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Aus: Ausgabe vom 10.12.2024, Seite 6 / Ausland
Chris Hani

Mörder abgeschoben

Südafrika: Attentäter von Antiapartheidkämpfer und SACP-Generalsekretär Chris Hani nach Polen ausgewiesen. Forderung nach neuer Untersuchung des Falls
Von Christian Selz, Kapstadt
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Wütender Protest gegen die Freilassung von Waluś vor dem südafrikanischen Verfassungsgericht in Kapstadt (24.11.2022)

Festtag für die extreme Rechte in Polen: Am Freitag hat Südafrika den Mörder des Freiheitshelden Chris Hani, Janusz Waluś, in sein Geburtsland abgeschoben. Waluś hatte Hani, Generalsekretär der South African Communist Party (SACP) und vorheriger Stabschef des bewaffneten Arms des mit der Partei verbündeten African National Congress (ANC), am 10. April 1993 vor dessen Haus in Boksburg bei Johannesburg aufgelauert und erschossen. Für die Tat wurde er zum Tode verurteilt, die Strafe wurde nach Einführung der demokratischen Verfassung jedoch in lebenslange Haft umgewandelt.

Bereits im Dezember 2022 war Waluś auf Anweisung des südafrikanischen Verfassungsgerichts auf Bewährung freigelassen worden. Seine südafrikanische Staatsbürgerschaft, die er 1986 noch unter dem Apartheidregime erhalten hatte, war dem gebürtigen Polen bereits 2017 wieder aberkannt worden. Daher konnte er nun, nach Ablauf einer zweijährigen Bewährungszeit, unmittelbar nach Polen abgeschoben werden, von wo er 1981 nach Südafrika gekommen war.

In Waluś’ Heimatland tragen Rassisten heute das Konterfei des Mörders auf T-Shirts, er gilt Ultrarechten als Held. In Südafrika werden derweil wieder Stimmen laut, die eine neuerliche Untersuchung der Hintergründe des Mordes fordern. Waluś abzuschieben, ohne dass dieser ein »vollumfängliches Geständnis seiner Tat und der Verschwörung dahinter« abgelegt habe, sei »eine Ungerechtigkeit«, wetterte ANC-Generalsekretär Fikile Mbalula. Ebenso wie die SACP forderte Mbalula neue Ermittlungen. Hanis Witwe warf der Regierung aufgrund der Entlassung von Waluś gar »Verrat« vor. Sie ist der Meinung, dass es noch Beweise gebe, die bisher nicht hinreichend berücksichtigt worden seien, aber noch offene Fragen beantworten könnten. Präsidialamtsministerin Khumbudzo Ntshavheni wies darauf hin, dass eine ganze Reihe von Justizministern Waluś’ Freilassungsgesuche immer wieder abgelehnt hätten, die Regierung sich aber letztlich dem Urteil des Verfassungsgerichts habe beugen müssen. Die Forderung nach einer neuen Untersuchung des Falls solle an das Justizministerium weitergeleitet werden.

Für den Mord an Hani war neben Waluś lediglich der ultrarechte Apartheidpolitiker Clive Derby-Lewis verurteilt worden, der 2015 kurz vor seinem Tod aus medizinischen Gründen freigelassen wurde. Waluś allerdings erfreut sich laut Angaben eines südafrikanischen Justizsprechers guter Gesundheit. 2022 war er kurz nach der Ankündigung seiner Freilassung von einem Mithäftling mit einem Messer angegriffen worden, erholte sich jedoch im Krankenhaus von seinen Verletzungen.

Ob es weitere Auftraggeber oder Mitwisser des Attentats auf Hani gab, wird nun vermutlich nie mehr geklärt werden. Gesichert ist jedoch, dass Waluś in der Absicht handelte, »das Land ins Chaos zu stürzen, um es der Rechten zu ermöglichen, die Macht zu übernehmen«. Das zumindest hat er vor der Wahrheits- und Versöhnungskommission selbst ausgesagt. Er begründete die Tat dort mit seinen eigenen Erfahrungen im kommunistischen Polen. Reue zeigte er nie.

Als Waluś Hani vor den Augen von dessen damals 15jähriger Tochter zunächst mit zwei Schüssen in die Brust niederstreckte und anschließend zweimal aus nächster Nähe in den Kopf schoss, verhandelten SACP und ANC gerade mit dem alten Apartheidregime über einen friedlichen Übergangsprozess zur Demokratie. Die Stimmung war ohnehin aufgeheizt, weil vom Geheimdienst bewaffnete Zulumilizen immer wieder Massaker an ANC-Anhängern verübten. Hani galt zu jener Zeit als designierter Nachfolger Nelson Mandelas, der frühzeitig angedeutet hatte, nach seiner Wahl nur eine Amtszeit an der Staatsspitze verbleiben zu wollen. Als Stabschef der Befreiungsarmee, die erst 1990 die Waffen niedergelegt hatte, genoss der charismatische Kommunist enorme Beliebtheit in der Bevölkerung.

Seine Ermordung brachte Südafrika einen Schritt näher an den Abgrund eines Bürgerkriegs. Doch Waluś’ fanatischer Plan ging nicht in Erfüllung. Auch dank einer emotionalen Fernsehansprache Mandelas, der darin auf die Tatsache einging, dass es eine weiße Südafrikanerin war, die den entscheidenden Hinweis zur Ergreifung des Mörders gegeben hatte, blieb das große Chaos aus. Gut ein Jahr nach Hanis Tod wurde Mandela zum ersten Präsidenten aller Südafrikaner gewählt, die Apartheid war überwunden. Die neue Administration schaffte auch die Todesstrafe ab und baute eine unabhängige Justiz auf – zwei Umstände, denen Waluś sein Leben und seine Freiheit verdankt.

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