Aus Leserbriefen an die Redaktion
Nicht vom Himmel gefallen
Zu jW vom 2.12.: »Antimilitaristisch bleiben«
Dieser Wunsch kann nie oft genug publiziert werden, besonders in Vorwahlzeiten. Ellen Brombacher trifft die Hoffnung der Abhängigen. Neben den Klimakatastrophen sind die Kriege das größte Übel für die Bevölkerung. Die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten bringen Totschlag und sinnlose Zerstörung von Wohnungen, Arbeitsstätten, Kulturleistungen. Kriege fallen nie vom Himmel. Sie beruhen stets auf jahrelangen Vorbereitungen. Das Wissen darüber erfordert Rückschauen in die Vergangenheit und Aufklärung in den Medien, wie es die jW praktiziert.
Günter Buhlke, Berlin
»Große innere Bewegung«
Zu jW vom 3.12.: »›Was weißt du schon von Russland?‹«
Liebe Irmtraud Gutschke, vielen Dank für die schöne Rezension; und liebe Antje Leetz, danke für das wunderbare Buch! Ich habe es mit großer innerer Bewegung in einem Zuge gelesen, mich in vielen Schilderungen der DDR, der Sowjetunion, Russlands und des heutigen Deutschland ganz zu Hause gefühlt, mich von Ihrer Beobachtungs- und Erzählweise berücken lassen und immer wieder gestaunt, wie es Ihnen gelungen ist, das Eigene mit der Welt zu verbinden und umgekehrt. Und noch etwas ist für mich ein bleibender Gewinn: die beständige Erinnerung an Ralf Schröder und seinen unvergesslichen Einsatz für die sowjetische Literatur und – der Verweis auf die Arbeiten von Michael Leetz zu Andrej Platonow. Es blieb mir nichts anderes übrig, als mir dieses andere Leetz-Buch – eben das über Platonow und dessen Roman »Dshan« und weitere Aufsätze und Briefe zur Weltökologie und zum »neuen Menschen« – sofort aus der Bibliothek zu holen (ansonsten ist es vergriffen) und gründlich durchzuarbeiten. Nochmals: Herzlichen Dank für »Der schwarze Stein aus Tschechows Garten. Meine schmerzliche Liebe zu Russland« – und Dank auch der Edition Schwarzdruck in Gransee, die das Buch schön gestaltet hat.
Wolfram Adolphi, Potsdam
»Selektive Auswahl«
Zu jW vom 28.11.: »Keine Alternative«
Beim Lesen von Meinhard Creydts Texten hatte ich öfter Aha-Erlebnisse, diesmal fand ich den Artikel einfach nur ärgerlich, weil er seinen Gegenstand, commonistische Gesellschaftsentwürfe, nicht ernst nimmt. Denn zum Ernstnehmen gehört alleine schon, den aktuellen Stand der Debatte zum Bezugspunkt zu nehmen. Unter anderem waren es Bücher von Friederike Habermann 2016 und 2018 sowie »Kapitalismus aufheben« von Stefan Meretz und Simon Sutterlütti 2018, die die Diskussion um eine Verbindung von Commons auf Gesellschaftsebene anschoben. Gerade im Anschluss an das letztgenannte Buch hat sich eine Diskussion ergeben, in der vieles des von Creydt Angesprochenen angegangen wird. Von all dem taucht nichts im Artikel auf. Mit dem Gegensatz »Autonomie in Commons« vs. Plan konstruiert Creydt einen Popanz. Dass Vergesellschaftung erforderlich ist, ist im commonistischen Ansatz selbstverständlich. Es geht vielmehr darum, wie gesellschaftliche Bedürfnisse befriedigt werden können, wenn Menschen in Commons (und allgemein) nicht zu bestimmten Handlungen gezwungen werden können. Die Frage ist also: Wie geht Planung ohne Zwang und monetäre Anreize? Zu Beginn der Suche, wie Commons zur »Keimform« einer solidarischen, bedürfnisorientierten gesellschaftlichen Logik werden können, geisterte noch herum, dass es reicht, sich entziehen zu können, z. B. das Kollektiv zu wechseln, ohne die eigene Existenz zu gefährden. Kritik vor allem von Feminist*innen machte klar, dass dann insbesondere Care-Arbeiten an denen hängenbleiben, die sich verantwortlich sehen, und dass die Exit-Option z. B. Pflegebedürftiger schlicht nicht vorhanden ist, dass also andere Lösungen her müssen. Diese Kritik wurde und wird meiner Wahrnehmung nach ziemlich offen aufgenommen. Im von Creydt verrissenen Ansatz steckt also viel mehr Potential und viel mehr Materialismus, als dessen Artikel, aufgrund leider sehr selektiver Auswahl des verwendeten Materials, beschreibt.
Matthias Neumann, Freiburg im Breisgau
Anstand und Moral?
Zu jW vom 3.12.: »Wahlkampf mit ›Taurus‹«
Was für ein Wahnsinn, da sehen sich die Grünen in der Nähe von den Unionsparteien, wenn es um die Lieferung vom »Taurus«-System an die Ukraine geht. Ihre Gründer wie Petra Kelly würden sich dabei wohl im Grabe umdrehen. Auch wenn die CSU bis dato keine Schnittstelle sieht, sind die Grünen zumindest, wenn es um »Taurus« geht, mit ihnen im Geiste vereint. Und dass Waffenlieferungen in ein Kriegsgebiet wie in der Ukraine zum Wahlkampfthema gemacht werden, lässt doch tief blicken, ja ich frage mich, haben diverse Politiker, die diese Lieferung fordern, wirklich alle Vorstellungen von Anstand und Moral verloren? Wenn die Grünen auch immer wieder vom Klima- und Umweltschutz uns etwas erzählen wollen, sollte man ihnen entgegnen, wer einer der größten Umwelt- und Klimaschädlinge ist, und das sind nunmal Kriege, die Tod und Zerstörung bringen. Darum sollte jeder, der für Klima- und Umweltschutz einsteht, sich auch gegen Waffenlieferungen und Kriege stellen!
René Osselmann, Magdeburg
Bahnland Bayern
Zu jW vom 25.11.: »Intermezzo«
Ich lese die Polemiken von Jürgen Roth immer gerne. Jetzt wieder die treffenden Bemerkungen zur S-Bahn in München, leider wahr, ich erlebe es täglich. Oder »sie nennen es Bahnland Bayern«! Die Stadt Dachau mit 50.000 Einwohnern liegt an der Strecke München–Nürnberg, es hält kein einziger Regionalexpress, man muss den Bummelzug »Regionalbahn« nehmen. Bahnland Bayern eben.
Jürgen Roth kann auch sehr einfühlsam sein, wenn es um Vögel geht. Seine Besprechung des Buches von Bernd Heinrich »Flugbahn und Federflaum« vom Dezember 2023 war ein schönes Geschenk für mich. Einmalig auch sein Buch »Kritik der Vögel« mit den einzigartigen Bildern des großen F. W. Bernstein. Bitte weiter so mit Jürgen Roth aus der Provinz in Neuendettelsau und vom »Seven Bistro«!
Emmo Frey, Dachau
Die Stadt Dachau mit 50.000 Einwohnern liegt an der Strecke München–Nürnberg, es hält kein einziger Regionalexpress, man muss den Bummelzug »Regionalbahn« nehmen. Bahnland Bayern eben.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!