Werbung für die AfD
Von Karim NatourDass der Springer-Verlag die FDP gut findet, ist – spätestens seit 2023 einschlägige interne Mails geleakt wurden – allseits bekannt. Da die Lindner-Partei im Februar aber wahrscheinlich aus dem Bundestag fliegt, macht eine Zeitung aus dem Hause Springer jetzt Werbung für die andere marktradikale Partei in Deutschland: die AfD.
In einem am Sonnabend veröffentlichten Gastbeitrag für die Welt am Sonntag äußerte Elon Musk, Techmilliardär und Berater des künftigen US-Präsidenten Donald Trump, dass die AfD »der letzte Funke Hoffnung« für Deutschland sei. Damit untermauerte er eine Aussage, die er kürzlich auf der von ihm gekauften Onlineplattform X gemacht hatte. Im Nachgang des Anschlags von Magdeburg hatte er geschrieben, »nur die AfD kann Deutschland retten« und wenig später Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zum Rücktritt aufgefordert. Der Chef des Elektroautoherstellers Tesla sowie des Raumfahrtunternehmens Space X würdigte in seinem Beitrag unter anderem die Ansätze der AfD hinsichtlich des »Abbaus staatlicher Überregulierung, der Senkung von Steuern und der Deregulierung des Marktes« sowie in bezug auf das Thema Zuwanderung.
Der Gastbeitrag führte innerhalb der Redaktion der Welt zu Kontroversen. Der designierte Chefredakteur Jan Philipp Burgard äußerte sich in einem Kommentar für die Welt am Sonntag kritisch. So schreibt er: »Musks Analyse ist zutreffend, jedoch ist sein Vorschlag, dass nur die AfD Deutschland retten könne, grundlegend falsch.« Eva Marie Kogel, die Leiterin des Meinungsressorts der Welt und Welt am Sonntag, gab ihren Rücktritt bekannt, nachdem der Beitrag veröffentlicht wurde. »Heute erschien in der Welt am Sonntag ein Artikel von Elon Musk. Ich habe gestern nach dem Andruck meine Kündigung eingereicht«, teilte sie am Sonnabend auf X mit. Medienberichten zufolge soll der Abdruck des Beitrags bereits vor Heiligabend zu einer Kontroverse innerhalb der Redaktion geführt haben.
Die Welt verteidigte indessen die Veröffentlichung. »Demokratie und Journalismus basieren auf der Meinungsfreiheit. Dazu gehört es, sich mit kontroversen Standpunkten auseinanderzusetzen und diese journalistisch zu analysieren«, erklärten Burgard und der zukünftige Herausgeber Ulf Poschardt gegenüber Reuters. Dies werde auch in Zukunft die Ausrichtung der Zeitung prägen.
Kritik kam auch von der SPD. SPD-Generalsekretär Matthias Miersch äußerte deutliche Kritik an Musk. »Es ist nicht hinnehmbar, dass ausländische Milliardäre versuchen, Einfluss auf unsere politische Landschaft zu nehmen und dabei Parteien fördern, die unsere demokratischen Grundwerte gefährden«, erklärte Miersch gegenüber dem Handelsblatt. »Deutschland benötigt keine externe Einmischung und erst recht keine Unterstützung für rechtsextreme Ansichten.« Auch der Deutsche Journalisten-Verband kritisierte den Text. Ihr Vorsitzender Mika Beuster rief Redaktionen dazu auf, sich im Wahlkampf nicht instrumentalisieren zu lassen. »Deutsche Medien dürfen sich nicht als Sprachrohr von Autokraten und deren Freunden missbrauchen lassen«, so Beuster. Der Wahlkampfleiter von Bündnis 90/Die Grünen, Andreas Audretsch, erklärte: »Technologiemilliardäre wie Elon Musk oder staatliche Unternehmen aus China sind in der Lage, durch ihre Plattformen und finanziellen Mittel unseren demokratischen Diskurs zu gefährden.« Friedrich Merz, Kanzlerkandidat der Union und CDU-Chef, nannte den Wahlaufruf »übergriffig und anmaßend«. Er könne sich »nicht erinnern, dass es in der Geschichte der westlichen Demokratien« einen »vergleichbaren Fall der Einmischung in den Wahlkampf eines befreundeten Landes« gegeben habe, sagte er Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
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