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Aus: Ausgabe vom 20.12.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
»Umweltverantwortungsinitiative«

Unverbindliche Initiative

Schweiz: »Umweltverantwortungsinitiative« der Jungen Grünen bleibt vage. Zuspruch und Ablehnung aus dem bürgerlichen Lager
Von Dominic Iten
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Umweltverantwortung in der Schweiz: Das AKW Gösgen an der Aare

In der Schweiz soll im Februar über die »Umweltverantwortungsinitiative« abgestimmt werden. Initiatoren sind die Jungen Grünen, ihr Ziel ist die verfassungsrechtliche Verankerung des Umweltschutzes – mit höchster Priorität: Ökologische Nachhaltigkeit soll in der Schweizer Verfassung an erster Stelle stehen. Die Initiative fordert eine Wirtschaft, die innerhalb ihrer planetaren Grenzen operiert. Wirtschaftliche Tätigkeiten sollen nicht mehr Ressourcen verbrauchen und Schadstoffe freisetzen, als es der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen erlaubt. Für die Umsetzung dieser Ziele setzt die Initiative eine Frist von zehn Jahren.

Der Bundesrat und das Parlament lehnen die Initiative erwartungsgemäß ab. Zahlreiche »Vorschriften und Verbote« wären die Folgen, der Konsum werde eingeschränkt, die Wirtschaft geschwächt, so die Kritik. Ein überparteilicher Zusammenschluss hat der Initiative überdies am Montag den Kampf angesagt: Die bürgerliche Allianz aus Freisinnigen (FDP), die rechte Schweizerische Volkspartei (SVP) und die »Mitte« hält die »Verarmungsinitiative«, wie sie sie nennt, für »utopisch, unsinnig und unverantwortlich«.

Diese werde auf »höhere Preise und Konsumverbote« hinauslaufen – und dabei vor allem die Ärmsten treffen. Erstens würden die Preise für Öl, Gas, Benzin und Grundnahrungsmittel explodieren. Zweitens müsste der Staat wegen Ausfall von Steuereinnahmen seine Leistungen radikal kürzen. Und drittens würden wohlhabende Steuerzahler das Land verlassen, um dem »ökologischen Korsett« zu entgehen.

Ein altbekanntes Muster: Fühlt das Kapital sich angegriffen, folgt umgehend die Drohung, alle Reichen würden das Land verlassen. Dahinter steckt die hundertfach widerlegte Prämisse, dass letztlich alle von einem »starken Wirtschaftsstandort« und dem Wohlstand der Wenigen profitieren würden. Eine übereilte Reaktion: Die Initiative dürfte dem Kapital im Falle einer Annahme kaum gefährlich werden. Der ihr zugrunde liegende Text legt keine konkreten Maßnahmen zur Umsetzung der Forderungen fest. Was »umweltverträglich konsumieren« bedeutet, ist nicht erklärt. Die Initianten wollen ihr Ziel mit »sozialverträglichen« Maßnahmen erreichen – auch was das bedeutet, bleibt unklar. Die Produktion, und damit die wirklich umweltbelastende Seite der Wirtschaft, wird ohnehin vernachlässigt.

Die Jungen Grünen hätten »die Bürgerlichen alarmiert«, wollten »im Marschtempo in eine schöne neue grüne Zukunft«, hieß es in der Boulevardzeitung Blick. Die Initiative bringe die Schweizer Wirtschaft zum »zittern«, hieß es da. Die in die Herrschaftsarchitektur eingegangenen Grünen fordern lediglich zahnlose Reformen, die sie mit der Rettung des Planeten begründen. Was sich nun im Vorfeld der Abstimmung abspielt, ist demzufolge bestenfalls ein Schattengefecht, wo alle ein bisschen mitmischen dürfen.

Denn Unverbindlichkeit ist bei den an der Initiative beteiligten Parteien Teil einer Strategie geworden, um Mehrheiten für ihre Anliegen zu sammeln – das prominenteste Beispiel war die 13. AHV-Rente. Es wurde als beispielloser Erfolg gefeiert, dass das Initiativkomitee gegen eine Phalanx aus bürgerlichen Parteien und liberalen Wirtschaftsverbänden den Ausbau der Altersversorgung durchsetzen konnte. Doch wurde dieser nur möglich, weil die Initiative Fragen zur Finanzierung offen ließ: In der Folge entschied sich das Parlament für eine Finanzierung mittels erhöhter Mehrwertsteuer. Der »Umweltverantwortungsinitiative« droht ein ähnliches Schicksal, letztlich zulasten derer zu geraten, die vorgeblich von ihr profitieren sollen.

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