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Aus: Ausgabe vom 24.12.2024, Seite 4 / Inland
Anschlag in Magdeburg

Rechte Reflexe

Nach Anschlag von Magdeburg beginnt parlamentarische Aufarbeitung. Innenministerin Faeser will mehr Überwachung, AfD mobilisiert für Aufmarsch
Von Kristian Stemmler
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Lässt keine Gelegenheit aus: Nancy Faeser (SPD) in Magdeburg (21.12.2024)

Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg mit bislang fünf Toten und bis zu 235 Verletzten konzentriert sich die Debatte auf mögliche Versäumnisse der Behörden. In Magdeburg hat sich am Montag der Ältestenrat des Landtags von Sachsen-Anhalt mit der Frage befasst, wie der Bernburger Psychiater Taleb Al-Abdulmohsen mit dem Fahrzeug auf den Weihnachtsmarkt gelangen konnte und ob Warnungen vor dem seit 2006 in der BRD lebenden Mann aus Saudi-Arabien nicht ausreichend nachgegangen wurde.

Mit diesen Fragen soll sich am kommenden Montag in Berlin auch der Innenausschuss des Bundestags befassen. Die Unionsfraktion hat die Sitzung beantragt und will dort Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) befragen. Der SPD-Innenpolitiker Lars Castellucci kündigte im ZDF-»Morgenmagazin« an, ebenfalls eine Sondersitzung des Ausschusses zu beantragen, in der die Chefs der »Sicherheitsbehörden« und Faeser dabei sein sollen. Castellucci erklärte, er verstehe nicht, warum es bei einer schriftlichen Gefährderansprache gegenüber dem Täter geblieben sei und der Todesfahrer eine Rettungsgasse habe nutzen können.

Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) erklärte allerdings vor dem Ältestenrat, es habe auch sogenannte Gefährderansprachen auf einem Polizeirevier und auf der Arbeitsstätte gegeben. Die Hintergründe dazu blieben auf Nachfrage von Abgeordneten offen. Zieschang sagte, der Zusammenhang solle im vertraulichen Teil der Sitzung dargestellt werden. Landespolizeidirektor Mario Schwan räumte ein, dass Al-Abdulmohsen lange vor dem Anschlag auffällig geworden war. Zwischen April 2013 und Oktober 2024 habe es sieben Anzeigen und Ermittlungsverfahren gegen ihn gegeben. Fünfmal habe er selbst Anzeigen erstattet. Ermittelt worden sei unter anderem wegen eines Posts beim Onlinedienst X. Zweimal sei Al-Abdulmohsen von der Polizei nicht angetroffen, das Verfahren gegen ihn dann eingestellt worden.

Laut Medienberichten war der 2006 aus Saudi-Arabien eingereiste Täter spätestens Anfang 2015 Bundesbehörden als potenziell Verdächtiger bekannt. Wie das Innenministerium in Schwerin mitteilte, informierten Vertreter Mecklenburg-Vorpommerns im »Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum« von Bund und Ländern das Bundeskriminalamt im Februar 2015 über mögliche Anschlagsabsichten des Mannes. Anlass seien dessen Drohungen gegenüber der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern im April 2013 und ein Jahr später auch gegen eine Kommunalbehörde in Stralsund gewesen. Er habe damit gedroht, Handlungen vorzunehmen, die internationale Beachtung fänden. Die Nachrichtenagentur AFP meldete untere Berufung auf saudische Regierungskreise, dortige Behörden hätten »viele Male« vor Al-Abdulmohsen gewarnt, ihn als »gefährlich« bezeichnet und seine Auslieferung gefordert.

Bemerkenswert war Innenministerin Faesers Reaktion auf die Tat. Gegenüber dem Spiegel nutzte sie die Gelegenheit für die Forderung, noch ausstehende Gesetzentwürfe zur »inneren Sicherheit« umgehend zu beschließen. Diese habe zuletzt die FDP blockiert. Die SPD-Ministerin nannte etwa das neue Bundespolizeigesetz oder die Einführung des Abgleichs von Überwachungsbildern mit biometrischen Datenbanken. Dies hatte die Union im Bundesrat aufgehalten, da der vorgelegte Gesetzentwurf der Ampelkoalition CDU und CSU nicht weit genug ging. FDP-Generalsekretär und Exjustizminister Marco Buschmann warnte vor einem »Überbietungswettbewerb um symbolische Maßnahmen«.

Obwohl der Täter immer wieder gegen den Islam agitiert sowie auch Sympathien für die israelische Regierung und die AfD geäußert hatte, rief die Partei für Montag abend zu einer Kundgebung auf dem Magdeburger Domplatz mit anschließendem Trauermarsch auf. Dazu war AfD-Chefin Alice Weidel erwartet worden. In der Einladung hieß es, der Anschlag zeige auf dramatische Weise die Gefahren der derzeitigen Einwanderungspolitik.

Parallel zur rechten Kundgebung rief die Initiative »Gib Hass keine Chance« zu einer Menschenkette um den Alten Markt auf.

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