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Aus: Ausgabe vom 24.12.2024, Seite 7 / Ausland
Rumänien

Schmierenkomödie in Bukarest

Rumänien: Tik-Tok-Kampagne von Kandidat Georgescu womöglich von bisheriger Präsidentenpartei finanziert
Von Fabio Nacci
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NATO-Bekenntnis immer präsent: Präsident Johannis (r.) bei der Nominierung von Ciolacu am Montag in Bukarest

Wären wir nicht in Zeiten der Kriegspropaganda gegen Russland, hätte eine Enthüllung des unabhängigen rumänischen Journalistenmagazins Snoop bereits die Runde gemacht: Ihrem am Freitag veröffentlichten Bericht zufolge ist die Tik-Tok-Kampagne des Präsidentschaftskandidaten Călin Georgescu von der liberalkonservativen Präsidenten- und Regierungspartei Partidul Național Liberal (PNL) bezahlt worden. Das steht entgegen der offiziellen Behauptung des rumänischen Geheimdienstes SRI, derzufolge die Tik-Tok-Kampagne von Russland gesteuert worden sei.

Eine Behauptung, auf deren Grundlage die Stichwahl um das Präsidentenamt, geplant für den 8. Dezember, kurz vor ihrem Stattfinden überraschend vom Verfassungsgericht abgesagt und der erste Wahlgang annulliert worden war. Am vergangenen Mittwoch leitete auch die EU-Kommission ein formelles Verfahren gegen Tik Tok ein. Das chinesische Unternehmen schreite zu wenig gegen Versuche der Wahlbeeinflussung Dritter ein, so der Vorwurf.

In der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen am 24. November war Georgescu überraschend mit rund 23 Prozent der Stimmen auf Platz eins gelandet. Platz zwei und drei belegten die liberale Elena-Valerica Lasconi und der Sozialdemokrat Marcel Ciolacu. Bei den Parlamentswahlen eine Woche später gewannen die Sozialdemokraten. Am Montag gab Präsident Klaus Johannis ihnen den Auftrag zur Regierungsbildung.

Der Entscheid zur Annullierung der Stichwahl hatte in Rumänien heftige Kritik ausgelöst. Nach Ansicht von Lasconi, EU- und NATO-Befürworterin, habe der rumänische Staat damit »die Demokratie mit Füßen getreten«. Aus den infolgedessen von der Ständigen Wahlbehörde Rumäniens bei der Nationalen Steuerverwaltung beantragten vertraulichen Untersuchung des Sachverhalts zitiert nun Snoop.

Demnach war die Wahlkampagne von einer Marketingfirma namens Kensington Communication organisiert und von der transatlantischen Präsidentenpartei PNL mit mehr als einer Million Leu (etwa 210.000 US-Dollar) bezahlt worden. Kensington nutzte dann eine Plattform namens Fameup, um rund 130 Influencer mit spezifischen Skripten und Richtlinien zur Unterstützung von Georgescu zu koordinieren. Nach einem ersten Dementi gab Kensington nun zu, für die Wahlkampagne verantwortlich zu sein. Man sei jedoch selbst Opfer eines Hackerangriffs geworden, der die Kampagne zugunsten von Georgescu verändert habe.

Zusammengefasst bedeutet die Enthüllung: Die Präsidentenpartei hat den Geheimdienst eingesetzt, um eine für sie schlecht laufende Wahl mit Hilfe von inszenierten und von ihr bezahlten Beweisen einer »ausländischen Einmischung« abzublasen. Gleichzeitig hat sie damit den NATO-kritischen Kandidaten Georgescu ausgebremst. Johannis selbst ist begeisterter Unterstützer des Kriegsbündnisses und hatte vor dem Rückzug seiner Kandidatur im Juni versucht, Generalsekretär zu werden. In seiner zehnjährigen Amtszeit initierte er den Ausbau des Luftwaffenstützpunktes Mihail Kogalniceanu bei Constanta zur größten NATO-Basis Europas.

Nach Veröffentlichung des Snoop-Berichts kritisierte Yanis Varoufakis die Vorkommnisse in Rumänien am Sonntag scharf: »Es war schon schlimm genug, dass sie (die PNL, jW) eine Wahl annulliert hat, weil ihr das Ergebnis nicht gefiel. Jetzt stellt sich heraus, dass es in Realität noch viel schlimmer ist.«

Die Affäre in Rumänien bettet sich in die umfassenden Bemühungen der EU ein, sich an der US-Kampagne gegen nicht-konforme soziale Medien wie Tik Tok und Telegram zu beteiligen. Diese scheint weitere Früchte zu tragen: Nur zwei Tage nach der EU-Ankündigung gab auch der Präsident des moldauischen Parlaments, Igor Grosu, bekannt, dass sein Land – ein EU-Beitrittsaspirant – eine Abstimmung über ein Verbot von Tik Tok und Telegram in Betracht ziehe, um Wahlen vor »russischer Beeinflussung« zu schützen.

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