Neuwahl kann kommen
Von Kristian StemmlerDer Weg für Neuwahlen in acht Wochen ist frei. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am Freitag erwartungsgemäß den Bundestag aufgelöst und als Termin für die Bundestagswahl den 23. Februar verkündet. Ein entsprechendes Schreiben sei Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) überreicht worden. Gerade in »schwierigen Zeiten wie jetzt« brauche es eine »handlungsfähige Regierung und verlässliche Mehrheiten«, begründete Steinmeier seine Entscheidung, mit der er einer Bitte von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) entsprach. Dieser hatte nach dem Bruch der Ampelkoalition die sogenannte Vertrauensfrage gestellt und wie beabsichtigt bei der Abstimmung am 16. Dezember keine Mehrheit erhalten.
Steinmeier erklärte, er habe vor Weihnachten Gespräche mit den Vorsitzenden der Fraktionen und Gruppen im Bundestag geführt. Bei diesen habe er »keine Mehrheiten erkennen können«. Vorgezogene Neuwahlen seien daher »der richtige Weg«. Der Bundespräsident richtete einen Appell an die Parteien, im Wahlkampf fair miteinander umzugehen. Eine Demokratie brauche auch den »Wettstreit der Ideen«, so Steinmeier, dieser müsse aber »mit Respekt und mit Anstand« geführt werden. »Hass und Gewalt« dürften im Wahlkampf keinen Platz haben, er müsse mit »fairen, mit transparenten Mitteln« geführt werden. »Nach den zuletzt langen parteipolitischen Auseinandersetzungen über das Ob und Wie von Neuwahlen, nach dem jetzt beginnenden Wahlkampf muss gelten: Es ist jetzt an der Zeit, dass das Problemlösen wieder zum Kerngeschäft von Politik wird«, so der Bundespräsident. Dabei verwies er auf die wirtschaftlich schlechte Lage, die Kriege im Nahen Osten und in der Ukraine, Klimawandel und Migration.
Auch Bärbel Bas mahnte »Fairness« im Wahlkampf an. Verunglimpfungen und persönliche Beleidigungen seien inakzeptabel, erklärte sie. Sie betonte zudem, auch nach seiner Auflösung bleibe der Bundestag voll handlungsfähig, bis das neugewählte Parlament zur konstituierenden Sitzung zusammentrete. Der FDP-Vizevorsitzende Wolfgang Kubicki sprach sich unterdessen gegen eine erneute Zusammenarbeit mit den Grünen aus. Die Distanz zur FDP sei so groß geworden, dass er das für den Rest seiner politischen Laufbahn ausschließe, sagte Kubicki der Welt. Ein Jamaika-Bündnis aus CDU, Grünen und FDP sei nach der Bundestagswahl keine Option. Statt dessen halte er eine Zusammenarbeit mit Union und SPD für denkbar.
Wegen der kurzfristig anberaumten Bundestagswahl erließ das Bundesinnenministerium am Freitag eine Verordnung zur Verkürzung wichtiger Fristen. Die dpa berichtete, dass der 7. Januar der letzte Tag ist, an dem sich Kleinparteien bei der Bundeswahlleiterin für die Wahl anmelden können. Bis zum 20. Januar müssen Kreiswahlvorschläge und Landeslisten eingereicht werden. Am 24. Januar entscheiden die Kreis- und Landeswahlausschüsse über die Zulassung. Bis zum 30. Januar sollen auch Beschwerden gegen diese Entscheidungen entschieden werden.
Die vorzeitige Auflösung des Bundestages stellt einen Ausnahmefall in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland dar. Die Vertrauensfrage von Scholz war erst die sechste seit 1949. In drei Fällen endete anschließend die Wahlperiode vorzeitig, nämlich bei den Kanzlern Willy Brandt (SPD) 1972, Helmut Kohl (CDU) 1982 und Gerhard Schröder (SPD) 2005. Nach aktuellem Stand ist nicht davon auszugehen, dass Abgeordnete die Auflösung des Bundestags vor das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bringen werden. Nach der Parlamentsauflösung 1982 und 2005 wurde dies von einzelnen Politikern genutzt, die sich in ihren Abgeordnetenrechten verletzt sahen. Entsprechend der nun greifenden Wahlrechtsreform der Ampelkoalition wird die Zahl der Mandate auf 630 begrenzt, womit der neue Bundestag kleiner ausfallen wird als der vorherige. 2021 waren 735 Abgeordnete gewählt worden.
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