Zukunft gegen Rendite
Von David MaiwaldEinigung bei Volkswagen! Betriebsrat und Vorstand hätten in der Tarifauseinandersetzung beim Autobauer einen Kompromiss erzielt: Wie das Handelsblatt am Freitag nachmittag mit Verweis auf »mit den Vorgängen vertraute Personen« berichtete, will VW das Werk in Osnabrück dem Beschluss zufolge verkaufen, laut Bild womöglich an einen Rüstungskonzern. Die »gläserne Manufaktur« in Dresden werde umgewidmet odergeschlossen. Die Werkstandorte in Zwickau und Emden sollen den Zuträgern zufolge nicht länger auf der Streichliste stehen. Am Nachmittag sollten Beratungen der Verhandlungsspitzen von VW und IG-Metall-Tarifkommission stattfinden. Weder Konzern noch Gewerkschaft wollten sich vor Ablauf der Gespräche äußern, die IG Metall lud noch am Freitag nach jW-Redaktionsschluss zu einer Pressekonferenz.
Die Gewerkschaft hatte Werkschließungen in den vergangenen Wochen kategorisch abgelehnt. Die Ankündigung von »erbittertem Widerstand« unterstrich sie dann durch Warnstreiks Hunderttausender VW-Beschäftigter. Der Kampf für den Erhalt jedes einzelnen Standortes sehe sich in Vorstand und Aufsichtsrat jedoch »einzelnen Vertretern« gegenüber, »die einen harten Sanierungskurs fordern und damit massive Konfrontationen mit dem Betriebsrat riskieren wollen«, hieß es im Handelsblatt.
Der Financial Times von Donnerstag zufolge hatte der Milliardärsclan Porsche-Piëch klargemacht, es sei notwendig, »das Unternehmen auf die richtige Größe zu bringen, um langfristige Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen«. Mit ihrem Plan von Ende November, Renditen und Vorstandsgehälter zu begrenzen, war die IG Metall dem Clan offenbar auf die Pelle gerückt: Die größten Profiteure des Unternehmens fühlten sich laut Financial Times »von der Gefahr sinkender Dividenden« bedroht, die ihre Anteilsvergrößerung bei der Porsche SE finanzieren sollten.
Der Druck ist groß. Seit Montag hatten IG Metall und VW über fünf Tage lang das weitere Vorgehen beim Konzern verhandelt. Nachdem der Konzernvorstand sämtliche Tarifverträge mit der Gewerkschaft aufgekündigt hatte, wurde im Grunde nur noch über das – nach Worten des Handelsblatts – »milliardenschwere Sparpaket für den Umbau des Autoherstellers« verhandelt. An Gehaltssteigerungen, wie zuerst von der Gewerkschaft gefordert, war nach der Drohkulisse des Konzernvorstands um den Vorsitzenden Oliver Blume schon nicht mehr zu denken. Dieser hatte Einsparungen mit einer Zielmarke von vier Milliarden Euro ausgegeben, von der Belegschaft Lohnkürzungen gefordert. Die Einigung werde »das avisierte Sparziel nun erreichen«, hieß es im Handelsblatt. Sollte sich Verkauf, Schließung oder etwas dazwischen bei den Standorten Osnabrück und Emden bewahrheiten, wäre das eine harte Niederlage für die Gewerkschaft.
Zumal der Kahlschlag an der Belegschaft die Krise des Konzerns nicht lösen wird. Denn weder Lohnverzicht noch Werkschließungen werden die Absatzprobleme am inner- und außereuropäischen Markt lösen. Die schmerzhaften Einbußen in China werden sich bei Massenentlassungen an deutschen Standorten ebensowenig verringern, wie sie Verkaufsbedingungen für Elektrofahrzeuge verbessern können. Auch die SPD-geführte niedersächsische Regierung, immerhin 20prozentiger Anteilseigner von Volkswagen, hatte Werkschließungen zuletzt abgelehnt. Bleibt abzuwarten, ob das auch für die im Raum stehende Schließung oder künftige Waffenproduktion gilt – Sicherheit für die Volkswagen-Beschäftigten bedeutet letztlich keines von beidem.
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