Desi Bouterse gestorben
Von Gerrit HoekmanVon Anhängern verehrt, von einem Gericht des Mordes befunden: Desiré Bouterse, der ehemalige Präsident von Suriname, ist am Dienstag im Alter von 79 Jahren gestorben. Der Oberste Gerichtshof des südamerikanischen Landes hatte Bouterse im Dezember 2023 in einem Berufungsverfahren wegen seiner Beteiligung an den sogenannten Dezembermorden 1982 an 15 Oppositionellen endgültig zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt. Bouterse verbrachte allerdings keinen einzigen Tag hinter Gittern, weil er kurz nach dem Urteil untertauchte. Nun soll er in seinem geheimen Unterschlupf einem Nierenversagen erlegen sein.
Gemeinsam mit anderen Unteroffizieren hatte sich Bouterse im sogenannten Sergeantencoup im Februar 1980 an die Macht geputscht. Bouterse war zwischen 1968 und 1975 in den Niederlanden, die damals die Kolonialmacht in Suriname waren, zum Oberfeldwebel ausgebildet worden. Die 15 Oppositionellen hätten mit ausländischer Hilfe einen Staatsstreich geplant und seien auf der Flucht erschossen worden, rechtfertigte sich Bouterse: »Es hieß, sie oder wir.« Die forensische Untersuchung fand jedoch offenbar deutliche Spuren von Folter und einer Exekution. In den Niederlanden war Bouterse wegen internationalen Drogenhandels 1999 in Abwesenheit zu elf Jahren Gefängnis verurteilt worden. Seiner Beliebtheit in Suriname tat das keinen Abbruch. 2010 wurde er in einer demokratischen Wahl zum Präsidenten gewählt. 2015 wiederholte er den Erfolg, bevor er 2020 nicht nur die Wahl verlor, sondern damit auch seine juristische Immunität.
Für seine Gegner war er ein rücksichtsloser Diktator, für die immer noch zahlreichen Anhänger ist Bouterse über den Tod hinaus ein unsterblicher Held. »Für die ›Boutisten‹ war er sogar eine Art Heiliger, der ungekrönte König von Suriname. Diese Popularität verdankte er seinem Image als Arbeiterjunge, der gute Absichten für die weniger Glücklichen in der Gesellschaft hatte«, schrieb die surinamische Tageszeitung De Ware Tijd am Donnerstag in einem Nachruf. Noch bevor sein Ableben offiziell bestätigt war, versammelten sich am Mittwoch morgen Dutzende Menschen vor seinem Anwesen in Leonsberg, einem Vorort der Hauptstadt Paramaribo. Tränen flossen. »Wir bekommen nie wieder einen zweiten Bouterse«, zitierte De Ware Tijd eine Frau. Prominente Politiker der von Bouterse gegründeten Nationalen Demokratischen Partei (NDP) kamen zum Haus, um zu kondolieren.
Wie der Leichnam so rasch nach Paramaribo gebracht werden konnte, bleibt ein Rätsel, denn angeblich wusste niemand, wo sich Bouterse seit Januar versteckt hielt. Die Polizei beschlagnahmte nun die sterblichen Überreste, um die Todesursache und vor allem den Ort des Ablebens herauszufinden. Mehrere Personen aus Bouterses Umfeld würden verhört, darunter die Witwe Ingrid Bouterse-Waldring. Der surinamischen Nachrichtenseite Starnieuws zufolge erzählte sie, Fremde hätten ihren toten Mann zu ihr gebracht. Sie will nicht gewusst haben, wo sich sein Versteck befand.
Schon seit längerer Zeit mutmaßten viele in Suriname, dass die Justizbehörden wenig Interesse daran hatten, den Expräsidenten ausfindig zu machen, weil sie den Zorn seiner immer noch zahlreichen Anhänger fürchteten. Medien im Nachbarland Französisch-Guayana wollten unlängst aus verlässlichen Quellen erfahren haben, dass sich Bouterse im schwer zugänglichen Regenwald von Suriname an einem Ort aufhalte, der nur per Boot oder Hubschrauber erreichbar sei. Er sei ein Spitzensoldat gewesen und die Organisation um ihn herum sehr gut, erklärte Ramon Abrahams, der stellvertretende Vorsitzender der NDP. Und Parteifreund Laurens Neede zeigte gegenüber der niederländischen Tageszeitung Trouw volles Verständnis dafür, dass Bouterse untergetaucht war: »Als stolzer Führer und Revolutionär, der uns die Dekolonisation gebracht hat, lässt du dich nicht einsperren.«
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