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Aus: Ausgabe vom 04.12.2024, Seite 11 / Feuilleton
Deak

Mit Schuss

Liebe Weihnachts­marktmänner: Lasst Lumumba in Frieden!
Von Dusan Deak
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Weihnachtsmarkt in Frankfurt am Main (26.11.2024)

Nichts dagegen, wenn man einen Afroamerikanerkuss Schaum- oder Schokokuss und Zigeunersoße Sinti- und Roma-Jus nennt. Oder wenn Veganer die Jägersoße als Mörder- und Tierquälersoße bezeichnen. Kakao mit Schuss aber »Lumumba« zu nennen, wie es auf dem Frankfurter Weihnachtsmarkt alljährlich geschieht und nicht zum ersten Mal als rassistisch kritisiert wird, ist (ganz ironiefrei) schlicht geschmacklos, zynisch und bösartig.

Patrice Lumumba war ein Freiheitskämpfer, der erste frei gewählte Ministerpräsident der unabhängigen Demokratischen Republik Kongo (früher Belgisch-Kongo) und ist bis heute ein Idol des Antikolonialismus. Er wurde 1960 unter der Regie der CIA von seinem früheren politischen Wegbegleiter und vermeintlichen Freund, dem korrupten Armeechef Sese Seko Mobutu, verraten, aus dem Amt geputscht und an seinen zwielichtigen Feind Moïse Tschombé ausgeliefert, der mit Unterstützung der Belgier die abtrünnige, rohstoffreiche Kongo-Provinz Katanga anführte. Dort wurde Lumumba mit seinen Begleitern gefoltert und schließlich erschossen. Tschombé ging später ins Exil nach Algerien, wo er unter ungeklärten Umständen 1969 verstarb. Mobutus autokratische Tyrannei (1965 bis 1997 Präsident der Demokratischen Republik Kongo, 1971 bis 1997 Zaire) wurde berüchtigt. 1997 wurde er von der Macht verdrängt, musste das Land verlassen und starb noch im selben Jahr in seinem Exil in Marokko.

Wenn man also dem Drang nicht widerstehen kann, einem Kakaogetränk mit Schuss einen geschmacklosen Namen zu geben, dann soll man es lieber »Mobutu« oder »Tschombé« nennen. Nicht, weil sie einen Schuss hatten, das wäre eine Verniedlichung. Sondern weil sie einen verdient gehabt hätten (durchaus nicht nur vor den Bug). Gerne auch etwas kräftiger.

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