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Aus: Ausgabe vom 07.12.2024, Seite 7 / Ausland
Taiwankonflikt

Beijing protestiert

Taiwan: Präsident provoziert durch Südpazifikreise und Besuchen in den USA
Von Jörg Kronauer
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Fast wie ein offizieller Staatsbesuch: Begrüßung von Lai Ching-te in Hawai (Honolulu, 1.12.2024)

Wird China wieder mit ausgedehnten Manövern rings um Taiwan auf die US-Provokation antworten? Am Freitag stellten sich nicht wenige diese Frage. Auch Lin Jian, ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums, wurde damit konfrontiert. Was war geschehen? Lai Ching-te, Taiwans seit Mai amtierender Präsident, hatte im Rahmen einer beinahe einwöchigen Pazifikreise gleich zweimal Station in den Vereinigten Staaten gemacht und dabei Gespräche mit hochrangigen US-Politikern geführt. Auf solche Kontakte hatte Beijing zuletzt mit demonstrativen Kriegsübungen reagiert. – Lin ließ die Frage offen. Er erinnerte aber daran, dass Taiwans Zugehörigkeit zur Volksrepublik zu deren innersten Kerninteressen zählt. Sie sei, das bestätigte er, die vorderste, nicht verhandelbare rote Linie im Verhältnis der Volksrepublik zu den USA.

Lai hatte im Lauf der Woche zwei US-Pazifikterritorien und diejenigen drei Pazifikstaaten bereist, die noch diplomatische Beziehungen zu Taiwan unterhalten. Besonders die Besuche im US-Bundesstaat Hawaii und auf dem US-Territorium Guam hatten in Beijing Proteste ausgelöst. Eigentlich unterhalten die Vereinigten Staaten lediglich inoffizielle Kontakte nach Taiwan, seit sie die Volksrepublik offiziell anerkennen. Reisen taiwanischer Spitzenpolitiker in die USA sind damit ebenso schlecht vereinbar wie die Gespräche, die Lai in Hawaii und auf Guam mit US-Politikern, -Parlamentariern und -Staatsangestellten führte. Dass er auf Guam zudem mit Mike Johnson telefonierte, der als Sprecher des US-Repräsentantenhauses formell die Nummer drei der US-Hierarchie nach dem Präsidenten und der Vizepräsidentin ist, verschärfte die Lage weiter: Mit jedem Schritt nach oben in der Hierarchie verschwimmt die ohnehin äußerst dünne Linie zwischen inoffiziellen und offiziellen Kontakten, also die Linie, die Taiwan von faktischer staatlicher Anerkennung trennt, noch mehr.

Davon abgesehen ließ Lais Reise deutlich erkennen, worum es zur Zeit für Washington und Taipeh im Pazifischen Ozean geht. Auf Hawaii, wo Taiwans Präsident seinen Trip startete, ist das U.S. Indo-Pacific Command beheimatet. Guam, wo er Mitte der Woche eintraf, ist faktisch eine US-Kolonie, deren Militärbasen den US-Streitkräften als letzte Zwischenstation auf dem Weg über den Pazifik nach Ostasien und im Kriegsfall als Startbasis für Angriffe auf China dienen. Zumindest zwei der drei Inselstaaten, die Lai bereiste – die Marshall Islands, Tuvalu, Palau –, haben für die USA gleichfalls eine wichtige militärische Funktion. In Palau, nicht mehr weit von den Philippinen im Westpazifik gelegen, errichten die USA eine riesige Radaranlage; auch der Bau einer Militärbasis ist im Gespräch. Die US-Militäranlagen auf den Marshall Islands wiederum, auf halbem Weg zwischen Hawaii und Guam respektive Palau, dienen den US-Truppen als Zwischenstation. Palau und die Marshall Islands sind mit den USA im sogenannten Compact of Free Association verbündet, der den US-Streitkräften auf ihrem Territorium mehr oder weniger freie Fahrt einräumt. Tuvalu wiederum, eine strategisch wichtige Zwischenstation zwischen Hawaii und Australien, hatte kürzlich ein Abkommen mit Canberra geschlossen, das Australien faktisch ein Vetorecht bei Tuvalus Außen- und Militärpolitik einräumt.

Unabhängig vom Streit um Lais Reise hat Beijing am Donnerstag Sanktionen gegen 13 US-Rüstungsunternehmen verhängt. Damit reagiere man auf die Ende November in Washington erteilte Genehmigung, US-Rüstungsgüter im Wert von 387 Millionen ­US-Dollar an Taiwan zu liefern, teilte das chinesische Außenministerium mit. Die Einschätzung ist verbreitet, es handle sich dabei um eine symbolische Maßnahme, da US-Rüstungskonzerne ohnehin keine Geschäfte mit China machen dürften. Ganz so einfach liegen die Dinge aber wohl nicht. Als die Volksrepublik im Oktober Sanktionen gegen den US-Drohnenproduzenten Skydio verhängte, musste der bekanntgeben, er müsse die geplante Lieferung von Drohnen an die Ukraine bis wenigstens März 2025 verschieben, da es schwierig sei, chinesische Bauteile zu ersetzen. Skydio beliefert auch das US-Militär.

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