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Aus: Ausgabe vom 17.12.2024, Seite 6 / Ausland
Polen

Die Wohnungsbaupräsidentin

Polnisches Linksbündnis nominiert die Senatorin Magdalena Biejat für Präsidentschaftswahl
Von Reinhard Lauterbach
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Freute sich sichtlich: Magdalena Biejat nach ihrer Nominierung am Sonntag in Warschau

Als letzte Partei hat auch das polnische Linksbündnis seine Präsidentschaftskandidatin nominiert: Auf einer Veranstaltung in Warschau stimmten die Delegierten am Sonntag einstimmig für die 42jährige Vizepräsidentin des Senats, Magdalena Biejat. Biejat – übrigens die einzige Frau im Rennen – ist Sozialwissenschaftlerin und hat als Übersetzerin des Spanischen gearbeitet, bevor sie hauptberuflich in die Politik ging. Bis zum Herbst dieses Jahres gehörte sie zur kleinen Linkspartei Razem, verließ diese aber, als eine parteiinterne Urabstimmung gegen die weitere Beteiligung an der Tusk-Koalition ausging und sie zwischen der Partei und ihrer politischen Karriere zu wählen hatte. Sie begründete ihre Entscheidung seinerzeit damit, dass es ihr wichtiger sei, »etwas zu bewirken« und nicht immer nur »die Wirklichkeit zu rezensieren«.

Dass dieser Vorwurf nicht völlig aus der Luft gegriffen ist, zeigt die Reaktion ihrer einstigen Genossen auf die Nominierung. Der Kovorsitzende von Razem, Maciej Konieczny, warf Biejat vor, zu ihrer Zeit bei Razem stets erklärt zu haben, für eine Präsidentschaftskandidatur nicht zur Verfügung zu stehen. Dieses Versprechen, das sich natürlich auf eine vom Ausgangspunkt her rein sportlich zu sehende Kandidatur für Razem bezog und mit ihrem Austritt gegenstandslos geworden ist, habe sie nun gebrochen, so Konieczny. Wem gegenüber eigentlich? Und die Razem-Abgeordnete Paulina Matysiak, die selbst gemeinsam mit dem PiS-Politiker Marcin Horała für den Bau eines Großflughafens westlich von Warschau eintritt, kritisierte eine Formulierung in Biejats Kandidaturrede: Sie hatte dort davon gesprochen, die Wohnungsfrage müsse »endgültig gelöst« werden. Der Begriff »Endlösung« wecke böse Assoziationen, so Matysiak.

Biejat legte den inhaltlichen Schwerpunkt ihrer Bewerbungsrede tatsächlich auf die Wohnungsbaupolitik. Sie wolle das Recht des Präsidenten, selbst Gesetze einzubringen, nutzen, um den kommunalen Mietwohnungsbau voranzubringen. Es könne nicht weiter so sein, dass noch im Alter von 35 Jahren die Hälfte der Polen bei ihren Eltern wohnen müsse, weil sie sich keine eigene Wohnung leisten könnte. Wohnen sei ein Recht und dürfe keine Ware sein. Im übrigen blieb Biejat wenig konkret und sprach davon, »versöhnen statt spalten« zu wollen. Einer ihrer Laudatoren nannte sie »eine junge Frau von nebenan«, die ein offenes Ohr für jeden habe, im Unterschied zum »Typen aus der Muckibude« – gemeint ist der mit Unterstützung der rechten PiS antretende Karol Nawrocki, der praktizierender Hobbyboxer ist und als Student als Türsteher in Diskotheken gearbeitet hatte – und dem »Mann aus dem Palast« – das war gemünzt auf den Kandidaten der regierenden »Bürgerkoalition«, den mit seinem Amtsbonus antretenden Warschauer Oberbürgermeister Rafał Trzaskowski.

Für Magdalena Biejat kann es nur darum gehen, in der ersten Wahlrunde ein halbwegs vorzeigbares Ergebnis zu erreichen. Das sollte einerseits nicht sehr schwer sein, denn die vorangegangenen beiden Präsidentschaftskandidaten des polnischen Linksbündnisses, Magdalena Ogórek und Robert Biedroń, hatten mit jeweils etwas über zwei Prozent blamabel schlecht abgeschnitten. Bei der OB-Wahl in Warschau im April hat Biejat immerhin in direkter Konkurrenz zu Trzaskowski knapp 13 Prozent bekommen. Andererseits sind links stehende Wähler in Polen seit Jahrzehnten daran gewöhnt, spätestens in der Stichwahl taktisch abzustimmen und das »kleinere Übel« zu wählen: In diesem Fall wäre das wahrscheinlich Rafał Trzaskowski. Dieser aber hat mit seinem linksliberalen Profil so große Schnittmengen zur weichgespülten Linken, dass sich die Frage stellt, warum man ihn dann nicht gleich wählen sollte. Ihre traditionelle Anhängerschaft unter Industriearbeitern und »kleinen Leuten« hat die polnische Linke seit ungefähr 20 Jahren an die PiS verloren, die die Führungsrolle im »Sozialelektorat« mit ihrer Sozial- und Familienpolitik hat stabilisieren können und die heute für etwa 60 Prozent der Arbeiter als Partei der Wahl gilt.

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