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Aus: Ausgabe vom 20.12.2024, Seite 3 / Schwerpunkt
ALBA-TCP

»Es muss kein neoliberaler Wettbewerb sein«

Basis der Kooperation zwischen Ländern verändern und Bedrohungen abwehren. Ein Gespräch mit Carlos Ron
Von Ina Sembdner, Caracas
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In ihrem Geiste: Bild von Hugo Chávez und Fidel Castro während einer Feier zum 18jährigen Bestehen der Alba-TCP in der kubanischen Nationalversammlung (Havanna, 14.12.2022)

Sie feiern gerade das 20jährige Bestehen der Bolivarianischen Allianz für die Völker unseres Amerika – Handelsvertrag der Völker, kurz Alba-TCP. Welche Bedeutung hat dieses Bündnis?

Nun, es ist ein sehr wichtiges Bündnis, weil es eine andere Art von Integrationsprozess vorantreibt. Die Idee dazu wurde vor allem von den Präsidenten Hugo Chávez und Fidel Castro vor 20 Jahren ins Leben gerufen, damit die Menschen verschiedene Wege finden können, sich auf der Grundlage von Solidarität, Zusammenarbeit und Komplementarität zu organisieren. Es geht nicht darum, miteinander zu konkurrieren oder Handel in einer Weise zu treiben, bei dem man einander feindlich gesinnt ist, sondern vielmehr darum, zu sehen, wie die Länder einander ergänzen und sich gegenseitig in ihrer Entwicklung unterstützen können. Eine weitere wichtige Komponente ist die Einbeziehung der sozialen Bewegungen. Es sind also nicht nur die Regierungen, die innerhalb der organischen Struktur des Blocks eine Rolle spielen.

Was wurde in diesen 20 Jahren erreicht?

Erstens, dass sich die Bewegung als Raum konsolidiert hat. Es begann mit Kuba und Venezuela, jetzt sind es zehn Länder. Die Allianz hat sich als ein Raum entwickelt, der die Menschenrechte, die nationale Souveränität und ein würdiges Leben für die Menschen verteidigt. Die Länder haben dadurch eine gemeinsame Stimme im Weltgeschehen, um eine fortschrittliche, transformative Vision für unsere Länder, aber auch für die Welt, voranzutreiben. Ich glaube, dass wir durch die Zusammenarbeit sichtbare und konkrete Erfolge erzielt haben. Um nur ein wichtiges Beispiel zu nennen: Das Analphabetentum wurde nicht nur in Kuba, sondern auch in Nicaragua, Bolivien, Venezuela und in vielen anderen Ländern beseitigt. Das zeigt, dass Länder, die zusammenarbeiten, Dinge tun können, die das tägliche Leben der Menschen verändern. Das ist die Essenz von Alba.

Was waren schwierige Situationen, denen Sie sich stellen mussten?

Alba befindet sich in einer Position, in der es seine nationale Souveränität und seine unabhängige Politik gegenüber den Vereinigten Staaten verteidigt, die das größte Land in der Region sind, die Supermacht, die der Region traditionell ihren Willen aufgezwungen hat. Dann steht die Allianz natürlich in ständiger Spannung zum Imperialismus, zum Kapitalismus. Das bringt noch mehr Probleme mit sich. Viele der Mitglieder von Alba sind von US-Sanktionen betroffen, aber gleichzeitig hat die Zusammenarbeit und die Solidarität bewiesen, dass selbst mit diesen Sanktionen Dinge getan werden können, wie etwa im Gesundheitswesen oder im Bildungswesen. Sie kann sogar dazu beitragen, die negativen Auswirkungen der Sanktionen zu überwinden.

Im Vorfeld des Gipfels hat der Rat der sozialen Bewegungen eine Agenda für die Arbeit im Bündnis aufgestellt. Was erwarten Sie von den Staats- und Regierungschefs?

Seit 2007 gibt es ein Mandat für einen Rat der sozialen Bewegungen. Was wir vorschlagen, ist die Aufstellung einer konkreten Agenda mit Themen, die gemeinsam angegangen werden können. Wir erwarten, dass die Vorschläge von den Regierungen analysiert und einige von ihnen als Projekte ausgewählt werden, an denen wir arbeiten können. Wir sind sicher, dass wir weitere neue Projekte finden werden sowie weitere Kooperationen. Und wir sind sehr aufgeregt, weil dies wirklich der einzige Ort ist, der einzige Block, der diese Interaktion ermöglicht. Es ist nicht nur ein Ort, an den Bewegungen kommen und eine Erklärung abgeben und dann einfach wieder gehen, sondern ein Ort, an dem es konkrete Aufgaben gibt, die als Teil des Blocks durchgeführt werden.

Was erwarten Sie von den nächsten 20 Jahren?

Ich erwarte, dass wir wachsen und unsere Bemühungen weiter verstärken, um echte und konkrete Lösungen für die Menschen zu entwickeln, um den Lebensstandard zu verbessern und auf eine Veränderung der Art und Weise, wie wir die Welt sehen, zu drängen: Es muss kein neoliberaler Wettbewerb sein. Es muss keine Ausbeutung sein. Es muss nicht eine Welt des Krieges sein. Es kann eine Welt der Zusammenarbeit und der echten Solidarität sein.

Carlos Ron ist stellvertretender Außenminister Venezuelas für Nordamerika und Präsident des Simón-Bolívar-Instituts für Frieden und Solidarität unter den Völkern

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