Treffer. Versenkt!
Von Max OngsiekNach langer Krise haben die schleswig-holsteinischen Werften Flensburger Schiffbau-Gesellschaft (FSG) und Nobiskrug (Rendsburg) Insolvenz angemeldet. Betroffen sind 500 Mitarbeiter. Eigentümer ist der Finanzjongleur und notorische Pleitier Lars Windhorst. Die Amtsgerichte Flensburg und Neumünster bestellten vorläufige Insolvenzverwalter. Christoph Morgen, einer der beiden Insolvenzverwalter, sprach am Donnerstag von ersten »etwas erschreckenden Erkenntnissen« und einer »gewissen Verantwortungslosigkeit der Geschäftsführung«. »Löhne und Gehälter sind mal wieder seit 14 Tagen nicht bezahlt, Sozialversicherungsabgaben nicht abgeführt, Jahresabschlüsse seit über zwei Jahren nicht erstellt«, sagte er nach einer Betriebsversammlung.
Anfang 2019 war der Geschäftemacher Windhorst bei der FSG-Werft eingetreten, im Spätsommer 2019 übernahm dann seine Investmentgesellschaft Tennor die kriselnde Werft ganz. Die Schiffsbauer hatten 2018 zwar unter ihrem früheren Eigentümer, dem norwegischen Schiffahrts- und Offshorekonzern Siem Industries, einen Umsatz von 213 Millionen Euro generiert, aber gleichzeitig einen Nettoverlust von 111 Millionen Euro geschrieben. Auf die Frage, woher Windhorst, der auch schon mal Hauptanteilseigner des Fußballklubs Hertha BSC war, überhaupt das Geld für seine Investitionen nehme, hatte er auf einer Pressekonferenz im Sommer geantwortet: »Wir wollen eben sehr gerne wenig ankündigen und weniger reden, sondern mehr tun. Deswegen sagen wir dazu am liebsten nichts aktuell.«
Tatsächlich hatte die FSG schon im Frühjahr 2020 Insolvenz beantragt. Die Zahlungsunfähigkeit war bald passé, als zum 1. September 2020 mehrere zu Tennor gehörende Gesellschaften die Werft übernahmen. 250 der rund 600 Mitarbeiter wurden damals allerdings nicht übernommen. Ziel der Übernahme war ein Neustart ohne Altschulden und Verbindlichkeiten. Allerdings auch ohne Aufträge. Ein Jahr später wurde der ebenfalls insolvente »Superyachtbauer« Nobiskrug aus Rendsburg übernommen. Gebaut wurde auf den Werften allerdings immer noch so gut wie nichts. Zuletzt warteten die Beschäftigten auf ihr Novembergehalt und auf das Weihnachtsgeld.
Auf jW-Anfrage nennt Dominik Lauck, Pressesprecher der IG Metall Küste, die Hintergründe der Insolvenz. Grundsätzlich gebe es genügend Aufträge im Schiffbau. Allerdings habe Windhorst »bislang den Weg für einen neuen Investor blockiert«. Als Beispiel für dessen verfehlte Firmenpolitik führt Lauck den Bundeswehr-Schwimmkran Griep an. Dessen Instandhaltung sollte bis 2024 abgeschlossen sein: »Es kam mehrfach zu Verzögerungen; vereinbarte Arbeitsfortschritte wurden nicht eingehalten, immer wieder wurden Fristen verlängert, am Ende zog die Bundeswehr den Kran ab.« Und im Fall einer australischen Frachtfähre fehlte es »an dringend benötigtem Material, um die Frachtfähre weiterzubauen, weil kein Geld für das Material da war«, sagt Lauck.
Der IG-Metall-Pressesprecher nennt den Zustand der Werften desolat: »Leider haben Zustand und Bedeutung der Werften unter Windhorst sehr gelitten, weil kein Geld da war, ergo nicht investiert wurde, und viele Arbeitskräfte verloren gegangen sind.« Wie schlecht es um die Nobiskrug-Werft steht, hatte Marcus Krug, dortiger Betriebsratsvorsitzender schon dem NDR-Magazin »Panorama 3« berichtet. Die Werft sei kaum einsatzfähig. TÜV-Prüfungen für die elektrischen und mechanischen Anlagen fehlten. Die Konsequenz sei, dass »die Kollegen nichts zu tun haben« und sich daher mit »Selbsterhaltungsmaßnahmen« wie Grün- und Landschaftspflege sowie mit Straßenarbeiten auf dem Werftgelände beschäftigten.
Die Kritiker sind sich einig: Windhorst habe viel versprochen, aber nichts gehalten. Die Schuld an der Insolvenz sieht Lauck daher ganz klar beim Finanzinvestor: »Für die Lage trägt das Management unter Lars Windhorst die Hauptverantwortung.« Als Lösungskonzept schlägt die IG Metall Küste daher einen »temporären Einstieg des Staates als Anteilseigner« bei Nobiskrug vor. Außerdem müsse »ein Rettungskonzept« her. Es brauche mehr Zeit für einen »Investorenprozess«. Ob für die Werften bald Land in Sicht ist, wird sich allerdings erst in der Zukunft zeigen.
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