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Aus: Ausgabe vom 12.12.2024, Seite 7 / Ausland
Frankreich

Mehr Ohnmacht als Macht

Frankreich: Staatschef Macron ohne Fortschritt bei Regierungsbildung. Linke Volksfront verlässt gemeinsame Linie
Von Hansgeorg Hermann
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Noch hat er keinen neuen Premier aus dem Hut gezaubert: Macron am Mittwoch in seinem Élysée-Palast

Kein neuer Regierungschef in Frankreich. Auch am Mittwoch, Stand Nachmittag, hat Staatschef Emmanuel Macron keinen neuen Ministerpräsidenten ernannt. Die Geschäfte führt unterdessen Michel Barnier weiter, den eine satte Mehrheit der Nationalversammlung am vergangenen Donnerstag per Misstrauensvotum gestürzt hatte. Macron hatte am Montag und Dienstag nach stundenlangen Gesprächen mit Parteichefs und Fraktionsführern angekündigt, »innerhalb von 48 Stunden« einen Nachfolger für Barnier zu präsentieren – eine Frist, die diesen Donnerstag ablaufen würde. Zwar hat Macron keinen Plan, wie eine künftige Minderheitsregierung seine eigene rechte wirtschaftspolitische Agenda durchsetzen und bis zur nächsten Präsidentschaftswahl im Juni 2027 durchhalten soll. Aber immerhin hat er erreicht, dass die Linkskoalition Nouveau Front Populaire (NFP, Volksfront) ihre gemeinsame Linie aufzugeben begonnen hat.

Vor allem die Sozialdemokraten des Parti Socialiste (PS) schwenkten seit dem Wochenende auf einen Kurs ein, der auf eine bisher von der Volksfront strikt abgelehnte Zusammenarbeit mit Macrons rechter Koalition Ensemble (Gemeinsam) hinausläuft. Wie der Erste Sekretär des PS, Olivier Faure, am Mittwoch in verschiedenen Zeitungs- und TV-Interviews zu erklären versuchte, könne die NFP »zum Wohl der Franzosen nicht immer ›nein‹ sagen«. Ziel sei allerdings nach wie vor, den Staatschef zur Ernennung eines Regierungschefs aus dem linken politischen Lager – den klaren Siegern der Nationalwahlen des 7. Juli – zu drängen.

Faures Angebot für eine Kooperation mit dem Zentrum sei eine linke Regierung, die auf die Anwendung des Verfassungsartikels 49.3 verzichten würde. Mit dem 49.3 können französische Regierungen Gesetzesvorhaben per Dekret und am Parlament vorbei durchsetzen. Als Gegenleistung müsse Macrons Lager auf jeglichen Misstrauensantrag verzichten. Nahezu wortgleich äußerten sich auch die NFP-Partner Marine Tondelier von den Grünen (EELV) und Kommunistenführer Sébastien Roussel.

Mit einigem Entsetzen reagierten am Dienstag die Anführer der stärksten NFP-Formation La France insoumise (LFI) auf die Aussagen der bisherigen Partner. Éric Coquerel, im Parlament Vorsitzender der Finanzkommission, warnte am Mittwoch davor, auf Macrons Linie – seine Politik nun mit Hilfe eines Teils der Volksfront weiterzuführen – einzuschwenken. »Eine solche Vereinbarung wird keine Stabilität bringen«, sagte Coquerel, die Projekte der Volksfront seien »denen der Macronie diametral entgegengesetzt«. LFI-»Organisator« Manuel Bompard verwies auf das politische Programm, mit dem die NFP die Wahlen im Sommer gewonnen hatte: »Das Zentrum muss begreifen, dass es die Wahlen verloren hat und in der Rentenfrage in der Minderheit ist (…). Im Volk wie auch im Parlament existiert eine breite Mehrheit für die Zurücknahme der Reform.« Macron und seine damalige Regierungschefin Élisabeth Borne hatten im März 2023 mit dem seither geltenden Gesetz das Renteneintrittsalter von 62 auf 64 Jahre erhöht.

Erneut als Favorit für die Neubesetzung des Regierungschefs galt am Mittwoch unter anderen Macrons Koalitionspartner François Bayrou, Fraktionschef der Formation Mouvement Démocrate (Modem) und seit Jahrzehnten – der deutschen FDP ähnlich – Mehrheitsbeschaffer für die unterschiedlichsten Parteien in nahezu allen denkbaren politischen Konstellationen. Der dem rechtsliberalen Lager zugerechnete Bayrou war Minister unter einem halben Dutzend verschiedener Regierungschefs unter den Präsidenten François Mitterrand, Jacques Chirac und Macron. Bayrou selbst erklärte sich – wie immer, wenn Regierungsposten zu vergeben waren – »bereit, dem französischen Volk zu dienen«. PS-Chef Faure, der den Steigbügelhalter Bayrou zwar »schätzt«, wie er Mittwoch betonte, ist sich allerdings sicher, dass der Modem-Politiker als Mann des eher rechten Lagers »nicht Ministerpräsident werden kann«.

Der Staatschef selbst bereitete sich unterdessen auf eine Dienstreise nach Korsika vor, wo er als guter Katholik am Sonntag Papst Franziskus in Ajaccio begrüßen wird.

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