»Antifa Ost«-Komplex: Haftbefehl gegen Tobias E. nicht nachvollziehbar
Die Verteidigerin des im »Antifa Ost«-Komplex beschuldigten Tobias E., der am vergangenen Freitag von Ungarn an die Bundesrepublik ausgeliefert worden war, erklärte am Dienstag:
Mein Mandant hat aufgrund einer Verurteilung durch die ungarische Strafjustiz bis zum 10. Dezember 2024 eine Strafhaft in ungarischen Vollzugsanstalten von einem Jahr und zehn Monaten verbüßt, wobei er über ein Jahr davon in Untersuchungshaft verbrachte. Ihm war in Ungarn vorgeworfen worden, dass er als Mitglied einer im Jahr 2018 in Deutschland gegründeten kriminellen Vereinigung in Budapest gewesen sei, als dort im Februar 2023 von Personen, die ebenfalls dieser Vereinigung zuzuordnen sein sollten, Angriffe auf Teilnehmende des »Tags der Ehre« verübt worden seien. Meinem Mandanten wurde keine Beteiligung an diesen Angriffen in Budapest vorgeworfen, die Verurteilung bezog sich nur auf den Vorwurf der Mitgliedschaft.
Bevor er nach vollständiger Verbüßung seiner Strafhaft in Ungarn am 10. Dezember 2024 entlassen worden wäre, wurde ihm am 4. Dezember 2024 ein europäischer Haftbefehl eröffnet, den Deutschland erlassen hatte. Mein Mandant wurde daher nicht entlassen, sondern in Auslieferungshaft genommen und am 20. Dezember 2024 nach Deutschland überstellt, wo der Bundesgerichtshof am 21. Dezember 2024 den nationalen Haftbefehl in Vollzug setzte.
Der Haftbefehl bezieht sich auf denselben Vorwurf der Mitgliedschaft einer im Jahr 2018 in Deutschland gegründeten kriminellen Vereinigung, für den er in Ungarn bereits verurteilt wurde und aufgrund dessen gegen ihn bereits seit 2019 ein anderes Strafverfahren in Deutschland anhängig ist (…). Ein weiterer Vorwurf aus dem Haftbefehl, die Beteiligung an einer Körperverletzungstat im Januar 2019, beruht auf vagen Indizien.
Dass nun im Jahr 2024 aufgrund dieser Vorwürfe wegen angeblicher Fluchtgefahr ein Haftbefehl gegen meinen Mandanten erlassen wurde, (…) ist nicht nachvollziehbar. Mein Mandant hatte sich dem gegen ihn im »Antifa Ost«-Komplex bereits seit 2019 in Deutschland geführten Verfahren nie entzogen und will sich dem auch weiterhin stellen. (…)
Das Netzwerk Êzidischer PolitikerInnen (NEP) erklärte am Dienstag zu den aktuellen Geschehnissen in Syrien und zur Lage der dortigen Minderheiten:
(…) Die Türkei setzt derzeit gemeinsam mit von ihr ausgerüsteten dschihadistischen Milizen der protürkischen »Syrischen Nationalen Armee« den Feldzug des IS fort. Die prekäre Lage führt schon jetzt zu Hunderttausenden Flüchtlingen unter den Minderheiten, was die Bedrohung direkt gegen Rojava gerichtet noch viel mehr aufheizt.
Die Bombardierung von Überlebenden des Genozids an den Êziden – insbesondere durch einen NATO-Staat – darf nicht hingenommen werden! Wir wollen kein weiteres Trauma erleben. (…) Kurdische Einheiten, die erfolgreich gegen den IS gekämpft haben und mit dem Westen verbündet sind, dürfen jetzt nicht im Stich gelassen werden! Es muss durch eine sofortige Beendigung von Waffenlieferungen diplomatischer Druck auf die Türkei ausgeübt werden!
Die Lieferung von Waffen und Drohnenkomponenten an den NATO-Partner Türkei muss gestoppt werden, da sie für völkerrechtswidrige Angriffe verwendet und islamistische Milizen damit ausgerüstet werden. Die Türkei darf nicht weiter befähigt werden, ihre Nachbarländer anzugreifen, zu besetzen und die zivile Infrastruktur in Nordostsyrien zu zerstören! (…)
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!
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