Eine Stimme für ein Papier
Von Nico PoppAm Donnerstag will sich der Thüringer CDU-Chef Mario Voigt im Landtag zu Erfurt zum Ministerpräsidenten wählen lassen. Während kein Mensch darüber spricht, dass mit Voigt ein CDUler im Begriff ist, den Linkspartei-Mann Bodo Ramelow abzulösen – vielleicht, weil die meisten Menschen in Thüringen nach zehn Jahren Erfahrung mit Ramelow gar keinen politischen Bruch erwarten –, wird um so eifriger darüber debattiert, wie Voigt denn nun die für seine Wahl nötigen Stimmen zusammenbekommt. Die drei Parteien der neuen Regierungskoalition aus CDU, BSW und SPD verfügen im Landtag über 44 von 88 Sitzen – ihnen fehlt also zu einer in den ersten beiden Wahlgängen einer Ministerpräsidentenwahl nötigen Mehrheit der Stimmen genau eine.
Nach Lage der Dinge kann diese Stimme nur aus der Fraktion der Linkspartei oder jener der AfD kommen. Da mit der AfD keine der anderen Parteien kooperieren will, läuft die Debatte auf die Frage hinaus, unter welchen Bedingungen die Linkspartei Voigt ohne Stolperstart ins Amt verhelfen könnte. In einem dritten Wahlgang würde Voigt zwar eine einfache Mehrheit von 44 Stimmen reichen, aber das ist gewiss kein von der CDU gewünschtes Szenario.
Von einer Normalisierung des Verhältnisses zur CDU träumt insbesondere die Thüringer Linkspartei seit Jahren. Für die Union gilt allerdings weiter das vom Bundesparteitag beschlossene Kooperationsverbot mit der Linkspartei. Zwar hatte die CDU Ramelows Minderheitsregierung zuletzt de facto toleriert – aber eben ohne formelle Vereinbarung einer Zusammenarbeit.
Eine solche formalisierte Zusammenarbeit will die Thüringer Linke jetzt aber durchsetzen. Am Montag bekräftigte Fraktionschef Christian Schaft, Stimmen aus seiner Fraktion für Voigt werde es nur dann geben, wenn mit den drei Regierungsfraktionen vorher ein Regelwerk für den Umgang miteinander schriftlich vereinbart werde. »Wenn es keine Vereinbarung gibt, gibt es keine Stimmen von uns für den Ministerpräsidentenkandidaten Mario Voigt«, sagte Schaft.
Am Dienstag soll es ein weiteres Treffen zwischen den vier Parteien geben. Im Koalitionsvertrag ist ein offenes Konsultationsverfahren vorgesehen. Die Linkspartei will in der eingeforderten ergänzenden Vereinbarung allerdings festhalten, dass auch nach der Ministerpräsidentenwahl Mehrheiten nur unter den vier Fraktionen gesucht werden. Das lehnt die Thüringer CDU bislang ab – gewiss auch, weil es dort bis in die Landtagsfraktion hinein Kräfte gibt, die gelegentlich auch die AfD »konsultieren« wollen.
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