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Aus: Ausgabe vom 21.12.2024, Seite 4 / Inland
»Kriegstüchtigkeit« der Bundeswehr

Vorauseilende Absagen

Ministerium: Mehr Reservisten und »Ungediente« verweigern den Kriegsdienst. Pistorius strebt offenbar höheres Personalziel an
Von Kristian Stemmler
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Bereit für die Front? Bundeswehr-Soldaten in Volkach (1.10.2024)

Diese Statistik dürfte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), der das Land unbedingt »kriegstüchtig« machen will, nicht gefallen: Seit Beginn des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 ist die Zahl der Kriegsdienstverweigerer stark angestiegen, weil offenbar immer weniger Männer und Frauen bereit sind, sich im Ernstfall als Kanonenfutter herzugeben. Allein in diesem Jahr haben bis Ende Oktober 2.468 Menschen einen entsprechenden Antrag gestellt, wie Bild online am Donnerstag abend unter Berufung auf einen Ministeriumssprecher berichtete. Das sind 50 Prozent mehr als 2023 (1.609) und elfmal so viele wie 2021 (209), also vor dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine.

Unter den Kriegsdienstverweigerern sind auch aktive Soldaten, allerdings vergleichsweise wenige. Für dieses Jahr beläuft sich deren Zahl bis zum Stichtag auf 136, seit Februar 2022 insgesamt 549. Verantwortlich für den Anstieg sind vor allem Reservisten und »Ungediente«, bei denen der Krieg im Osten offenbar die Befürchtung geweckt hatte, doch noch zum Dienst an der Waffe gerufen und an die Front geschickt zu werden. Laut Ministerium wurden bis Oktober 840 Anträge von Reservisten und 1.492 »Ungedienten« gezählt, 2021 waren es nur zehn bzw. 23.

Bei Bild sorgt man sich vor allem um die aktiven Soldaten und Reservisten, die nach dem Februar 2022 den Kriegsdienst verweigert hatten. Es würden »oftmals die Falschen rekrutiert«, die Werbekampagnen der Bundeswehr versprächen »einen angenehmen Wohlfühljob«, doch eine Armee brauche »Kämpfer«, zitiert das Blatt den Militärhistoriker und Reserveoffizier Matthias Strohn, der an der englischen Privatuniversität Buckingham lehrt.

Am Freitag befasste sich der Bundesrat mit dem Wehrdienstmodell von Pistorius, mit dem unter anderem eine Auskunftspflicht für junge Männer über ihre Bereitschaft zum Wehrdienst eingeführt werden soll. Derzeit dienen rund 180.000 Soldatinnen und Soldaten beim Militär, dazu kommen rund 60.000 Reservisten. Das ist dem Ministerium deutlich zu wenig. Die offiziell von der Bundeswehr angestrebte Personalstärke zum Anfang des kommenden Jahrzehnts liegt bislang bei 203.000. In der Fragestunde des Bundestages am Mittwoch hatte Pistorius davon gesprochen, die Zahl von wahrscheinlich eher 230.000 Soldaten und Soldatinnen anzustreben, wie der Journalist Thomas Wiegold am Mittwoch nach der Ausschusssitzung auf augengeradeaus.net berichtete. Das hänge mit den Planungen der NATO zusammen. Zu dieser aktiven Truppe kämen noch Reservisten hinzu.

Das Verteidigungsministerium legte demnach Wert auf die Feststellung, dass der Minister sich mit seiner Aussage in der Regierungsbefragung nicht festgelegt habe. So müssten die »Minimum Capability Requirements«, also die Mindestanforderungen an die militärischen Fähigkeiten eines Bündnispartners, erst noch unter den NATO-Mitgliedern abgestimmt werden. Pistorius habe nur ein Beispiel genannt, in welche Richtung es gehen könnte, sagte ein Sprecher.

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