»Er ist wesentlich harmloser als Alkohol«
Interview: Carmela NegreteAnfang Dezember wurde das 30jährige Bestehen des Hanfmuseums in Berlin-Mitte gefeiert. Was können Besucher dort lernen?
Da gibt es viel zu sehen über den Hanf als Nutzpflanze. Hanf wird für alles Mögliche verwendet, zum Beispiel auch als Dämmstoff im Häuserbau. Bei der Feier gab es einen Stand, an dem gezeigt wurde, wie man Häuser komplett aus Hanf bauen kann. Die, die mit Nutzhanf arbeiten, beklagen aber, dass in Deutschland zu wenig Hanf angebaut wird. Dabei lassen sich so viele Dinge daraus herstellen. Man kann die Pflanze eben nicht nur rauchen, sondern auch Papier und Textilien, Kosmetika, Lebensmittel und anderes daraus machen.
Wie begann Ihr Weg als Unterstützerin der Hanflegalisierung in Deutschland?
1985 erschien in den USA Jack Herers Buch »The Emperor Wears No Clothes«. Die deutsche Fassung erschien 1993 unter dem Titel »Die Wiederentdeckung der Nutzpflanze Hanf«, herausgegeben von Mathias Bröckers. Dort werden die vielen Nutzungsmöglichkeiten von Hanf geschildert. Im selben Jahr beschloss ich, mit Freunden etwas für die Legalisierung tun. Wir stießen auf eine Anzeige von Eva Hodge, die die Gründung des Vereins »Hanf als Nutzpflanze fördern«, kurz: H. A. N. F., initiiert hatte. Da sammelten sich dann ein paar Leute, die das Museum mitbegründeten. Wir entwarfen eine Satzung für den Verein, der dann Träger des Museums wurde. Mit Eva Hogde zusammen gab ich auch eine Zeitschrift heraus, das Hanf Forum. 1995 warben wir mit Ständen an der Weltzeituhr am Alexanderplatz für die Legalisierung. Zusammen mit anderen war ich auch eine Initiatorin der ersten Hanfparade 1997.
Wie wurde die Hanfparade damals aufgenommen?
Sie hat viel Aufsehen erregt. Die Medien waren sehr interessiert. Es waren viele Leute da, wir hatten ja auch bundesweit mobilisiert. Natürlich war auch die Polizei da, um alles zu filmen. Einmal wurde bei einer Hanfparade ein Stand, wo es normale Faserhanfpflanzen gab, von Polizisten abgeräumt.
Hattet ihr Unterstützung aus der Politik?
Also bei dem Museum sind politische Parteien nicht involviert. Die Hanfparade wurde unterstützt von Grünen, von der SPD, von der Linken und auch der FDP. Also doch eine breite Unterstützung. Die CDU war natürlich dagegen. Sie hat schon angekündigt, dass sie die Teillegalisierung wieder rückgängig machen will. Ob das so einfach geht, ist fraglich. Denn die potentiellen Koalitionspartner der CDU haben ja alle dieses Gesetz mit verabschiedet.
Was sagen Sie zu dem neuen Cannabisgesetz?
Es ist ein Anfang, allerdings ist noch einiges unausgegoren. Doch es ist ja geplant, dass lizenzierte Fachgeschäfte auch Hanf verkaufen können. Diese Geschäfte soll es aber zuerst nur in einigen Gemeinden geben, die das beantragt hatten, und sollen als Modellprojekte dienen, die im Sommer evaluiert werden. Bis dahin gibt es nur die Cannabis Social Clubs, die das Problem haben, dass die Genehmigungsverfahren schleppend laufen. Die Behörden wissen noch nicht, wie sie damit umgehen sollen. Viele Vereine haben schon investiert, konnten aber bislang nicht aktiv werden. Das verunsichert die Leute. Außerdem haben viele noch ein bisschen Angst, ihre persönlichen Daten bei diesen Vereinen speichern zu lassen.
Warum haben deutsche Konservative ein Problem mit Hanf, aber keins mit Alkohol?
Ich denke, viele haben Vorurteile. Es gibt ja Studien, die zeigen, dass Hanf lange nicht so gefährlich ist, wie es immer dargestellt wird. Er ist wesentlich harmloser als Alkohol. In vielen Bereichen ist Hanf aber eine Konkurrenz, etwa zu manchen chemischen Produkten, und deswegen wird dagegen gearbeitet.
Seit wann wird Hanf in Deutschland kultiviert?
Bauern haben Hanf jahrhundertelang angebaut, vor allem als Faserhanf. Oft haben sie dann die Blüten in der Pfeife geraucht. Aufgrund des Knisterns, das entsteht, wenn man die Samen mitraucht, sprachen die Bauern vom Knaster. Es gibt ein Gedicht von Friedrich von Logau aus dem 17. Jahrhundert, da geht es um den Konsum von Hanf.
Petra Namyslo ist eine der Gründerinnen des Hanfmuseums in Berlin.
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Leserbrief von Silke B. (21. Dezember 2024 um 20:51 Uhr)Gut fände ich eine vollkommene Legalisierung von Cannabis - und im Gegenzug ein Verbot von Hartalk wie Wodka, Whisky und ähnlichem .. Das würde alles ein bisschen an die richtige Stelle rücken und eher weiche Drogen von den wirklich harten Drogen trennen und für ausgleichende Gerechtigkeit sorgen. Ein generelles Verbot von Drogen, wie es hier einige zu befürworten scheinen, halte ich nicht für zweckmäßig. Verbote haben Drogen nie wirklich abschaffen können und ich denke, sie gehören in einem gewissen Maß auch zur Menschheitsgeschichte dazu. Eine Trennung des Marktes für harte Drogen wie Hartalk, Crack, Kokain und Heroin und eher weichere und eher natürliche Drogen wie Wein, Bier und Cannabis (Schwarzmarkt und legaler Markt) wäre vielleicht auch ein Schutz für Gefährdete, die so nicht mehr ganz so schnell in Kontakt zu den harten Drogen kämen, wie es jetzt der Fall ist. Man könnte vielleicht das allzu hochgezüchtete Cannabis auch zurückzüchten. Und warum sollte die Junge Welt nicht allgemeine Themen der Gesellschaft aufgreifen? Finde ich in Ordnung. Viele Junge-Welt-Leser dürften von der ungerechten und sinnfreien Cannabisverbotspolitik, die viele Menschen kriminalisiert, und die keine wirklichen Argumente bringt, unmittelbar betroffen sein.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (20. Dezember 2024 um 12:28 Uhr)Es gibt nichts besseres als Hanf. Jedenfalls zur Dichtung von Rohrgewinden, meint mein Installateur. Rohrgewinde gibt es kaum noch, Rohre werden nur noch verpresst, na ja, den einen oder anderen Wasserhahn muss man schon noch einschrauben. Bei der Diskussion über Hanf sollte man tatsächlich über die historisch-praktische Bedeutung dieser Nutzpflanze diskutieren: »Die einzelnen Bestandteile der Pflanze (Fasern, Samen, Blätter und Blüten) werden ungenauerweise ebenfalls als Hanf bezeichnet. Aus diesen Pflanzenteilen können, je nach verwendeter Art oder Subspezies, verschiedene Produkte hergestellt werden: Seil (aus Fasern des Stängelbasts), Textilien (aus Fasern des Stängelbasts), Dämmstoff (aus Fasern des Stängelbasts), Papier (aus Fasern des Stängelbasts), Werg (aus Fasern des Stängelbasts), Speiseöl (aus den Samen), ätherisches Öl (aus destillierten Blättern und Blüten) Marihuana (aus getrockneten weiblichen Blütenständen und Tragblättern). Haschisch (aus Harz der weiblichen Pflanzen)« (aus wikipedia). Dass heute Hanfsorten mit sehr hohem THC-Gehalt existieren, hängt genau mit der Verteufelung von Cannabis zusammen, die wiederum auf das Interesse von DuPont zurückgeht. DuPont konnte so seine Kunstfasern im Marktsegment der Hanffaser etablieren, und die kriminalisierten THC-Konsumenten züchteten für ihre Zwecke geeignete Sorten.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Franz S. (20. Dezember 2024 um 11:00 Uhr)Es fällt schon auf, wie häufig Geschäftsmodelle wie Verkauf von Hanf oder Feuerwerkskörpern in der jungen Welt positiv begleitet werden. Schön auch die Suggestivfrage: »Warum haben deutsche Konservative ein Problem mit Hanf, aber keins mit Alkohol?«
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (19. Dezember 2024 um 20:02 Uhr)Mit dieser Logik kann man auch das Rauchen propagieren. Das vernebelt die Sinne noch weniger. Liebe jW, wofür werft ihr euch mit solchen Artikeln in die Bresche?
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