Aufgemerkt, Herr Merz
Von Andreas MüllerDer Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat vor wenigen Tagen seinen Vorstandsboss Torsten Burmester geschasst, weil der SPD-Mann im kommenden Jahr Oberbürgermeister von Köln werden möchte. Am vorigen Donnerstag hat man den früheren hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier (CDU) als »Vorstand mit besonderen Aufgaben« bis zum 30. Juni 2025 bestallt, obwohl niemand so genau weiß, was der 72jährige binnen eines halben Jahres bewirken soll. Der DOSB hat seit dem Sommer »olympischen Zusagen« einer Bundesregierung, die gerade am Ende ist. Der Dachverband des Sports hat kein Konzept, geschweige denn eine Bewerberstadt ausgewählt, mit der er ins Rennen gehen will. Trotz alledem tritt der DOSB in den »kontinuierlichen Dialog« mit dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) und bekundet Interesse an der Ausrichtung Olympischer und Paralympischer Sommerspiele zwischen 2036 und 2044 – so das Votum der Mitgliederversammlung vom Sonnabend. Die Voraussetzungen, unter denen die Delegierten in Saarbrücken ihren Beschluss fassten, erinnert stark an die letzte der sieben Bewerbungspleiten. Man dachte, mit der Rhein-Ruhr-Region für 2032 am Start zu stehen und war überrumpelt, als das IOC plötzlich Brisbane kürte.
Man wird sich kaum gegen einen Konkurrenten und gigantischen Sportmarkt wie Indien durchsetzen, wenn man dem IOC nicht wenigstens das Gefühl gibt, mit seinen Spielen willkommen zu sein. Was nicht heißen muss, sich vor den Granden um Noch-IOC-Präsident Thomas Bach im Staub zu wälzen. Man darf sie aber auch nicht angehen, wie es etwa die Wochenzeitung Die Zeit am 25. Juli dieses Jahres tat. Die Botschaft des Artikels mit der markanten Überschrift »Das IOC bleibt ein Erpresserverein«: »Das IOC bleibt eine Bande. Mit ihr darf sich Deutschland nicht einlassen.« Da braucht es erst gar keine neue »NOlympia-Bewegung«.
Wichtiger war in Saarbrücken ohnehin der »Dringlichkeitsantrag«, mit dem sich der Dachverband auf seine eigentliche Rolle besann: ein »Riese des Breitensports« zu sein und als solcher endlich wahrgenommen zu werden. Ganz oben auf der Zehnpunkteliste seht die Forderung nach einer jährlichen »Bundesmilliarde« zur Instandsetzung maroder Sportstätten, am besten begleitet von einer jährlichen »Ländermilliarde«. Weiter werden verlangt: Ein »Paket zur Stärkung und Entlastung des ehrenamtlichen Engagements«, ein »klares staatliches Bekenntnis« zu Freiwilligendiensten und eine »Agenda für den Kinder- und Jugendsport«.
Gut möglich, dass hier schon die Handschrift des neuen DOSB-Vizepräsidenten Martin Engelhardt sichtbar wurde, der als Mediziner seit Jahren immer wieder auf den Zusammenhang zwischen Sport, Bewegung und Gesundheit hinweist. Als Präsident der Deutschen Triathlonunion setzte er sich in einer Kampfabstimmung knapp gegen Jörg Ammon durch, den Präsidenten des Bayrischen Landessportverbandes.
Mit ihrem Dringlichkeitsantrag gaben die Delegierten zu verstehen, was sie von der nächsten Bundesregierung sportpolitisch erwarten. Ein Zukunftsprojekt ist auch der bei nur zwei Stimmenthaltungen gefasste Beschluss, im Kampf gegen interpersonale Gewalt einen »Safe Sport Code« (SSC) einzuführen. Die Interessengemeinschaft »Athleten Deutschland« feierte das euphorisch als »Meilenstein«. Erstmalig sei damit hierzulande im organisierten Sport ein Regelwerk zur Bekämpfung interpersonaler Gewalt verabschiedet worden, das im kommenden Jahrzehnt sukzessive wirken soll. »Das Regelwerk ist elementarer Bestandteil der sich im Aufbau befindlichen Safe-Sport-Regulierung und wird wesentlich zur besseren Bekämpfung von interpersonaler Gewalt im Sport beitragen«, heißt es.
Auf die Euphoriebremse trat die Antikorruptionsorganisation Transparency International, die vor »tückischen Vorgaben« in dem 56seitigen Regelwerk warnt. So lange es das geplante nationale Zentrum für »Safe Sport« noch nicht gebe, fehle eine neutrale, allseits akzeptable Instanz als Ansprechpartner. »Es gibt immer wieder Konstellationen, in denen Vertrauen nur in eine unabhängige, externe Meldestelle besteht«, so Sylvia Schenk, die Leiterin der AG Sport von Transparency Deutschland. Außerdem sei zu fragen, ob Sportorganisationen, die bereits eine »Kultur des Hinschauens« pflegten, mit dem SSC nicht eher benachteiligt würden. Der Entwurf sieht vor, stärker zu sanktionieren, je mehr »Fälle« in einem Verband zutage treten. Dies könne dazu beitragen, lieber wegzuschauen, also eine »Unkultur des Verheimlichens« zu begünstigen, so die Kritik.
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