Gefeilsche um Kabeljau und Aal
Von Oliver RastDas Prozedere ist kompliziert, besonders in der EU-Fischerei- und Landwirtschaftspolitik. Fangquoten, Fischbestände, Schutzmaßnahmen – alljährlich eine Sache des Aushandelns. Und das läuft so: Zunächst formuliert der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES) eine wissenschaftliche Empfehlung zu den genannten Punkten, anschließend folgt die EU-Kommission in der Regel jener und legt die ICES-Empfehlung dem zuständigen EU-Rat »Landwirtschaft und Fischerei«, also den EU-Ressortministern, zur Beschlussfassung vor. Die haben sich nun geeinigt auf Fangbeschränkungen und zulässige Gesamtfangmengen für die Nordsee und den Nordostatlantik, im Konsens nach zweitägiger Verhandlung, teilte der EU-Rat am Mittwoch mit.
Demnach beschlossen die Minister unter anderem, das Verbot der Dorschfischerei im Kattegat vor der Küste Dänemarks und Schwedens beizubehalten. Ferner haben die Ratsmitglieder zulässige Beifangmengen abgesenkt und eine sechsmonatige Schonzeit für den europäischen Aal, wenngleich mit Ausnahmen, fixiert. Unter dem Strich sei ein ausgewogenes Abkommen ausgehandelt worden, »mit dem die Fischbestände auf einem nachhaltigen Niveau gehalten und die Meeresumwelt geschützt wird«, wurde Ungarns Landwirtschaftsminister István Nagy in der Mitteilung zitiert. Und nicht zuletzt sei der Wirtschaftssektor Fischerei weiterhin lebensfähig.
Svane Bender widerspricht. Der EU-Rat habe abermals die empfohlenen ICES-Quoten maximal ausgereizt, kritisierte die Bereichsleiterin für Naturschutz und biologische Vielfalt bei der Deutschen Umwelthilfe (DUH) am Mittwoch im jW-Gespräch. Vor allem sei damit die Stabilität der Bestände beim Nordseekabeljau und Aal »ernsthaft bedroht«. Speziell beim Kabeljau überschreite die jährliche Fangmenge das vereinbarte Limit. »Wieder einmal.« Bender fordert wirksame Maßnahmen gegen die chronische Überfischung ganzer Fanggebiete.
Welche genau? Etwa welche »gegen illegale Rückwürfe von Beifängen ins Meer und gegen den Einsatz selektiver Fanggeräte bei einzelnen Fischarten«. Nicht zuletzt brauche es strenge Kontrollen, »um das Sterben von für die Fischerei nicht attraktiven Fischen zu verhindern«. Besser wäre indes: ein Fangmoratorium, damit sich Bestände wieder aufbauen könnten.
Davon hält wiederum der Medienreferent des Deutschen Fischereiverbandes (DFV), Claus Ubl, auf jW-Nachfrage wenig. Eigentlich nichts. Denn die DUH-Expertin Bender betreibe »Dramatismus«. Der EU-Beschluss zu den Gesamtfangmengen besage nur, »dass die wissenschaftlich basierte nachhaltige Fischerei fortgeführt wird«. Und: Die Fischbiomasse beispielsweise im Nordostatlantik ist Ubl zufolge in den vergangenen 20 Jahren um mehr als 30 Prozent gewachsen. Fischbestände unterlägen also »natürlichen Schwankungen«, die Populationen nähmen mal ab, mal zu. Darauf reagierten Fischer, passten ihre Fangquoten entsprechend an. Fischer lebten vom Fisch, sie würden ihre Existenzgrundlage vernichten, würden sie die Meere, wie oftmals behauptet, leer fischen.
Dessen ungeachtet, das Aushandeln von Fanggebieten und -mengen ist kompliziert. Jährlich aufs neue.
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