Paris sucht neue »Partner«
Von Jörg KronauerDie Bemühungen der drei Staaten der Alliance des États du Sahel (Allianz der Sahelstaaten, AES), Mali, Burkina Faso und Niger, endlich wirklich eigenständig, wirklich souverän zu werden, gehen nicht nur mit militärischem, sondern auch mit wirtschaftlichem Einflussverlust der Neokolonialmacht Frankreich im Sahel einher. Jüngstes Beispiel: die immensen Uranvorräte, die sich in Niger befinden. Schon im Juni hatte Niamey dem zu 90 Prozent im Besitz des französischen Staats befindlichen Konzern Orano das Recht zum Abbau in der Uranmine Imouraren entzogen; die Lagerstätte ist eine der größten weltweit. Am 3. Dezember hat die nigrische Regierung nun auch noch die operative Kontrolle über das Unternehmen Somaïr übernommen, das Uran abbaut; Somaïr gehörte bisher zu einem Drittel Niger und zu zwei Dritteln Orano. Der Schritt der Regierung entzieht dem französischen Konzern nun auch noch den Zugang zu der alten Uranlagerstätte Arlit. Müsste sich Orano endgültig aus Niger zurückziehen, es wäre für Paris ein schwerer ökonomischer Verlust.
Und es wäre nicht der einzige. Mag der französische Wirtschaftseinfluss im Sahel zur Zeit besonders schnell schwinden, so geht er in Afrika südlich der Sahara insgesamt klar zurück. Der französische Anteil an der Belieferung der afrikanischen Märkte sei von sieben Prozent im Jahr 2005 auf gerade einmal 3,2 Prozent im Jahr 2023 abgestürzt, hielt Mitte vergangener Woche die französische Abendzeitung Le Monde fest. Anteile gewonnen hätten dabei nicht nur chinesische, sondern auch indische und türkische Unternehmen. Zwar investierten eine Reihe französischer Konzerne noch; andere aber, Banken vor allem, zögen sich zurück.
Was tun? Präsident Emmanuel Macron macht Druck. Ende November empfing er Nigerias Präsident Bola Tinubu in Paris, um die Wirtschaftsbeziehungen auszubauen. Mit dabei waren die Chefs von Konzernen wie Total Energies und Danone sowie nigerianische Wirtschaftsgrößen wie etwa Aliko Dangote, Multimilliardär, Chef der Dangote Group, die unter anderem in der Energie-, der Immobilien-, der Telekommunikations- und diversen weiteren Branchen aktiv ist. Im Sahel sieht es für die französische Wirtschaft desaströs aus? »Die Märkte und die Bevölkerung von morgen sind in Nigeria, nicht im Sahel«, tönte Macron; und auch wenn man in dem Land, dessen Bevölkerung bereits 230 Millionen überschritten hat und weiter rasch wächst, nicht die alten, bequem ausgetretenen kolonialen Pfade beschreiten könne wie im frankophonen Afrika – die Zukunft liege dort. Subtext: Sollen sie doch sehen, wo sie bleiben, die Sahelstaaten; Frankreich kann auch ohne sie.
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