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Aus: Ausgabe vom 14.12.2024, Seite 6 / Ausland
Südkorea

Präsident vor Absetzung

Südkorea: Staatschef Yoon hat mit Ausrufung des Kriegsrechts Bogen überspannt und muss sich erneut Misstrauensvotum stellen
Von Martin Weiser
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Die Südkoreaner haben genug von den gefährlichen Umtrieben ihres Präsidenten und zerreißen dessen Konterfei (Seoul, 13.12.2024)

Die Schlinge um Südkoreas Präsidenten Yoon Suk Yeol zieht sich langsam zu. Ihm wurde bereits verboten, das Land zu verlassen. Die Durchsuchung seines Amtssitzes wurde bisher von Yoons Sicherheitsdienst verhindert. Das Büro für die Untersuchung von Verbrechen hochrangiger Amtsträger ließ bereits durchblicken, dass es den Präsidenten verhaften will. Am Mittwoch brachen auch die Medien der Demokratischen Volksrepublik Korea (DVRK) ihr Schweigen und informierten alle Bürger über die Vorgänge im Süden. Wohl wegen der aussichtslosen Lage hielt Yoon dann am Donnerstag eine absurde Verteidigungsrede, die tief in die Gedankenwelt von ihm und seinen verbliebenen Beratern blicken ließ.

Südkoreas Präsident hatte seine Ausrufung des Kriegsrechts und den Soldateneinsatz gegen das Parlament bereits vorher als bloße »Warnung« an die Demokratische Partei heruntergespielt. Diesmal führte er aber noch allerhand hanebüchene Gründe an, warum sein Putschversuch gar keiner gewesen sei. Schließlich hätten jene Soldaten, die er ins Parlament schickte, gar keine scharfe Munition geladen, und bei einem echten Putsch hätte er vorher natürlich noch Wasser und Strom gekappt. Dass er persönlich angeordnet hatte, die Abgeordneten aus dem Sitzungssaal zu zerren, blieb selbstverständlich unerwähnt. Die Tatsache, dass er nachts unter der Woche am 3. Dezember den Kriegszustand erklärte, führte er ebenfalls als Beweis für seine Unschuld an. Dabei ist praktisch jedem klar, dass am Wochenende wesentlich mehr Leute seine Kriegserklärung an die südkoreanische Demokratie mitbekommen hätten und sofort auf die Straße gegangen wären.

Dass die Opposition das Nationale Sicherheitsgesetz abschaffen will, das seit Jahrzehnten zur Unterdrückung linker Positionen eingesetzt wird, beschrieb er als Freibrief für Spione. Haushaltskürzungen für die Nuklearindustrie und für die absurd teure Erkundung angeblicher gigantischer Gas- und Ölfelder im Ostmeer sind für Yoon ein Angriff auf Südkoreas Wirtschaftswachstum. Die Besetzung der Wahlkommission sollte bloß sicherstellen, dass deren IT-System nicht mehr von der DVRK oder anderen gehackt werden kann. In einer unverhohlenen Drohung forderte Yoon seine verbliebenen Anhänger sogar auf, den von ihm beschriebenen Kollaps des Landes aufzuhalten. Er selbst werde auch bis zum bitteren Ende kämpfen. Wie schon vor der Absetzung der Diktatorentochter Park Geun Hye versammeln sich in der Hauptstadt auch rechte, vor allem christliche Aktivisten. Der Mordanschlag auf den Vorsitzenden der Demokratischen Partei Anfang Januar unterstrich, wie bei einigen diese Propaganda wirkt.

Das Parlament wird am Sonnabend mit aller Wahrscheinlichkeit für die Absetzung von Yoon stimmen. Mehrere Abgeordnete der Regierungspartei haben sich bereits dafür ausgesprochen. Der Sonderermittler für Aktienmanipulationsvorwürfe gegen seine Frau wurde bereits mit einer Zweidrittelmehrheit im Parlament eingesetzt. Damit konnte Yoons Präsidentenveto dagegen ausgehebelt werden.

Yoon könnte aber darauf spekulieren, dass sich am Ende nicht ausreichend Verfassungsrichter für seine Absetzung aussprechen. Derzeit sind nur noch sechs von ihnen im Amt, von denen vier von ihm selbst nominiert worden waren. Seit Oktober sind drei Richter nach der vorgeschriebenen Zeit von sechs Jahren am Gericht ausgeschieden. Sollte der Amtsenthebungsantrag dieses Wochenende im Parlament erfolgreich sein, müssten die anderen drei Verfassungsrichter schleunigst ernannt werden, um dieses juristische Schlupfloch zu schließen.

Die Demokratische Partei veröffentlichte Freitag nachmittag Beweise für einen weiteren Versuch Yoons, nach dem 3. Dezember noch einmal das Kriegsrecht auszurufen. Aber die größte Aufmerksamkeit erhielt der Vorwurf des Journalisten Kim Ou Joon, dass es einen Plan gegeben habe, mehrere Politiker und auch den Vorsitzenden der Regierungspartei, Han Dong Hoon, erst festzusetzen und dann zu ermorden. All das wollte man dann Pjöngjang in die Schuhe schieben. Kim Ou Joon betonte, dass er das noch nicht selbst verifizieren konnte. Aber angesichts der Ausmaße des Putsches scheint es zumindest ­denkbar.

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