Wurstdiskurs
Von Jürgen RothLeck mich am Arsch«, meinte der Schlack am Stammtisch. »Leck mich am Arsch! Da hab’ ich gestern diese weiße Hausmacher g’fressen! Leck mich am Arsch, is’ die guud!«
Das war der Auftakt zu einer deftigen Wurstdebatte. Da es später zu den zahlreichen Bieren als Empfindungssteigerungsboni ungefähr vier Tabletts Obstler gab, weiß ich nicht mehr, ob der Schlack die arschgute weiße Hausmacher aus unserer Metzgerei pries – aus der Anstaltsmetzgerei, wie sie gerufen wird, weil sie Teil des schändlichen Kirchenkonzerns ist, der früher den Trivialnamen Anstalt trug – oder eine weiße Hausmacher aus einer der familiengeführten Fleischereien im Gau, die noch nicht zugesperrt haben.
Die weiße Hausmacher ist die ungeräucherte Hausmacher und selbstverständlich ein rassistischer Rotz, der allerdings himmlisch mundet. Der Schlack stimmte einen zirka halbstündigen Hymnus auf die Sämigkeit, die Würzung, die vollendete Wursthaftigkeit der weißen Hausmacher an, dieses Mirakels der Handwerkskunst. »Leck mich am Arsch! Leck mich am Arsch! Für die würd’ ich maa’ Fraa verkauf’n!«
Mir fiel ein Satz meines unsterblichen Freundes Michl Rudolf ein, der in unserem 1997 bei Reclam Leipzig erschienenen Bierlexikon geschrieben hatte: »Schade, dass man ein Bier nicht streicheln kann.« Walter, der ehemalige Installateur, der mir wegen seines ruhigen Wesens und seines schelmischen Lächelns der liebste Stammtischgenosse ist und der mir jeden Freitag ein Feuerzeug vom Fischereiverband Mittelfranken e. V. schenkt, übertraf den Michl jedoch in einer kurzen panegyrischen Pause: »Die schmeckt mir scho’ vom Hör’n.« Die Sentenz des Säkulums.
Die EU war nie zu etwas anderem da, als das Mikrokosmische zu zerstören, den Unabhängigen ihre ökonomische Basis zu rauben und die Volksvermögen den Oligopolen in die Mäuler zu schaufeln. Unsere Metzgerei hat es 2008 geschafft, eine EU-Zulassung als Schlachtbetrieb zu ergattern (die einzige weit und breit), und sie bezieht das Vieh ausschließlich von kleinen Höfen aus einem Umkreis von maximal achtzehn Kilometern.
Ich plädierte, nachdem Schlacks Wortvorrat aufgebraucht war, für die Zwiebelwurst mit Sülze, die ein absolut krasser Hammer sei, und ratterte die halbe Palette schwerst klimakrimineller Köstlichkeiten aus der Anstalt herunter: Pfefferbeißer! Aaah! Feine Leberwurst! Grundgütiger! Warmer Leberkäs’! Herrje! Der Fleischsalat! Die schwarzgeräucherte Bratwurst! Das alles sei pure »Freude am Sein« (Dezemberkalender des katholischen Hilfswerks Missio).
»Des G’selchte, generell«, grummelte der gute und meist schweigende Schmidts Koarl, der jahrelang Medikamente ausgefahren hat, dazwischen, und prompt befand ich mich im Hintertreffen. »Und was is’ die beste Worscht?« warf der Horstl eine Frage in die Runde, und der Schlack, sich wieder berappelnd, replizierte: »Der Presssack! Do siehst, wos drin is’.«
Richtung Osten, im Ortsslum namens Sonnenstraße, soll übrigens der Metzger Josef W. im Keller Bratwurst erzeugen, aber niemand kennt die so recht. Ich versprach, da mal zu klingeln und zwanzig Exemplare zu erwerben, und die würde ich dann unseren darbenden Rentnern am Stammtisch spendieren, quasi christliche Armenspeisung.
Wohin das führen wird, »das bleibt erst einmal abzuwarten« (Ann-Brit Bakkenbüll, Reporterin vom NDR; was für ein Name! Und quelle Schnalle, äh, femme, arrr!)
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!
-
Leserbrief von Peter Schmidt (7. Dezember 2024 um 16:53 Uhr)Autor Jürgen Roth: »Unsere Metzgerei […] bezieht das Vieh ausschließlich von kleinen Höfen aus einem Umkreis von maximal achtzehn Kilometern.« Oh wow, das heißt ein Tier wird bei Euch höchstens 18 Kilometer transportiert, bevor ihr ihm die Kehle durchschneidet und seinen Körper in Stücke zerteilt? Wie überaus nett von Euch. Ja, die »Freude am Sein« – denn wenn der Körper eines Tieres eine »Köstlichkeit« ist (von welchem ihr Euch eine »Empfindungsteigerung« versprecht), was kümmert Euch dann schon der Lebenswille und die Empfindungsfähigkeit dieses Tieres, welches ihr so gerne zerhacken wollt? Es geht schließlich nicht um *Euren* Lebenswillen, sondern lediglich um den eines *anderen* – und der kann dementsprechend ja nur nichtig und unbedeutend sein, es ist ja schließlich nicht *Eurer*. Ein Glück, nicht wahr?
- Antworten
-
Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (5. Dezember 2024 um 22:47 Uhr)Panegyricus Rothus: Wo gibt es heute noch Schwarzgeräuchertes? Hat die EU das nicht verboten, wegen Krebs? Stopfgans statt Stoffgans?
- Antworten
Mehr aus: Feuilleton
-
In die Prärie
vom 06.12.2024 -
Auf den Inhalt kommt es an
vom 06.12.2024 -
Volkserziehung
vom 06.12.2024 -
Mielke baut eine Kirche
vom 06.12.2024 -
Nachschlag: Hamburger Schule
vom 06.12.2024 -
Vorschlag
vom 06.12.2024