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Aus: Ausgabe vom 21.12.2024, Seite 5 / Inland
Weservertiefung

Baggern auf Biegen und Brechen

Weservertiefung unnötig, Projekt für Hunderte Millionen trotzdem weiterhin in Planung. Umweltverbände kontern mit zwei Studien
Von Burkhard Ilschner
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Die Weser zwischen Brake (Unterweser) und Nordenham: Umweltschützer warnen vor katastrophalen Folgen bei Vertiefung des Flusses

Die Umweltverbände BUND und WWF Deutschland haben zum Jahresende die nächste Runde im Streit um die geplante Weservertiefung eingeläutet: Mit zwei fundierten Studien untermauern die Organisationen ihr bereits wiederholt vorgebrachtes Argument, dass die behördlich geplanten Maßnahmen gar nicht nennenswert hilfreich für die Schiffahrt seien.

Seit mehr als 30 Jahren plant die Wasserstraßen- und Schiffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) im Auftrag der Länder Bremen und Niedersachsen eine weitere Ausbaggerung sowohl der Außenweser – der Zufahrt von der Nordsee nach Bremerhaven – als auch der Unterweser, des Flussabschnitts zwischen Bremerhaven und Bremen. Politik und maritime Wirtschaft werden nicht müde, dieses Vorhaben mit wachsenden Schiffsgrößen und folglich nötigen größeren Fahrwassertiefen zu begründen, um sich im Wettbewerb mit anderen Häfen von Hamburg bis Rotterdam und Antwerpen behaupten zu können. Alle vorgebrachten Gegenargumente von Umweltschützern, Deichverbänden, Landwirtschaft, Wassersport, Tourismuswirtschaft oder Anliegern werden kleingeredet.

Das erste amtliche Verfahren scheiterte 2016 vor dem Bundesverwaltungsgericht. Das hinderte die Planer aber nicht, sogleich einen neuen Versuch zu starten. Momentan werden zwei neue Planfeststellungsverfahren für die Vertiefung der Außenweser und der Unterweser zwischen Bremerhaven und Brake vorbereitet; auf den Abschnitt Brake–Bremen hat man inzwischen verzichtet. Zwar ist die Liste der Bedenken mittlerweile immer länger, der Widerstand in der Region immer breiter geworden. Selbst in regierenden Parteien murren Teile der jeweiligen Basis gegen die mehrere hundert Millionen Euro Steuergelder verschlingenden Vorhaben. Trotzdem drängen Wirtschaftsverbände und maßgebliche Teile der Politik weiter auf baldige Umsetzung.

Dem setzen BUND und WWF ihre beiden Positionspapiere entgegen. Die erste Studie »Kein Bedarf an weiterer Vertiefung der Außenweser« wurde am 3. Oktober veröffentlicht, am Freitag erfolgte die öffentlichkeitswirksame Vorstellung der zweiten Studie »Kein Bedarf an weiterer Vertiefung der Unterweser«. Trotz aller Differenzierung lassen sich beide Dokumente gleichlautend zusammenfassen: Der Nutzen eines Ausbaus wäre minimal, der ökologische Schaden aber groß.

Untersucht haben die Verbände die Statistiken über die Tiefgänge der in Bremerhaven und Brake ein- und auslaufenden Schiffe. Es handelt sich um Daten, die die Schiffe auf Grund internationaler Vorschriften mittels ihres Automatischen Identifikationssystems (AIS) kontinuierlich senden müssen. Für das Jahr 2023 haben BUND und WWF diese Tiefgangswerte in Beziehung gesetzt zu natürlichen und logistischen Daten: Welcher Flussabschnitt ist heute mit welchen Tiefgängen bei Ebbe oder Flut befahrbar? Wie viele Schiffe erreichen oder verlassen den jeweiligen Hafen mit welchen Tiefgängen? Und: Welche neuen Tiefgänge sollen durch die geplanten Ausbaggerungen trotz aller zu erwartenden Risiken erreicht werden?

Für die nautische Erreichbarkeit Bremerhavens kommt die »Außenweser-Studie« zu dem Schluss, dass eine weitere Vertiefung überflüssig sei, weil die heute schon möglichen Tiefgänge nicht ausgenutzt würden: Alle größeren ein- wie auslaufenden Schiffe hatten im Vergleich zu den zulässigen Maximaltiefgängen noch Reserven, einige wenige von einem halben, anderthalb Dutzend von bis zu einem Meter. Nur ein Bruchteil der Großcontainerschiffsverkehre, ein- wie auslaufend, sei überhaupt für eine solche Betrachtung relevant und könne so von einer Vertiefung profitieren. Der Grund ist hydrodynamischer Natur: Bremerhaven verfüge über ausgedehnte sogenannte »Tidefenster«, also Hochwasserphasen, die tideabhängigen großen Seeschiffen ausreichend Gelegenheit zum Ein- oder Auslaufen geben.

Die Auswertungen der »Unterweser-Studie« führen laut den beiden Verbänden zu einem ähnlichen Ergebnis: Auch eine Vertiefung der Strecke Bremerhaven–Brake scheint unnötig. 2023 hätten nur zehn von 873 einlaufenden Seeschiffen den heute maximal möglichen Tiefgang von 11,90 Metern ausgeschöpft, von den auslaufenden Schiffen kein einziges. Die Planer behaupteten zwar, die Vertiefung sei notwendig, weil die durchschnittliche Tonnage der Brake anlaufenden Schiffe seit vielen Jahren kontinuierlich zunehme. Aber die Auswertung der Schiffsstatistik zeige dafür keine Anhaltspunkte.

Bislang allerdings setzen die Befürworter eher auf Wunschdenken als auf Fakten: Die eigentliche Frage müsse lauten, welche Schiffe bei Vertiefung gekommen wären, zitierte Radio Bremen im Oktober den »Wirtschaftsverband Weser«.

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