Kongo klagt gegen Apple
Von Thomas WalterDer Apple-Konzern steht am Pranger. Die Demokratische Republik Kongo (DR Kongo) hat vor Gerichten in Frankreich und Belgien Klagen gegen den Technologiegiganten eingereicht. Eine vom Kongo beauftragte Gruppe von Juristen wirft dem Konzern darin vor, zur Herstellung seiner Geräte sogenannte »Blutmineralien« zu verwenden, also Rohstoffe, die aus Konfliktregionen stammen und deren Herkunft nachträglich »reingewaschen« wird. Konkret sollen vor allem Wolfram, Tantal und Zinn in dem von der Rebellenarmee M23 besetzten Osten Kongos abgebaut und nach Ruanda transportiert werden, wo sie als von ruandischer Herkunft umdeklariert und mit dem ITSCI–Siegel (Internationale Zinnlieferketteninitiative) zertifiziert werden, das sie als unbedenklich einstuft. Apple soll laut der am Dienstag eingereichten Klage von diesen Vorgängen wissen.
Die ITSCI-Initiative soll eigentlich Lieferketten ohne Kinderarbeit und Herkunft aus bewaffneten Konflikten garantieren, wird in der Praxis aber leicht umgangen. Die NGO Global Witness bezeichnet das Programm sogar als »Waschmaschine«. Sowohl in den USA als auch in der EU sind Unternehmen verpflichtet, die Herkunft solcher Mineralien zu prüfen. Dass die Klage vor den besagten Gerichten eingereicht wurde, ist auf eine strengere Gesetzgebung zurückzuführen. Noch im März war ein ähnliches Verfahren gegen Apple vor einem US-Gericht gescheitert. Im vergangenen Jahr hatte der Konzern eine Prüfung aller Zulieferer veranlasst und will sich im Anschluss von Firmen, die den Standards nicht gerecht wurden, getrennt haben. Allerdings ist auffällig, dass Ruanda, das selbst über wenig Bodenschätze verfügt, offiziell mehr Gold und seltene Erden exportiert, als im Land geschürft werden könnten.
Der M23, der als Selbstschutzorganisation kongolesischer Tutsis entstand und von der Regierung in Ruanda inoffiziell unterstützt wird, soll sich hauptsächlich über die Kontrolle der Minen im besetzten Osten Kongos finanzieren. Laut der kongolesischen Zeitung Actualité fließen der Organisation so monatlich rund 300.000 US-Dollar zu. Sie ist seit Monaten auf dem Vormarsch und kontrolliert vor allem Regionen, wo seltene Erden geschürft werden. Die Komplizenschaft Ruandas mit dem Schmuggel aus dem Ostkongo beklagte schon im April ein Gutachten des Washingtoner Anwaltsbüros Amsterdam & Partners, das jetzt auch federführend an der Klage in Belgien und Frankreich beteiligt ist.
Die durch diesen Schmuggel erwirtschafteten Gewinne wurden darin als dem Konflikt zugrunde liegende Ursache identifiziert, ohne auf die sozialen und ethnischen Spannungen in der Region einzugehen. Apple habe demnach »Jahr für Jahr Technik verkauft, die mit Mineralien aus einer Region gefertigt wurden, deren Bevölkerung unter schweren Menschenrechtsverletzungen leidet«. Zudem gebe es keine »konkreten, verifizierbaren Beweise« für die Behauptung des US-Konzerns, die Herkunft der Rohstoffe zu überprüfen. Man sei in der Lage, ein ausuferndes Geldwäschegeschäft und illegale Handelsbeziehungen mit Rohstoffen aus dem Ostkongo zu belegen. Apple hatte die Vorwürfe vergangene Woche zurückgewiesen. Zulieferer seien angewiesen worden, die Beschaffung von Zinn, Tantal, Wolfram und Gold aus Ruanda und der DR Kongo zu stoppen, hieß es darin.
Das Unternehmen setze sich »für eine verantwortungsvolle Beschaffung ein« und beziehe seine Rohstoffe über Zulieferer, an die »höchste Standards der Branche« angelegt würden, so Apple. Die Klagen vor den Gerichten in Paris und Brüssel könnten neue Grundlagen für den Umgang mit kritischen Lieferketten schaffen, auch wenn ein Nachweis über die wissentliche Verarbeitung sogenannter Blutmineralien schwer zu erbringen sein dürfte. Die Klage ziele deutlich auf den Ruf von Apple, da dessen Produkte »von internationalen Verbrechen verseucht« seien, wie einer der Klageanwälte gegenüber Deutsche Welle erklärt hatte. Für die DR Kongo dürfte ein schwächeres Geschäft des US-Konzerns mit Ruanda offensichtlich auch die Schwächung des militärischen Gegners M23 bedeuten.
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