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Aus: Ausgabe vom 14.12.2024, Seite 7 / Ausland
Nahostkonflikt

»Historische Chance nutzen«

Nach dem Machtwechsel in Damaskus drängt Israels Führung auf eine Zertrümmerung Irans
Von Knut Mellenthin
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Seit Jahren erzählt Israels Premierminister Netanjahu der Weltöffentlichkeit Schauermärchen über den Iran (New York, 27.9.2024)

Am 20. Januar tritt Donald Trump zum zweiten Mal das US-Präsidentenamt an. Sein Übergangsteam prüft angeblich jetzt schon verschiedene Optionen einer aggressiven Strategie gegen die iranische Nuklearindustrie. Sachlich ist darüber nichts zuverlässig bekannt, aber in maßgeblichen politischen Kreisen Israels kann man es offenbar kaum noch abwarten. Es war daher hochwillkommen und fand in den israelischen Medien vorrangige Beachtung, dass das Wall Street Journal (WSJ) am Freitag die Gerüchteküche mit einem langen Artikel anheizte.

Fakten, die nicht ohnehin bekannt sind, hatte die New Yorker Tageszeitung allerdings auch nicht zu bieten. Die ausführliche und detaillierte Darstellung beschränkt sich auf unbestätigte Erzählungen von angeblichen Informanten im Übergangsteam, ohne dass auch nur ein einziger Name genannt wird. Der überraschende Sturz des syrischen Präsidenten Baschar Al-Assad, Irans »geschwächte Position in der Region« und »jüngste Enthüllungen über Teherans wachsende nukleare Arbeiten« hätten »die sensiblen internen Diskussionen« im Trump-Team »turbobeschleunigt«, erzählt WSJ. Dabei hätten sich zwei Hauptoptionen herausgebildet. Die eine sehe eine Verbindung von noch schärferen Sanktionen mit der Entsendung von noch mehr US-Truppen, Kampfflugzeugen und Kriegsschiffen in die Region als Drohgeste vor. Gleichzeitig könnten die Waffenverkäufe an Israel ausgeweitet werden, insbesondere durch Lieferung von noch mehr »bunkerbrechenden« Bomben. Die alternative Option beziehe auch die Möglichkeit ein, israelische Luftangriffe gegen die Hauptstätten des iranischen Atomprogramms in Natanz, Fordow und Isfahan zu unterstützen, bis hin vielleicht zur Beteiligung der USA an einer gemeinsamen Operation.

Anonymen Informanten des WSJ zufolge habe Trump vor kurzem bei Telefongesprächen mit Premierminister Benjamin Netanjahu gesagt, dass er sich Sorgen mache, Iran könne während seiner zweiten Amtszeit den »Breakout«, also die Produktion von Atomwaffen, schaffen. Damit habe er »signalisiert«, dass er auf Vorschläge aus Israel warte, interpretiert das WSJ. Netanjahu hatte schon am 8. November in einem Videostatement behauptet, er habe mit Trump seit dessen Wahlsieg dreimal gesprochen, und beide seien sich völlig einig gewesen »über die iranische Bedrohung in all ihren Bestandteilen«.

Israels politische Führung, die auch alle relevanten Oppositionspolitiker einschließt, preist in diesen Tagen den Umsturz in Damaskus, die »Schwäche Teherans« und »das Ende der ›Achse des Widerstands‹« als einmalig günstige Gelegenheit für militärische »Präventivschläge« gegen Iran – und dann sicher nicht nur gegen die Atomanlagen – an. Die Onlinetageszeitung Times of Israel berichtete am Donnerstag, die nahezu vollständige Zerstörung der syrischen Luftabwehr und die dadurch erreichte vollkommene Luftherrschaft und »Handlungsfreiheit« Israels gegenüber dem Nachbarland ermöglichten nach Ansicht der Streitkräfte »eine sichere Passage«, um Angriffe auf Ziele im Iran durchzuführen.

Die weit rechts agierende Tageszeitung Jerusalem Post veröffentlichte am Tag des Umsturzes in Damaskus Aussagen aus einem Gespräch mit dem früheren Chef des Operationskommandos der israelischen Streitkräfte, Israel Ziv. Der Generalmajor der Reserve rät der Regierung, die »historische Chance« zu nutzen, »um die USA zu überzeugen, Irans Atomprogramm zu treffen«. Washington könnte zumal unter einem Präsidenten Trump »bereitwilliger als je zuvor sein, aus Teherans Moment der Schwäche Vorteil zu ziehen«, meint Ziv. »Israel kann es nicht ohne die USA machen. Wir brauchen sie.« Unter anderem werde zum Zerstören tief verbunkerter Anlagen wie in Fordow eine 13.600 Kilogramm schwere Superbombe der USA benötigt, deren Sprengkraft der von 2.540 Kilogramm TNT entspricht, argumentiert Ziv. Israels Luftwaffe verfüge außerdem nicht über Flugzeuge, die eine so schwere Bombe transportieren könnten.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Harald M. (15. Dezember 2024 um 01:49 Uhr)
    Der sogenannte »Friedenspräsident« Trump entlarvt sich selbst, indem er einen Schlag gegen den Iran fordert (mit dem unbewiesenen Vorwurf der Absicht des Baus von Atomwaffen) und allen klar ist, dass dies die Israelis nicht allein schaffen können und so die USA in einen Krieg im Nahen Osten hineingezogen werden. Damit wäre eines der Hauptziele von Netanjahu erreicht, der schon seit langem den Kriegseintritt der USA gegen die »Feinde« Israels fordert, weil Israel langsam die Kräfte (in ökonomischer, militärischer und personeller Hinsicht) ausgehen. Sie werden sich im Iran eine blutige Abfuhr holen, denn dessen Luftabwehr und Streitkräfte sind noch intakt und die Unterstützung Russlands, evtl. auch Chinas, dürfte auch weiterhin für den Iran weitergehen. Russland braucht den Iran für seinen Nord-Süd-Transportkorridor nach Indien und China braucht weiterhin das Öl aus dem Iran.

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