Misstrauensantrag des Nouveau Front populaire gegen Premier Barnier
Am Mittwoch haben Abgeordnete des Linksbündnisses Nouveau Front populaire einen Misstrauensantrag gegen Premierminister Michel Barnier in die französische Nationalversammlung eingebracht. Im folgenden der Antrag leicht gekürzt und übersetzt im Wortlaut:
Misstrauensantrag von Mme Mathilde Panot (France Insoumise) M. Boris Vallaud (Socialiste, PS), Mme Cyrielle Chatelain (Ecologiste et Social), M. André Chassaigne (Parti communiste français, PCF) und 181 ihrer Kollegen (eingebracht in Anwendung des Artikels 49.3 der französischen Verfassung).
Der Premierminister ohne Mehrheit im Parlament hat sich dazu entschieden, auf den Artikel 49.3 der Verfassung zurückzugreifen, um sein Projekt der Finanzen und der Sozialversicherung für 2025 durchzusetzen und auf diese Weise das Sparbudget zu erzwingen, das unsere soziale Sicherheit schwer beeinträchtigen würde. Es steht außer Zweifel, dass dieses Minderheitskabinett mit seiner Austeritätspolitik fortfahren wird (…).
Eine jährliche Verringerung der Staatseinnahmen um mehr als 62 Milliarden Euro seit der Wahl von Emmanuel Macron zugunsten der Großunternehmen und der reichsten Steuerpflichtigen hat zum bestehenden Rekorddefizit geführt. Michel Barnier fährt mit der dogmatischen Unterstützung von Emmanuel Macron fort und verwirft jede Maßnahme zugunsten der sozialen Gerechtigkeit. Michel Barnier hat sich also für eine Sparpolitik entschieden, die das Risiko einer Rezession mit schweren Folgen für die Beschäftigten erhöht. (…)
Diejenigen, die das Land an die Wand gefahren haben, verlangen heute von den Franzosen und Französinnen, die Rechnung zu bezahlen: Renten und Pensionen (…) (noch stärker) zu besteuern; Patienten werden durch die Erhöhung der Beteiligung an den Behandlungskosten zur Kasse gebeten, Auszubildende besteuert, das Gesundheitssystems um 600 Millionen Euro zusammengekürzt (…).
Die Unterstützung für die Änderungsvorschläge des NFP (Linksbündnis) während der Parlamentsdebatte hat gezeigt, dass es möglich wäre, Mittel für den sozialen Bedarf zu generieren. Gefordert wurde, 17 Milliarden Euro an Staatseinkünften durch die Besteuerung der Reichsten zu generieren, was der Höhe des Defizits in der sozialen Pflichtversicherung 2025, wie von der Regierung prognostiziert, entspricht. Zu keinem Zeitpunkt hat die Regierung die Abstimmungen im Parlament in Rechnung gestellt und den Weg der Diskussion eröffnet. Sie hat die Änderungsvorschläge des NFP ignoriert.
Während eine große Mehrheit unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger bei den Parlamentswahlen den Rechtsextremen Einhalt geboten hat, kommt der Premierminister ihren übelsten Vorstellungen mit einem neuen Zuwanderungsgesetz nach, das den moralischen und politischen Bankrott des vorigen Jahres fortsetzt und die medizinische Hilfe für Leute in Frage stellt, die auf unserem Territorium leben (…).
Die Anwendung des Artikels 49.3 der Verfassung ist das Resultat einer von Emmanuel Macron getroffenen Entscheidung für einen Premierminister, der nur eine geringe Zustimmung im Parlament und in der Bevölkerung besitzt und sich nur (…) durch den rechten Rassemblement National an der Macht halten kann.
Im Bewusstsein tiefer Verantwortung präsentiert die Linke heute den Misstrauensantrag, denn sie steht nie auf der Seite der Instabilität und des Chaos. Aber die Abwesenheit jeden Dialoges, die Verachtung der formulierten Vorschläge und der parlamentarischen Arbeit macht das Misstrauensvotum nötig. (…)
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!
-
Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (5. Dezember 2024 um 10:58 Uhr)Frankreich steht ohne Regierung da. Was sich in der Assemblée nationale bereits abzeichnete, ist nun eingetreten: Die Regierung Barnier, die ohnehin nie über eine eigene Mehrheit verfügte, wurde durch ein Bündnis aus linken und extrem rechten Kräften aus dem Amt gejagt. Diese sonst erbittert verfeindeten Lager haben der Regierung das Vertrauen entzogen und damit Frankreich in eine politische Krise gestürzt. Die Konsequenz ist gravierend: Die zweitgrößte Volkswirtschaft der EU steht nun faktisch ohne Regierung da. Präsident Emmanuel Macron, der Michel Barnier erst im September zum Premierminister ernannte, steht unter massivem Druck, rasch einen Nachfolger zu benennen. Am Mittwoch überschlug sich die französische Medienlandschaft mit Spekulationen über mögliche Kandidaten. Trotz der prekären Lage scheint Emmanuel Macron fest entschlossen, seine Amtszeit bis 2027 durchzustehen. Noch am Mittwochabend nahm er Barniers Rücktritt entgegen. Bereits am Donnerstagabend will sich der Präsident in einer seiner berüchtigten »Schönreden« an die Nation wenden. Doch dieses Mal ist die Herausforderung größer als je zuvor: Frankreich steckt in der schwersten politischen und wirtschaftlichen Krise seit Jahrzehnten. Macron, der zuletzt durch internationale Reisen und symbolträchtige Gesten – wie etwa die Einladung Donald Trumps zur Wiedereröffnung der Notre-Dame – präsent war, steht nun mit beiden Füßen wieder im innenpolitischen Krisenmodus. Die Franzosen erwarten Antworten: Wie soll es weitergehen in einem Land, das tief gespalten und ohne handlungsfähige Regierung ist?