Aus Leserbriefen an die Redaktion
Brückenbauer
Zu jW vom 6.12.: »Fritz Edlinger verstorben«
Wir trauern um Fritz Edlinger, den wir sehr gut gekannt haben. Er hat sich stets für die Menschenwürde eingesetzt und unermüdlich seine Stimme gegen Ungerechtigkeit erhoben. Seine Position zu den israelischen Verbrechen in Palästina war klar und eindeutig: Er hat Israel verurteilt und stand immer auf der Seite der Palästinenserinnen und Palästinenser. Auch zu Syrien hatte er eine klare Haltung – entschieden gegen imperialistische Eingriffe. Ebenso sprach er sich gegen das aus, was in Libyen geschehen ist. Fritz Edlinger war eine Brücke zwischen den Kulturen des Nordens und des Südens. Wir haben mit ihm einen Freund und Genossen verloren, der seine Spuren im Kampf gegen den Zionismus hinterlassen hat. Er wird für immer in unserer Erinnerung bleiben. Wir trauern um ihn.
Chawki Maamoun (Palästina-Solidarität, Komitee »Hände weg von Syrien«), Wien
Vor unserer Haustür
Zu jW vom 6.12.: »›Der Konzern bevorzugt die billigste Lösung‹«
Die Künstlerin Silke Schatz hat eine Campact-Petition gestartet, um die »Manheimer Bucht« bzw. das »Manheimer Loch« zu verhindern und das Sündenwäldchen zu retten: weact.campact.de/petitions/fur-die-rettung-manheims-stoppt-die-geplante-rodung-des-manheimer-waldchens. Die entwidmete Kirche St. Albanus und Leonhardus im Kerpener Stadtteil Manheim »gehört RWE« und verrottet langsam. Die letzte Handvoll Bewohner ist in Verkaufsverhandlungen mit RWE. Der restliche Ort »Manheim-Alt« existiert nicht mehr. Alles ist dem Erdboden gleichgemacht. Darauf hat sich Vegetation ausgebreitet, und Tiere erobern den freigewordenen Lebensraum zurück. Silke Schatz beobachtet die Entwicklung und verarbeitet sie künstlerisch. Sie bietet auch ambitionierte Exkursionen an. Und wieder soll alles im Loch verschwinden, weil RWE billig an handelbaren Sand und Kies sowie an Abraummaterial gelangen will. Enteignung zugunsten einer Privatfirma zur Sicherstellung der Energiesicherheit durch Kohle erlaubt ein deutsches Gesetz. Enteignung zur Gewinnung von Erdmassen erlaubt kein deutsches Gesetz. Trotzdem droht RWE schamlos damit – und die Kontrollbehörden erlauben, was beantragt wird. Das alles geschieht nicht in einer fernen, korrupten Diktatur, sondern in Deutschland vor meiner Haustür anno 2024.
Anke Konietzny, Düsseldorf
Nutzwert: Wirrnis
Zu jW vom 7./8.12.: »Schluss mit Hegel«
Auch dieser Artikel lässt mich eher ratlos zurück. »Collettis Ziel war die Verwissenschaftlichung des Marxismus.« Soll das ernsthaft heißen, dass der Marxismus keine wissenschaftlich begründete Theorie ist, mit der man sich ernsthaft beschäftigen sollte? »Antiidealistischer Marxismus« – sind Idealismus und Materialismus nicht absolut gegensätzliche philosophische Sichtweisen auf die objektive Realität? Welchen Nutzwert außer absoluter Wirrnis soll es haben, diese Gegensätze zu einem ungenießbaren begrifflichen Brei der Art »idealistischer Materialismus« zusammenzumischen? Der dialektische Materialismus sei gar kein Materialismus. Was soll denn da ausgekehrt werden, die dialektische Methode oder das materialistische Verständnis von der Entwicklung der Welt? Oder doch vielleicht beides, damit man zum Schluss beim Weltverständnis eines Silvio Berlusconi andocken kann? Wäre es nicht besser, wir würden uns mehr mit dem beschäftigen, was wir bei Marx, Engels und Lenin lernen können, wenn wir verstehen, sie konstruktiv zu lesen und ihre Methoden schöpferisch auf unsere Zeit anzuwenden? Lucio Colletti hilft uns dabei eher wenig.
Joachim Seider, Berlin
Am lebendigen Leib verblödet
Zu jW vom 6.12.: »Meinungsfreiheit kostet Geld. Ein Aufruf«
Liebe junge Welt! Wir gehen gerade unseren Vorfahren in ihrer Evolution entgegen. Ein Blick in ein x-beliebiges Zeitungsregal reicht, um dieses Dilemma der »Pressefreiheit« zu bemerken. Gefährlich und gewollt. Die Menschheit, so scheint es, verblödet am lebendigen Leib. Wenigen Oasen wird die Arbeit und das Leben schwer gemacht. Meiner Meinung nach gab es selbst in der DDR besseren Journalismus. Die hochgelobte Presse- und Redefreiheit in der Bundesrepublik gab es auch nur so lange, wie sie im Einklang mit der rechtsstaatlichen Ordnung geschah. Ich freue mich über die erfrischend andere Berichterstattung eures Blattes. Ich habe euer 75-Ausgaben-Aktionsabo, lese den Eulenspiegel und hoffe, dass es viele Bürger auch so machen werden. Frohe Weihnachten und viele Abos.
Martin Myler, Halberstadt
Neue »Sklavenbibel«
Zu jW vom 4.12.: »Ein Belehrer in Nairobi«
Im Kern ist der »Besuch« von Robert Habeck ein politischer Winkelzug, den Neokolonialismus wiederzubeleben. (…) Der Selbstversorgung in Folge des Kolonialismus beraubt, sind viele Länder Afrikas auf Hilfe und Unterstützung angewiesen. Dabei achten EU und USA darauf, dass die Hilfe nicht dazu führt, dass die Afrikaner sich befreien und Selbstbewusstsein bekommen. Die Schwelle der Bedürftigkeit und Fremdhilfe darf nicht überschritten werden. Würde das geschehen, wären Missionare und »Entwicklungshilfe« überflüssig und ohne politischen Einfluss. Hinterhältigkeiten, Kriege und Raubzüge der Europäer haben aus Afrika einen traumatisierten Kontinent gemacht. Der Sklavenhandel hat Ländern wie England zu großem Reichtum verholfen.
Um den Sklavenhandel und das Leben als Sklaven positiv zu sehen, hat man in England ab 1807 die »Sklavenbibel« herausgebracht. Dafür hat man die King-James-Version mit ihren 1.189 Kapiteln stark zusammengekürzt (etwa 90 Prozent des Alten Testaments wurden gestrichen, etwa 50 Prozent des Neuen, jW). Die Zusammenstellung der verbliebenen 232 Kapitel sollte den Sklaven suggerieren, dass ihr Sklavenleben Gottes Wille sei und sie danach in den Himmel kämen. Diese gigantische Propagandalüge wurde auch von den Missionaren in Afrika benutzt. Die ideologische Basis der »Sklavenbibel« war damals die Gier nach Reichtum und Profit. Die ideologische Basis hat sich bis heute nicht geändert. (…)
Manfred Guerth, Hamburg
Enteignung zur Gewinnung von Erdmassen erlaubt kein deutsches Gesetz.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!