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Aus: Ausgabe vom 21.12.2024, Seite 7 / Ausland
Frankreich

Die Justiz am Bein

Frankreich: Sarkozy wird in letzter Instanz verurteilt. Entscheidung wirft erneut Schlaglicht auf eine korrupte Politikerkaste
Von Hansgeorg Hermann
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Späte Strafe: Expräsident Sarkozy muss neuerdings auf gewohnte Eskapaden verzichten (Paris, 3.2.2015)

Frankreichs früherer Staatschef Nicolas Sarkozy ist seit Mittwoch ein in letzter Instanz verurteilter Straftäter. Das oberste Gericht des Landes, die Cour de Cassation, bestätigte die Entscheidungen der beiden vorangegangenen Prozesse in allen Punkten. Der Präsident der Jahre 2007 bis 2012 wurde wegen »aktiver Korruption und illegaler Einflussnahme« mit drei Jahren Freiheitsentzug bestraft – zwei Jahre davon auf Bewährung und ein Jahr in geschlossener Haft, die er freilich zu Hause mit einer elektronischen Fußfessel absitzen darf. Sarkozy verlor darüber hinaus für die Dauer von drei Jahren sein aktives Wahlrecht und darf seinem Beruf als Rechtsanwalt nicht mehr nachgehen. Nicht nur dieser eine Prozess – Sarkozy wartet noch auf die anstehenden Urteile in mindestens zwei anderen Straf‑sachen – gibt nach allgemeiner Einschätzung den Blick auf ein von Korruption durchsetztes und ständig durch Interessenhandel bedrohtes politisches System frei.

Besonders in Sarkozys Regierungsjahren wurden persönliche Vorteile und Interessen der Partei oder befreundeter Wirtschaftsbosse bisweilen schamlos durchgesetzt. Neben dem früheren Präsidenten stand quasi die Hälfte seiner Regierung in den vergangenen Jahren vor Gericht und wurde bestraft: Exministerpräsident François Fillon – der sich nicht einmal seine maßgeschneiderten Anzüge und Jacken selbst kaufte, sondern sie von befreundeten Gönnern bezahlen ließ – wegen Korruption, und wegen ähnlicher Delikte die ehemaligen Minister Brice Hortefeux, Claude Guéant und Michèle Alliot-Marie. Auch eine kleine Armee von politischen Wasserträgern und Parteisoldaten des Präsidenten beschäftigt seit Sarkozys Abgang die Justiz.

Sie halfen ihrem damaligen Chef unter anderem, die tatsächlichen Kosten der Kampagne für die Präsidentschaftswahl 2012 zu verschleiern – statt der gesetzlich auf maximal 22,5 Millionen Euro festgesetzten Summe gab der damalige Kandidat und Parteichef Sarkozy rund 42 Millionen aus und will davon bis heute nichts gewusst haben. Im sogenannten Bygmalion-Prozess, benannt nach der Agentur, die ihm die Kampagne organisierte und half, Rechnungen zu fälschen, steht im kommenden Januar ein abschließendes Urteil ins Haus. In dieser Strafsache fordert die Staatsanwaltschaft ebenfalls drei Jahre Freiheitsentzug, auch hier gibt es bereits zwei Entscheidungen der Vorinstanzen.

Der am Mittwoch endgültig abgeschlossene Prozess bot eine umfangreiche, bisweilen ins Lächerliche abgleitende Dokumentation politischer Hybris. Um Informationen über den Stand der Ermittlungen in einer anderen Strafsache zu erhalten, hatten sich Sarkozy und sein Anwalt Thierry Herzog einen Richter des obersten Pariser Gerichtshofs namens Gilbert Azibert an Land gezogen und ihm als Gegenleistung einen hochdotierten Posten am Hof des Operettenkleinstaats Monaco versprochen. Herzog und sein Klient kommunizierten auf einer von der Justiz abgehörten Privatleitung, die – kurioserweise, um Lauschangriffen auf der Dienstleitung zu entgehen – unter dem Namen Paul Bismuth angemeldet war, dem Namen eines unbeteiligten ehemaligen Klassenkameraden Herzogs. Die Richter erkannten in dieser Aktion »einen Pakt der Korruption«. »Besonders schwer« wiege die Beteiligung eines höchsten Repräsentanten der Republik, der normalerweise »Modell« für jeden gesetzestreuen Bürger zu sein habe.

Während ein Richter des Strafvollzugs den ehemaligen Staatschef in den kommenden Tagen auf seinen Alltag unter Aufsicht vorbereiten wird – das Tragen einer elektronischen Fußfessel etwa sowie das Verbot mit horrenden Honoraren bezahlter Vortragsreisen – wartet der Delinquent nicht nur auf die abschließende Bygmalion-Verhandlung, sondern auch auf die Fortsetzung des Libyen-Tribunals. Die Staatsanwaltschaft hat dort zu beweisen, dass Sarkozy sich seine Kampagne für die Präsidentschaftswahl 2007 vom damaligen libyschen Staatsoberhaupt Muammar Al-Ghaddafi bezahlen ließ.

Sarkozy, der nach wie vor seine Unschuld beteuert, will Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einreichen. Am 28. Januar feiert er seinen 70. Geburtstag und darf dann auch um Haftverschonung aus Altersgründen bitten.

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