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Aus: Ausgabe vom 27.12.2024, Seite 14 / Medien
Medienpolitik

Medialer Kleinkrieg

Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel und die Berliner Zeitung liegen seit Monaten im Clinch
Von Kristian Stemmler
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Der Verleger der Berliner Zeitung, Holger Friedrich, steht unter Beschuss des publizistischen Flaggschiffs aus Hamburg

Kurz vor dem Fest erschien im Spiegel eine wenig weihnachtliche Polemik gegen die Berliner Zeitung und ihren Verleger Holger Friedrich. Der Beitrag dürfte der wohl nur vorläufige Schlusspunkt eines Kleinkriegs sein, den sich das Nachrichtenmagazin aus Hamburg und der Verleger aus der Hauptstadt liefern und der bereits ein Gericht beschäftigt hat. Ausgelöst wurde der Streit im September durch einen Artikel im Spiegel, in dem Autor Stefan Kuzmany unter der Überschrift »Die Alternativmedienmacher« die Berliner Zeitung wegen ihrer inhaltlichen Ausrichtung auseinandernahm und das noch mit Interna aus Redaktion und Verlag unterfütterte.

Schon im Untertitel wird deutlich, was die Hamburger an dem Blatt aus der Hauptstadt vor allem stört: Vom »eigentümlichen Kurs des Blattes unter seinem Verleger Holger Friedrich« und dem »dort herrschenden Verständnis für Autokraten, Russland-Erklärer und Impfgegner« ist da die Rede. Die Friedrichs hätten die Berliner Zeitung seit der Übernahme 2019 »radikal umgebaut« und Gegner »seither reichlich angehäuft«, schreibt Kuzmany. Er habe mit einem knappen Dutzend aktueller und früherer Mitarbeiter gesprochen. Ihnen allen sei »das Entsetzen über die inhaltliche Neuausrichtung« des Blattes durch das Verlegerpaar und Herausgeber Michael Maier gemein.

Kuzmany zitiert eine »mit den Vorgängen in der Redaktion vertraute Person« mit den Worten, aus der Berliner Zeitung sei ein »ostdeutschtümelndes Wutbürgerorgan jenseits von Gut und Böse« geworden. Kaum ein Tag vergehe, so fügt der Autor hinzu, ohne dass der morgens verschickte Newsletter der Redaktion nicht »vom Niedergang des Westens, von gewittertem Coronabetrug, eklatantem Politikversagen oder empörender Bevormundung durch den Westen« berichte, und dies »gesprenkelt mit Restaurantkritiken und Schnurren aus der DDR«.

So werde Egon Krenz mit »liebevoller Aufmerksamkeit« bedacht. Sieben Gastbeiträge von ihm seien seit Friedrichs Übernahme in der Berliner Zeitung erschienen. Auch mit der AfD scheine die Zeitung »wenig Berührungsängste« zu haben. Nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen habe ein Kommentar aufgelistet, »was für eine Regierungsbeteiligung der AfD im Osten spricht«. Schließlich seien viele Beiträge der Berliner Zeitung über die staatliche Coronapolitik von »eifrigem Skandalisierungswillen« getrieben.

Zum Thema Russland würden Texte ins Auge springen, »die im Kreml wohl wenig Widerspruch erzeugen würden«, heißt es weiter. In seiner Zeitung berichte Friedrich von seinen Reisen, etwa zu Kongressen in den »autokratisch regierten Staaten China und Aserbaidschan«. Es seien »unkritische Texte, die Sympathie und Bewunderung erkennen lassen«. Auch an Friedrichs Führungsstil lässt Kuzmany kein gutes Haar. Vielfach werde er als misstrauisch beschrieben, »als jemand, der absolute Gefolgschaft einfordere«.

Chefredaktion und Herausgeber der Berliner Zeitung antworteten auf die Attacke mit einem offenen Brief im eigenen Blatt, in dem sie dem Nachrichtenmagazin vorwarfen, Journalisten und Autoren diskreditiert und den Verleger persönlich diffamiert zu haben. Es wirke, »als gäbe es beim Spiegel eine regelrechte Lust daran, Akteure des Berliner Verlags mit taktischen Fouls aus dem Spiel zu nehmen«.

Im November triumphierte das Berliner Blatt, man habe mit einer Unterlassungsklage vor dem Landgericht München Erfolg gehabt. Tatsächlich hatte sich der Spiegel in einem Vergleich lediglich verpflichtet, den Text um zwei Wörter zu ergänzen, um klarzustellen, mit wie vielen Personen der Autor gesprochen hatte. Damit dürfte der Streit aber wohl nicht beendet sein: Friedrich will gegen weitere Darstellungen des Magazins juristisch vorgehen, zudem sei eine Beschwerde vor dem Presserat eingebracht worden.

Auch wenn manche Kritik am Kurs der Berliner Zeitung wohl berechtigt ist, etwa der Eindruck mangelnder Distanz zur AfD oder die Übernahme des rechten Narrativs von der »illegalen Migration« – in dieser Sache gilt das Sprichwort: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Denn in puncto inhaltliche Neuausrichtung lässt sich der Spiegel ebenso gut kritisieren, zum Beispiel hinsichtlich der Begeisterung des Magazins für Bundeswehr und NATO, der Dämonisierung Russlands oder des Trommelns für Abschiebungen.

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