Wächter des Waldes
Von Sandra Guimarães (Text) und Anne Paq (Fotos)»Sie haben es auf das Chico-Mendes-Reservat abgesehen, weil es ein Symbol ist«, sagt Fernando Maia. Er ist Mitarbeiter des ICMBio, des Instituts »Chico Mendes« für Biodiversität in Brasília. Die Schutzzone, zu Ehren des berühmten Umweltschützers benannt, der 1988 von Viehzüchtern ermordet wurde, erstreckt sich über 970.000 Hektar im Bundesstaat Acre im Nordwesten Brasiliens. Mendes, der eine führende Rolle im nationalen Rat der Kautschukzapfer innehatte, setzte sich für die Organisierung der Arbeiter ein, um bessere Löhne und Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Er baute Allianzen zwischen Gewerkschaften und Umweltorganisationen auf, wobei er betonte, dass ökologische und soziale Gerechtigkeit nicht voneinander zu trennen sind.
In den 1970er und 80er Jahren leistete Mendes aktiven Widerstand gegen das Vordringen der Viehzucht in großem Stil. Dieser Kampf führte zur rechtlichen Anerkennung besonderer Nutzreservate (Resex), die weltweit zu einem Vorbild für gemeinschaftliche Umweltverantwortung wurden. Während konventionelle Naturschutzgebiete den Menschen oft völlig ausschließen und die indigene und lokale Bevölkerung manchmal sogar von dort verdrängt wird, sichern die Reservas extrativistas die Landrechte der traditionellen Gemeinschaften, indem diese dort weiter wirtschaften dürfen.
»Es ist nicht nötig, alle Resex in Brasilien einzeln zu zerstören«, fährt Maia fort. »Es reicht, das Chico-Mendes-Reservat anzugreifen. Denn wenn sie dasjenige zerstören, das als Modell für alle anderen diente, können sie behaupten, dass die Nutzreservate insgesamt nicht funktionieren, und die anderen werden ebenfalls verschwinden.« Mehr als drei Jahrzehnte nach seiner Einrichtung ist das Chico-Mendes-Reservat das Schutzgebiet mit dem größten Abholzungsdruck im Amazonasgebiet. Das Fällen des Waldes für Viehweiden ist für 80 Prozent der Rodungen im Amazonasgebiet insgesamt und für fast 90 Prozent im Nutzgebiet selbst verantwortlich. Nach dem Zusammenbruch der Kautschukindustrie am Amazonas ist der Anbau von Paranüssen in den Vordergrund getreten. Aber er ist saisonabhängig und hat dazu geführt, dass viele Bewohner des Reservats um ihren Lebensunterhalt kämpfen müssen. Viele Familien haben sich daher der Viehzucht zugewandt, um eine bessere Einkommensquelle zu haben.
Die Eröffnung eines Wanderweges und andere gemeindebasierte Tourismusaktivitäten könnten ein neues Kapitel für das Reservat aufschlagen, das im Einklang mit seiner ursprünglichen Aufgabe steht: die Ressourcen zu nutzen und zugleich die Lebensgrundlagen nachhaltig zu schützen. In einer Zeit, in der sich die Natur im Amazonasbecken auf einen Punkt zubewegt, an dem ihre Zerstörung unwiederbringlich wird, kann die Förderung der Gegenwart von Menschen, die den Wald bewachen und vor Rodungen schützen, eine entscheidende Rolle spielen. Das ist jedenfalls die Hoffnung von Severino da Silva, einem langjährigen Bewohner und einer angesehenen Persönlichkeit im Reservat. »Ich glaube, wenn die Leute wegen des Wanderweges kommen, könnte das als Abschreckung für die Viehzüchter dienen. Es wird mehr Augen geben, die mit uns über den Wald wachen.«
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