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Aus: Ausgabe vom 23.12.2024, Seite 8 / Ansichten

Sicherheitsrisiko

Baerbock will Kurden entwaffnen
Von Nick Brauns
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Kämpferinnen der kurdischen Frauenverteidigungseinheiten YPJ im Ausbildungslager (Ras Al-Ain, 30.6.2014)

Noch am Dienstag hatte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock Kobani im Kurznachrichtendienst X als »das Symbol für den mutigen Kampf der Kurd*innen gegen den IS« gefeiert. Die nordsyrische Stadt, in der die Volks- und Frauenverteidigungseinheiten YPG und YPJ dem »Islamischen Staates« (IS) vor zehn Jahren dessen erste Niederlage beibrachten, wird heute wieder belagert: von der türkischen Armee und ihren Söldnern, darunter offenen IS-Anhängern. Denn Präsident Erdoğan fordert die »Auslöschung« der kurdischen Kräfte in Syrien.

Dass ihr Kobani-Post nichts als billige Sympathieheische war, machte Baerbock am Freitag abend in Ankara deutlich. Nach einem Treffen mit ihrem Amtskollegen Hakan Fidan – der als Geheimdienstchef für Waffenlieferungen an den IS verantwortlich war – erklärt die Grünen-Politikerin, sie stimme mit der Türkei darin überein, dass die kurdischen Milizen in Syrien entwaffnet werden müssten. Eine Ministerin, die für sich eine »feministische Außenpolitik« beansprucht, fordert also auch von den Frauenverteidigungseinheiten die Waffen zu strecken – trotz existenzieller Bedrohung durch die von Ankara unterstützte Islamistenarmee.

Die kurdischen Verteidigungskräfte bewachen in Nordsyrien Internierungslager und Gefängnisse, in denen sich Zehntausende IS-Anhänger befinden, darunter 6.000 ausländische Dschihadisten aus 42 Nationen. Vor einer »tickenden Zeitbombe« warnte am Sonnabend die Tagesschau. Schon mehrfach gab es Versuche der türkischen Armee, durch Angriffe auf Gefängnisse IS-Anhängern zur Flucht zu verhelfen. Gerade hat das oberste Berufungsgericht der Türkei Haftstrafen gegen sechs IS-Mitglieder, die 2016 an einem Anschlag auf dem Istanbuler Atatürk-Flughafen mit 45 Toten beteiligt waren, aufgehoben und deren Freilassung angeordnet. Ein Zusammenhang zwischen dieser Entscheidung der mit Erdoğan-Getreuen besetzten Kammer und Verhandlungen mit den in Damaskus herrschenden Islamisten drängt sich auf.

Die geopolitisch begründete deutsch-türkische Waffenbrüderschaft ging stets zu Lasten von Minderheiten, so der Armenier im Ersten Weltkrieg und jetzt der Kurden. Wenn die Bundesregierung die Türkei militärisch aufrüstet und zugleich einer Entwaffnung der syrischen Kurden das Wort redet, riskiert sie nicht nur weitere Destabilisierung im Nahen Osten mit Fluchtbewegungen nach Europa. Sie setzt angesichts der drohenden Freilassung Zehntausender »Gotteskrieger« auch sehenden Auges die öffentliche Sicherheit hierzulande aufs Spiel.

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