Dax 20.000 – Bitcoin 100.000
Von Lucas ZeiseAls der Deutsche Aktienindex (Dax) in der vergangenen Woche die 20.000-Punkte-Marke glatt übersprang, wurde in seriösen und unseriösen Presseorganen unisono darauf hingewiesen, dass der schnell steigende Index nichts mit dem Zustand der darniederliegenden deutschen Wirtschaft zu tun hat. Der Dax hat 1988 mit 1.000 Punkten begonnen. Mit jetzt über 20.000 signalisiert er also, dass die 40 Unternehmen, deren Aktien im Index enthalten sind, in 36 Jahren um den Faktor 20 wertvoller geworden sind. Jedenfalls an der Börse. Das kommt einem ziemlich absurd vor, entspricht aber der allgemeinen Wahrnehmung von einem boomenden Finanzsektor und einer kaum noch wachsenden Wirtschaft und einem zurückbleibenden Realeinkommen. Wenn man Abstriche macht dafür, dass der Dax als »Performance-Index« berechnet wird, also so getan wird, als wären die ausgeschütteten Dividenden bei den Unternehmen verblieben, und wenn man berücksichtigt, dass die Börsenkurse und der Dax nicht inflationsbereinigt werden, erscheint der langfristige Anstieg des Index nicht mehr ganz so sonderbar, sondern entspricht entfernt dem in dreieinhalb Jahrzehnten erreichten Anstieg der Profite.
Besonders komisch ist, dass deutsche Aktien gerade in diesem Jahr munter gestiegen sind (Dax plus 21 Prozent), in dem die Klagen der Kapitaleigentümer besonders laut ertönen und die Profite im Durchschnitt tatsächlich zurückgehen. Die jüngste Aufwärtsbewegung des Dax, die ihn über 20.000 Punkte führte, hängt eindeutig mit dem 6. November zusammen – nicht etwa, weil an diesem Tag die Berliner Koalition auseinanderbrach, sondern weil an diesem Tag das Ergebnis der US-Wahlen bekanntwurde. In den USA feierten Klein- und Großinvestoren, dass Donald Trump nach den bereits netten Geschenken der Regierung Biden noch mehr Steuersenkungen für die Unternehmen in Aussicht stellte. Und weil der Finanz- und Aktienmarkt der USA 2024 im weltweiten Vergleich noch dominanter ist als in früheren Zeiten, schwappte die Kaufwelle aus überschüssiger Liquidität auch auf Japan, China und die europäischen Aktienmärkte über – darunter auch den Dax.
Viel krasser erwischte es die Pseudowährung Bitcoin. Nachdem Trump mit Paul Atkins einen erklärten Freund dieses Spekulationsobjekts zum künftigen Chef der Börsenaufsicht SEC nominiert hatte, jagte der Preis für ein Bitcoin am Mittwoch über 100.000 US-Dollar. Bei Trumps Wahl hatte die »Kryptowährung« nur 68.000 US-Dollar gekostet. Bitcoins gibt es erst seit 15 Jahren. Um welchen Faktor sich der Preis in dieser Zeit vervielfacht hat, lässt sich nicht angeben, weil er 2009 bei null lag, als das Objekt aus dem Nichts erschaffen wurde. Das ist wohl das Geniale an seiner Konstruktion. Anders als der Dax, der auf verschiedenen Umwegen noch mit der realen Ökonomie verknüpft ist und insofern Wert repräsentiert, besteht der Bitcoin nur aus Finanztransaktion, ist daher reiner Ausdruck der Spekulation. Sie ist nach oben vollkommen offen. Bitcoins und Kryptowährungen allgemein haben in den vergangenen Jahren liebevolle Zuwendung der US-Behörden erfahren. Es wurde gestattet, Optionen, Futures und Fondsanteile auf den Bitcoin-Preis aufzulegen, was immer neue Geldströme herbeigelockt hat. Trump will nach eigenem Bekunden die USA zum »Kryptozentrum des Planeten« machen. Das sind sie längst.
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