Gasstopp zu Silvester
Von Reinhard LauterbachDie Ukraine hat ihre Drohung wahrgemacht, den laufenden Vertrag über den Transit von russischem Gas nach Ungarn und in die Slowakei zu beenden. Er läuft zum Jahresende aus. Damit droht beiden Ländern vom Januar an eine Versorgungskrise mit dem für sie wichtigsten Energieträger. Beide Länder hatten im Sommer, als die Ukraine diese Absicht bekanntgab, die EU aufgefordert, in Kiew zu intervenieren. Dies geschah aber offenkundig nicht; die Regierungen in Bratislava und Budapest haben in Brüssel ein schlechtes Standing.
Ungarn will versuchen, über einen Buchungstrick den ukrainischen Transitstopp zu umgehen: Demnach sollte das Eigentum an dem Rohstoff nicht erst an der ukrainisch-ungarischen Grenze, sondern bereits an der russisch-ukrainischen auf Ungarn übergehen. Die Ukraine würde dann also juristisch den Transit ungarischen Gases verhindern. Der slowakische Regierungschef Robert Fico dagegen reiste am Wochenende zu einem Kurzbesuch nach Moskau und traf sich mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin. Ob er in der Sache etwas für sein Land erreichte, blieb offen. Putin hatte auf seiner Bürgersprechstunde am vergangenen Donnerstag zu der Transitproblematik gesagt, Russland und Gasprom würden das Ende des Transits durch die Ukraine überleben.
Nach Angaben des slowakischen Regierungschefs wäre es für sein Land mit Mehrkosten in Höhe von 220 Millionen Euro verbunden, wenn die Slowakei Gas an anderer Stelle kaufen würde. Noch Mitte Dezember hatte Fico der Bevölkerung zugesichert, dass die Regierung die Preise für Fernwärme und Strom 2025 stabil halten wolle. Dafür sei im Haushalt ein Betrag von 235 Millionen Euro eingeplant. Ob sich dieses Versprechen jetzt noch halten lässt, ist unklar.
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij wischte Ficos Argumente mit der Bemerkung beiseite, die Slowakei klage über wirtschaftliche Probleme, in der Ukraine dagegen stürben täglich Menschen. Kiew wolle nicht Russland zu zusätzlichen Einnahmen verhelfen, solange der Krieg dauere.
Auf der politischen Bühne der Slowakei löste Ficos Moskau-Reise einen Schwall lautstarker Empörung aus. Fico habe »die Slowakei verraten«, sagte Michal Šimečka, Chef der größten Oppositionspartei »Progressive Slowakei«. Er hätte besser daran getan, über den Gastransit mit der Ukraine zu verhandeln als mit Russland. Ein anderer liberaler Parteiführer nannte Fico eine »Schande für die Slowakei«, der sich verhalte »wie ein Kollaborateur«. Quellen für alternative Gasbezüge nannten beide Politiker nicht. Auch tschechische Politiker kritisierten Ficos Moskau-Reise und verwiesen darauf, dass es Tschechien aus einer ähnlichen Abhängigkeit heraus gelungen sei, alternative Lieferanten für Öl und Gas zu finden.
Fico ignorierte die Kritik und setzte noch eines drauf: Er freue sich über die Einladung Putins, an den Feierlichkeiten zum 80. Jahrestag des Sieges über den deutschen Faschismus im kommenden Mai teilzunehmen, kündigte er an. Seine Regierung sei »dem Erbe des Kampfes gegen den Faschismus, der historischen Wahrheit über den Zweiten Weltkrieg und der Rolle der Roten Armee in diesem Krieg verpflichtet«, so Fico.
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