Kanzler empfiehlt Wohnungsbau
Von Kristian StemmlerIm Zeichen des angelaufenen Wahlkampfes stand am Mittwoch die Befragung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Bundestag. Knapp zwei Wochen, bevor er sich dort das Misstrauen aussprechen und den Weg für Bundestagswahlen im Februar eben will, nutzte Scholz die Fragen der Abgeordneten, um Werbung für die Arbeit seiner Regierung zu machen. Die Opposition versuchte dagegen – unter dem Strich eher erfolglos –, Scholz in Bedrängnis zu bringen. Vorwürfe thematisierten vor allem die Wirtschaftspolitik, die Wohnungspolitik, die »Begrenzung der irregulären Migration« und die Unterstützung für Kiew.
In seinem Statement vor der Befragung berichtete Scholz von seinem Besuch in der Ukraine am Montag. Er habe zweieinhalb Stunden mit Präsident Wolodimir Selenskij gesprochen; der Besuch habe zeigen sollen, dass »die Ukraine sich auf Deutschland verlassen« könne. Die Bundesrepublik sei das Land, »das in Europa am meisten Unterstützung für die Ukraine mobilisiert hat«. Zugleich bekräftigte Scholz, er wolle »alles dafür tun«, dass es nicht zu einer Eskalation mit einem Krieg zwischen Russland und der NATO komme. Mit Selenskij habe er auch besprochen, so der Kanzler in der Fragestunde, in Polen oder Deutschland eine ukrainische Behörde zu schaffen, die Ukrainer »entweder bei der Rückkehr oder bei der Arbeitsaufnahme in Deutschland unterstützt«.
Die CDU-Abgeordnete Julia Klöckner erinnerte Scholz daran, dass er einst ein neues Wirtschaftswunder versprochen hätte. Davon könne nicht die Rede sein, Deutschland sei laut des Internationalen Währungsfonds der einzige Industriestaat mit schrumpfender Wirtschaftsleistung. Scholz verwies auf Investitionen etwa in die Digitalisierung, die ihre Wirkung erst noch entfalten müssten. Zudem sei für eine Exportnation wie Deutschland die Schwäche der globalen Nachfrage ein größeres Problem als für andere.
Hermann Gröhe (CDU) attackierte das Bürgergeld, das »bei der Vermittlung in Arbeit« versagt habe. Scholz entgegnete, die Union habe der Bürgergeld-Reform im Bundestag zugestimmt. Sie könne jetzt nicht so tun, als habe sie »damit nichts zu tun«. Allerdings wolle man einzelne Regelungen »verbessern«, etwa Sanktionen gegen Leistungsbezieher verschärfen. Von einem AfD-Abgeordneten auf seine Ankündigung von »Abschiebungen in großem Stil« angesprochen, verteidigte Scholz die Asylpolitik der Regierung. Es sei so, dass die Zahl derjenigen, die »irregulär« kämen, erheblich zurückgegangen sei. Dieser Trend werde sich fortsetzen.
Caren Lay, wohnungspolitische Sprecherin der Linke-Gruppe, warf Scholz vor, dass die Mieten noch nie so stark anstiegen wie in seiner Amtszeit. Scholz verteidigte sich damit, dass er indirekt die FDP dafür verantwortlich machte, dass keine wirksame Mietpreisbremse beschlossen wurde. Ansonsten vertrat er die Ansicht, dass das Mieten- und Wohnungsproblem ausschließlich dadurch zu beheben sei, dass »in riesigem Umfang neue Wohnungen« gebaut werden. Dazu müssten die Kommunen Flächen bereitstellen, zum Beispiel in Berlin das Tempelhofer Feld. Eine Bebauung des ehemaligen Flughafens hatte vor zehn Jahren ein Volksentscheid verhindert.
Auf Nachfrage äußerte sich der Kanzler auch zur Einigung von SPD und BSW auf einen Koalitionsvertrag in Brandenburg. Dass diese neue Koalition sich im Bund und in der EU dafür einsetzen will, eine diplomatische Lösung des Ukraine-Konflikts mit dem Ziel eines Waffenstillstands voranzutreiben, sehe er nicht als Hemmnis für den Kurs auf Bundesebene. In der Koalitionsvereinbarung stehe nicht, dass die Unterstützung der Ukraine »eingestellt, beschränkt oder reduziert werden sollte«. Das wisse er »nicht nur aus dem Text, sondern auch von den persönlichen Äußerungen, die der brandenburgische Ministerpräsident mir gegenüber gemacht hat«, betonte der Kanzler mit Blick auf SPD-Regierungschef Dietmar Woidke.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (4. Dezember 2024 um 20:18 Uhr)»Eine bevorzugte Zielscheibe der Regierungsparteien war das von ihnen als «neoliberal» und «unsozial» empfundene … Konzept … und die geplante Mehrwertsteuererhöhung, wobei die SPD teilweise im Stile einer Oppositionspartei Wahlkampf betrieb.« Reicht dieses wikipedia-Zitat zum Bundestagswahlkampf 2005 als Messlatte zur Bewertung der aktuellen SPD-Strategie? Ob sich der Gedächtnislückenkandidat erinnert?
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