Für Beschäftigte, für Zulieferer. Ein Statement, ähnlich knapp wie jenes des Sanierungsverwalters.

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