Gipfeltheater
Von Gudrun GieseNach dem Ampel-Aus entwickelt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ungewohnten Aktionismus: So hat er nach einem Treffen mit Vertretern der kriselnden bundesdeutschen Stahlindustrie, Branchenbetriebsräten und Gewerkschaften am Montag einen europäischen Stahlgipfel angeregt, der zeitnah stattfinden solle.
Die Bundesregierung, die seit dem Ausstieg der FDP aus der Koalition über keine Mehrheit im Bundestag verfügt, werde sich bei der EU-Kommission dafür einsetzen, dass wichtige Entlastungsinstrumente für die Stahlindustrie bestehen bleiben oder verbessert würden, meldete dpa. Die Kommission solle entschlossen gegen Wettbewerbsverzerrungen durch Dumping und Subventionen vorgehen. Außerdem solle sie weitere handelspolitische Schutzmaßnahmen für den Stahlbereich prüfen. Die »rot-grüne« Rumpfregierung plane weiterhin, für Unternehmen die Netzentgelte zu dämpfen und Betriebe mit hohem Energieverbrauch bei den Stromkosten zu entlasten.
Alles reine Absichtserklärungen, konterte die Opposition – zu Recht. »Die Restampel hat keine Mehrheit mehr und kann nichts mehr aus eigener Kraft umsetzen«, sagte Julia Klöckner, wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Und Jörg Cezanne, Sprecher für Wirtschaftspolitik der Gruppe Die Linke im Bundestag, forderte Bundeskanzler Scholz auf, mit dem »Gipfeltheater« aufzuhören. Längst sei klar, was der Industrie geholfen hätte, worauf sich die zerstrittene Ampelregierung aber eben nicht hätte einigen können. »Es wurde kein Industriestrompreis umgesetzt, und es wurde nicht für eine Streckung der Netzentgelte durch Kredite gesorgt«, so Cezanne. Nun bestehe für viele Elektrostahlkocher die akute Gefahr, wegen der Kostenexplosion pleite zu gehen.
Nach dem Treffen im Kanzleramt zur Krise der Stahlindustrie erklärte Jürgen Kerner, Zweiter Vorsitzender der IG Metall, dass die von der Bundesregierung geplante Deckelung der Stromnetzentgelte bei drei Cent pro Kilowattstunde ein richtiger erster Schritt sei. Doch dürfe er nicht erst nach der vorgezogenen Bundestagswahl von der nächsten Regierung umgesetzt werden. »Wir brauchen jetzt einen international wettbewerbsfähigen Strompreis«, so Kerner laut dpa. Doch den wird es angesichts der Mehrheitsverhältnisse kaum geben.
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